Wie kann Almaty zu einer besseren Stadt werden? Die dreijährige Initiative „WeAlmaty“ will die Entwicklungsvisionen Almatys bis 2020 in Bezug auf Kultur, Wirtschaft und Zivilengagement verwirklichen. Hinter der Initiative stehen der British Council, das Akimat Almaty, die Britisch-Kasachische Universität und das Entwicklungszentrum Almaty. Daniyar Mukitanov, Bildungsmanager des British Council, spricht im Interview über Pläne, Probleme und Perspektiven des zielstrebigen Großprojekts.

Das Projekt „WeAlmaty“ wird seit 2017 umgesetzt. Worum geht es genau?

Das Ziel des Projektes ist es, die Zivilgesellschaft in Kasachstan zu stärken und die Stadt in ihrem Entwicklungsprogramm zu unterstützen. Einer der elementarsten Aspekte ist die Förderung zivilen Engagements. Sowohl das Akimat als auch die Bürger Almatys sollen in den Prozess eingebunden werden, damit sie enger zusammenarbeiten.

Die Initiative ist also nicht nur auf den sozialen Bereich beschränkt?

Wir sprechen nicht nur über eine Komponente, sondern betrachten die Stärkung von Zivilengagement im großen Ganzen. Generell sollen sich nachhaltige Organisationen herausbilden, die in viele Bereiche hineinragen. Die Themenfelder reichen von der Förderung von Menschen mit Behinderung über Frauenpartizipation bis hin zur Unterstützung der Jugend.

Vier maßgebliche Ansätze werden von uns verfolgt: Der erste ist, den Dialog zwischen den Bürgern und der Regierung zu fördern. Daher haben wir eine Serie von Foren organisiert. Innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit soll es zwölf öffentliche Foren geben; vier Foren wurden bereits abgehalten. Der zweite Pfeiler ist es, die Fähigkeiten aller Beteiligten zu stärken. Wir haben Workshops organisiert, bei denen Leute aus unterschiedlichen Bereichen zusammenkamen. Hier wurde unter der Moderation zivilgesellschaftlicher Akteure die Frage diskutiert, was Almaty als Stadt für die verschiedenen Beteiligten bedeutet. So bekamen die Teilnehmer auch einen Eindruck davon, was Almaty für andere Personen ausmacht.

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Verfolgt wurde also ein Perspektivwechsel der Akteure. Wie wurde das genau umgesetzt?

Bei den Workshops wurden in erster Linie soziale Kompetenzen vermittelt, insbesondere die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, aber auch wie man ein Projekt plant und umsetzt. So sind schon einige Projekte und Ideen entstanden, die die Stadt auf spezifische Art und Weise verbessern wollen. Durch den Kontakt einer Workshop-Moderatorin zu einem Verband für Frauen mit Behinderung wurden beispielsweise Rollstuhlfahrerinnen involviert. Viele Beteiligte hatten zuvor noch nie regelmäßigen Kontakt zu Menschen mit Behinderung. Durch den gegenseitigen Austausch wurden die Teilnehmer jedoch für die Probleme von behinderten Menschen sensibilisiert.

Der dritte Ansatz der Initiative ist ein Wettbewerb, bei dem sich zivile Projekte für eine Förderung in Höhe von jeweils 5.000 Euro bewerben können. Die EU hat dafür 50.000 Euro an Fördergeldern zur Verfügung gestellt. Fünf Projekte haben wir bereits unterstützt. Nächstes Jahr folgen fünf weitere. In der ersten Runde erhielten wir Bewerbungen von mehr als 500 Menschen, die 131 Projekte einreichten. Für uns ist das eine gute Bilanz.

Nach welchen Kriterien wurde die Auswahl der Wettbewerbsgewinner getroffen?

Orientiert wurde sich an der Nachhaltigkeit der Projekte. Ein Augenmerk lag dabei auf sozialem Unternehmertum. Außerdem haben wir nach Projekten gesucht, die bereits von anderen Stiftungen oder Organisationen finanziell gefördert wurden, da dies zeigt, dass die Involvierten es ernst meinen. Zudem mussten die Projektverantwortlichen einen genauen Plan zu ihrem Vorhaben vorlegen, damit eingeschätzt werden kann, ob die Ziele überhaupt realistisch sind. Ausgewählt wurden Projekte, die sich für die Umwelt oder für Soziales engagieren. Es gab aber zum Beispiel auch ein Künstlerprojekt, das den Klang Almatys rekonstruieren will, um festzustellen, ob Almaty noch eine grüne Stadt ist.

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Wie sieht der vierte Ansatz der Initiative aus?

Das große Ziel ist, das Projekt „WeAlmaty“ in anderen Städten Kasachstans umzusetzen, wie zum Beispiel Schymkent, Astana oder Uralsk. Auch dort soll ein Austausch zwischen Akimaten und Bürgern stattfinden, die Zivilgesellschaft gefördert und so auf eine Zusammenarbeit vorbereitet werden.

Gibt es ein herausstechendes Problem, speziell für Almaty?

Es ist schwierig, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis zwischen den Beteiligten zu schaffen. Vielleicht hat das mit der Vergangenheit zu tun, als die Menschen niemandem außer sich selbst vertrauen konnten. Es ist also eine Herausforderung, Menschen zu vermitteln, dass andere Personen eine gute und nachhaltige Idee haben. Die Akteure mögen andere Ziele verfolgen oder andere Meinungen zu einem bestimmten Thema haben, aber gerade hier ist es wichtig, eine Diskussion anzustoßen. Da geht es um Verständnis. Ich sehe aber auch eine Veränderung und denke, dass die Menschen jetzt bereit sind, sich miteinander auszutauschen und voneinander zu lernen.

Es gilt also, einen Konsens zwischen den Akteuren zu erreichen. Gibt es unter den Ansätzen einen herausragenden, der für dieses Ziel maßgeblich ist oder sollten die Ansätze als großes Ganzes gesehen werden?

Um die unterschiedlichen Parteien erfolgreich zusammenzubringen, sind alle Ansätze des Projekts von Bedeutung. Sie sind alle miteinander verwoben. Viele der Bürger nahmen zum Beispiel an den Workshops teil und bewarben sich im Anschluss für den Wettbewerb. Auch die Partizipation an Foren gab einigen Bürgern den Anstoß, selbst aktiv zu werden. Gleichzeitig sind die Moderatoren der Workshops oder die Leiter der finanziell unterstützten Projekte als Redner und teilweise auch Organisatoren bei den Foren vertreten.

Was soll bis 2020 erreicht sein?

Es muss ein offener Dialog geschaffen werden – nicht nur zwischen dem Akimat und den Bürgern, sondern auch zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Wir möchten mehr Initiativen von Bürgern sehen und den gegenseitigen Austausch zwischen den Menschen unterstützen. In diesem Zusammenhang muss das zivile Engagement verbessert werden. Ich denke, wir haben hier schon einige Fortschritte erzielt. Zum Beispiel gab es im Rahmen der Austauschförderung der Beteiligten eine Reise mit den Vertretern des Akimats und Bürgeraktivisten nach Großbritannien. Am Anfang gab es die Teilung in zwei Gruppen. Am Ende jedoch waren sie eine Gruppe und tauschten sich aus. Mitglieder des Akimats initiierten so neue Pläne und Projekte, da sie von bestimmten Problemen durch die Bürger einen Einblick erhielten.

Die geförderten Projekte des Wettbewerbs:

Karasu-Projekt: Im Almatyner Viertel Karasu setzen sich die Projektteilnehmer für den Karasu-See ein, der als sozialer Treffpunkt fungieren soll. Gleichzeitig gehen sie gegen die Verschmutzung des Sees vor.

Petelka-Projekt: Das Projekt verbindet die Generationen, indem regelmäßig handwerkliche Workshops organisiert werden, die von Rentnern geleitet werden. Ältere Menschen geben so ihre Fähigkeiten an die jüngere Generation weiter und bleiben trotz Ruhestand aktiv.

Tasalyk-Projekt: Drei junge Studenten entwickelten die Tasalyk-App, die Möglichkeiten für Recycling in Almaty aufzeigt. Die App enthält eine Karte, auf der die Position von Behältern für Abfälle aus Papier, Kunststoff, Elektronik, Glas und medizinischen Produkten zu sehen ist.

„The Greening School“: „The Greening School“ setzt sich für ein grüneres Almaty ein. Das Projekt möchte das Umweltbewusstsein der Almatyner stärken und fördert zugleich die Fähigkeiten von Gärtnern.

„City Sound Art Lab“: Eine künstlerische Initiative, bei welcher die Töne Almatys aufgenommen und gesammelt werden sollen, um daraus eine künstlerische Performance zu schaffen. Das Projekt setzt sich mit der Frage auseinander, ob Almaty noch eine grüne Stadt ist.

Mayely Müller

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