Bei einer Veranstaltung der „Seelsorge SinN Stiftung“ des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Nürnberg hat der ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, die Bedeutung der Aussiedlerseelsorge in Deutschland gewürdigt. Die aus der ehemaligen Sowjetunion, Polen und Rumänien ab den 80er Jahren nach Deutschland gekommenen Aussiedler hätten während der kommunistischen Diktaturen in ihren Herkunftsländern trotz Anfeindung und Diskriminierung an ihrem christlichen Glauben, aber auch an ihrer deutschen Identität festgehalten, auch wenn ihnen wie in Polen und der Sowjetunion der Gebrauch der deutschen Muttersprache und die Pflege ihrer kulturellen Eigenart sowie religiösen Traditionen sehr erschwert und lange Zeit verboten worden war.

Diese Erfahrungen und Wertüberzeugungen hätten die Aussiedler wie nach dem Krieg die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge als „unsichtbares Fluchtgepäck“ nach Deutschland mitgebracht. Diese Traditionen der Aussiedler stellten „eine religiöse und kulturelle Bereicherung für unser Land“ dar. Lange Zeit sei man sich in Deutschland dieses Umstandes nicht bewußt gewesen, leider auch in den christlichen Kirchen. Derzeit erlebe man in Deutschland eine Renaissance der Werte-Trias „Heimat-Identität-Glaube“ und erkenne zunehmend, welchen Beitrag Aussiedler und Vertriebene zur Erhaltung dieser wichtigen Bezugspunkte menschlichen Zusammenlebens geleistet haben und leisten. Auch die lebendigen Verbindungen der Aussiedler wie der Vertriebenen zu ihren Heimatländern, deren Sprache und Kultur müsse als besondere interkulturelle Kompetenz erkannt und anerkannt werden. Die natürliche Brückenfunktion der Aussiedler und Vertriebenen zu unseren östlichen Nachbarn könne in Zeiten politischer Spannungen und zunehmend nationalistischer Tendenzen nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Koschyk rief die Aussiedler auf, sich noch stärker in das kirchliche, kulturelle, aber auch politische Leben in Deutschland einzubringen. Gerade die christlichen Kirchen böten eine wichtige Plattform der religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Einwurzelung in Deutschland, ohne die mitgebrachten Erfahrungen und Traditionen abzuschneiden. „Gelingende Integration darf niemals Assimilation sein“, so Koschyk: „Die Prägung durch die Geburtsheimat kann und soll Teil einer offenen Identität bleiben, die das Mitgebrachte mit dem Neugewonnenen zu einer fruchtbaren Symbiose für die Zukunft verbindet!“

Koschyk begrüßte in diesem Zusammenhang die Einrichtung der Stelle eines Kulturreferenten für die Russlanddeutschen in Bayern und die geplante Errichtung einer „zentralen Anlaufstelle für Geschichte und Kultur der Deutschen aus Russland“ in Nürnberg. Die Besetzung dieser Stelle durch den bisherigen Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Eisenbraun, nannte Koschyk einen „wahrhaften Glücksgriff“. Es sei nur zu begrüßen, dass nach der Förderung des Museums für die Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen in Detmold und der Einrichtung eines Kulturreferenten für die Russlanddeutschen an diesem Museum durch die Bundesregierung jetzt auch der Freistaat Bayern einen wichtigen Beitrag für die Bewahrung und Weiterentwicklung der Geschichte und Kultur der in Bayern lebenden Russlanddeutschen leiste.

Auch der Projektleiterin der evangelischen „SinN Stiftung“ in Nürnberg, Dr. Sabine Arnold, dankte Koschyk für die gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen geleistete Arbeit, die Vorbildcharakter weit über Nürnberg und Bayern hinaus habe. Zu Recht habe die „SinN Stiftung“ für diesen beispielhaften Einsatz den Bürgerpreis des Bayerischen Landtages erhalten.

Auch würdigte Koschyk die kirchliche Aussiedlerseelsorge in Deutschland und dankte in Nürnberg dem amtierenden Vorsitzenden der Konferenz der Aussiedlerseelsorge in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland, Pfarrer Edgar Born.

Wie erfolgreich Aussiedler-Selbstinitiativen wirken können, verdeutlichte das „Forum der Russlanddeutschen in Essen e.V.“, dessen Vertreterin Marina Mirau bei der Veranstaltung der „SinN Stiftung“ in Nürnberg aus der praktischen Arbeit vor Ort berichtete.

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