Das Gymnasium Nr. 12 im ostkasachstanischen Ust-Kamenogorsk ist die einzige Waldorfschule in Kasachstan. Deutsch wird dort ab der ersten Klasse unterrichtet.

Wie im ganzen Land üblich wurde auch im 12. Gymnasium der ostkasachstanischen Stadt Ust-Kamenogorsk in diesem Jahr am 1. September das neue Schuljahr feierlich eingeläutet. Nach drei Monaten Sommerferien ist die Wiedersehensfreude groß, und die Kinder sind wieder um einiges gewachsen. Trotz der großen Auswahl an Schulen in der Stadt entscheiden sich immer mehr Eltern für das 12. Gymnasium, welches die einzige Waldorfschule in Kasachstan ist. In Ust-Kamenogorsk (kasachisch: Öskemen) ist sie jedoch nicht nur für ihre besondere Pädagogik, sondern auch für den ausgezeichneten Deutschunterricht bekannt: Sie ist eine von sieben DSD- Schulen in Kasachstan, in der die Schüler der Abschlussklasse seit bereits zehn Jahren neben den staatlichen Prüfungen das Deutsche Sprachdiplom (DSDII) ablegen, welches ihnen sehr gute Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2/C1 bescheinigt.

Kreisspiele und Lieder

Neben Schulpartnerschaften zu den deutschen Waldorfschulen in Gröbenzell und Filstal wird die Arbeit des 12. Gymnasiums seit nun schon einigen Jahren zusätzlich von deutschen Freiwilligen unterstützt, die über die Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V. ihr Auslandsjahr absolvieren und vor Ort den Deutschunterricht aktiv mitgestalten. Ein Zeugnis dieser guten Zusammenarbeit ist die jetzige fünfte Klasse, die ich zu Beginn wissen ihrer Schullaufbahn als Klassenlehrerin unterrichtete. Ihre ersten Monate in der Schule waren alles andere als typisch für Kasachstan: Gemeinsam mit der Freiwilligen Dorothea Jäger führte ich damals das in Deutschland bereits bekannte „bewegliche Klassenzimmer“ durch. Dies eröffnete viele neue Möglichkeiten, den Unterricht und den rhythmischen Teil tagtäglich spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Im rhythmischen Teil wurden nun die Bänke zur Seite gestellt und Balancierübungen, deutsche Kreisspiele und Lieder wie „Brüderchen, komm tanz’ mit mir…“ (siehe S. 12) mit Bewegungen durchgeführt. Und genauso schnell wurde durch das Umstellen der Bänke leicht eine intensive, aber angenehme Unterrichtsatmosphäre geschaffen. Die anfängliche Skepsis der Eltern war groß, doch sie verflog schnell, als sie merkten, wie viel Freude die Kinder am Lernen hatten und trotz der lockeren Atmosphäre (oder gerade deswegen?) die Fortschritte deutlich sichtbar waren. Dieser ungewöhnliche Einstieg in die deutsche Sprache und Kultur ist nach wie vor bei den Kindern zu spüren: die Motivation, Deutsch zu lernen ließ bis heute nicht nach, und zum Ende der vierten Klasse bestanden sie in diesem Jahr überdurchschnittlich gut die schulinterne Niveaustufenprüfung für das Sprachniveau A1.

Rückkehr als Gast

In der Mittel- und Oberstufe werden die Schüler neben dem regulären Deutschunterricht vor allem durch Projekte zu bestimmten Themen, Wettbewerbe und Austausch mit deutschen Schulen immer wieder aufs Neue und vielseitig gefordert. Auch hier sind die Freiwilligen stets beteiligt und geben zusätzlich den Schülern die Möglichkeit, durch den regen Austausch mit ihnen ihre Deutschkenntnisse zu erweitern und zu verbessern.

Die ehemalige Freiwillige Dorothea Jäger kam im Sommer 2012 zum wiederholten Male als Gast zurück nach Ust-Kamenogorsk und wohnte dem ersten Schultag bei, freudig umringt von „ihren“ ehemaligen Erstklässlern. Auch in diesem Schuljahr wird wieder ein Freiwilliger aus Deutschland das Schulgeschehen mitgestalten und vielleicht entstehen auch dann wieder neue dauerhafte Freundschaften und Kontakte über die Freiwilligenzeit hinaus.

Julia Bojarkina ist Lehrerin an der Schule Nr.12 in Ust-Kamenogorsk, die zugleich Waldorfschule und von der ZfA (Zentralstelle für Auslandsschulwesen) unterstützte DSD-Schule ist.

Von Julia Bojarkina

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