Claus Dieter Storm ist im Rahmen des kasachstanisch-deutschen Lehrerentsendeabkommens als Fachberater für Deutsch in Kasachstan. Er betreut ausgewählte Schulen mit vertieftem Deutschunterricht und ist Prüfungsvorsitzender für das Deutsche Sprachdiplom

„Guten Morgen Genossen, hier ist Radio Moskau!“ Genau so las ich es kürzlich in einem Text. Er stand in einem Vorschlag für ein neues Schulbuch. Das Moskau der Sowjetzeit als szenischer Hintergrund für das Deutschlernen in der Republik Kasachstan! Auch das Deutschlandbild sollte sich in diesem projektiertem Schulbuch sowjetischer Prägung nicht sehr verändern. Es bestand aus der DDR, mit DDR-Währung und den Jungen Pionieren als tragender Bestandteil täglichen Lebens. Wohlgemerkt: nicht als historischer Rückblick, sondern als ernster Vorschlag für aktuelle Landeskundetexte. An die neue Zeit waren die Texte nur sehr wenig angepasst: manchmal tauchten zwischen all den russischen Namen auch kasachische Namen auf. Was für ein Fortschritt!

Was soll so etwas? Das ist kein verantwortungsvoller Umgang mit den Lernbedürfnissen der jungen Generation, sondern pure Gedankenlosigkeit, gemixt mit einer Riesenportion Trägheit. Nach meinem Wissen wurde der Vorschlag von der Prüfkommission zurückgewiesen. Ich bin erleichtert.

Viele Deutschlehrer erinnern sich noch, als vor einigen Jahren das neue Deutsch-Lehrwerk „Nemis Tili“ erschien. Deutschlehrer kritisierten damals zahlreiche sprachliche und sachliche Fehler (so tauchte zum Beispiel in einem Text über den afrikanischen (!) Dschungel ganz selbstverständlich ein … Tiger! auf). Bemängelt wurde vor allem auch das Fehlen motivierender, lernaktivierender Übungen. Darüber ist man heute bei den meisten neuen Schulbüchern zum Glück weitgehend hinaus. Vor allem der Blick in neue kasachstanische Englischbücher zeigt, dass die pädagogisch geschickte Gestaltung einhergeht mit vielen und abwechslungsreichen Angeboten zum Üben- und Anwenden. So soll es sein!

Bei den Deutschbüchern ist man anscheinend noch nicht so weit. Dabei gibt es hier im Land inzwischen eine Vielzahl von modernen Lehrwerken für den Fremdsprachenunterricht Deutsch für alle Altersstufen. Man findet sie in den Bibliotheken vieler methodischer Kabinette von Schulen und Hochschulen, in der pädagogischen Bibliothek des Goethe Institutes Almaty und in den Sprachlernzentren.

Diese Bücher dienen als Anregung zur Modernisierung des Fremdsprachenlernens. Da lassen sich viele Vorschläge finden, die problemlos für den Unterricht in Kasachstan adaptiert werden können. Und genau das sollten viele Deutschlehrerinnen ruhig machen: Suchen, prüfen, aussuchen, adaptieren, benutzen. Und Geeignetes meinetwegen ruhig auch übernehmen! Denn was ist denn schlecht daran, Gutes und Bewährtes abzuschreiben?!

Genau das muss nämlich geschehen: mit methodischem Verstand das Richtige auswählen und gestalten. Nicht aber Landeskundetexte für den Unterricht vorschlagen, die 30 oder 40 Jahre alt sind und methodisch gesehen sogar noch viel älter. Für diesen einen konkreten Fall bleibt mir hier nur noch zu sagen: „Gute Nacht, Genossin!“

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