Hinter einer Wand der Angst mauert sich Ziggy ein. Doodle hilft ihm dabei, bis für sie und ihren Ball kein Platz mehr hinter den Ziegeln ist. Eine Zweierbeziehung zwischen der Sehnsucht nach Stabilität und dem Wunsch nach Spaß zeigte das Deutsche Theater Almaty. Ende Juni in einer Premiere der absurden Komödie „Ich und du“ von Ingeborg von Zadow. Die nach einfachsten Mustern strukturierte Geschichte lässt dem Zuschauer viel Raum für eigene Interpretationen.

/Bild: Christine Karmann . ‚Der Feind könnte von vorne, hinten oder – den Himmel nicht vergessen – von oben kommen.’/

Ziggy hat Angst, dass ihm ein Stein auf den Kopf fallen könnte. Deswegen beginnt er sich einzumauern. Seine Freundin Doodle will viel lieber mit ihrem silbernen Ball spielen, die Leute anmalen und Spaß haben. Doch weil ihr Freund ihr einredet, dass die Welt nicht nur aus Spaß haben besteht, beginnt sie Ziggy beim Mauerbau zu helfen. Der Feind könnte von vorne, hinten oder – den Himmel nicht vergessen – von oben kommen. Völlig eingemauert, bleibt den beiden nur noch die Angst. Leute angucken geht nicht mehr, und für Ballspielen hat Doodle keinen Platz mehr.

In der absurden Komödie „Ich und du“ von Ingeborg von Zadow, die das Deutsche Theater Almaty Ende Juni auf die Bühne brachte, prallen zwei Weltanschauungen aufeinander. Die Angst vor der Ungewissheit und die Liebe zur Freiheit. Der Zuschauer erfährt nichts über Ziggy und Doodle, weder wie alt sie sind noch welchen Beruf sie haben oder woher sie kommen. Sie sind einfach da: Die gelenkige Doodle in ihrem silberen Gymnastikanzug mit ihrem Hüpfball und der böse Ziggy, der in blauer Flanellshorts immer Mauer bauen will.

Momente theatraler Imagination

Hinter der Ziegelwand: Doodle und Ziggy eingemauert.

Die nach einfachsten Mustern strukturierte Geschichte lebt von den Dialogen der beiden Hauptdarsteller – „Was sein muss, muss sein. Punkt.“ „Punkt wieder weg.“ – und den Pausen dazwischen, in denen die Zuschauer beginnen, das Gesehene auf selbst erlebte Situationen zu übertragen. Doodle nimmt ihren Ball mit in den Ziegelbau, und das beginnt Ziggy zu stören: Der Ball nehme zu viel Platz ein und müsse raus. Doodle beginnt zu flehen, sie wird sich auf den Ball setzen, die Luft rauslassen. Aber Ziggy fühlt sich nicht sicher mit dem Ball. Auch die Erinnerung an Ballspiele im Kopf will er Doodle nehmen. Da entscheidet sich Doodle für ein Leben hinter der Mauer mit neuem rosa Ball.
Ingeborg von Zadow schreibt vor allem Kinderstücke und nennt das holländische Kinder- und Jugendtheater in seiner Abwendung vom Realismus als wichtige Bezugspunkte ihrer Arbeit. Die studierte Theaterwissenschaftlerin lebt als freie Autorin in Heidelberg. Ihre Stücke wurden seit 1993 in über 50 Aufführungen gezeigt und ins Englische, Polnische, Hebräische, Türkische, Russische, Schwedische und Estnische übersetzt.

So sehr die Autorin Anspruch auf Unverletzlichkeit ihrer Textpassagen erhebt, so nachdrücklich öffnet sie ihre Stücke für andere Vorstellungen. Völlig eingemauert und unter der Decke beginnt sich Ziggy schließlich einsam zu fühlen. Der Kontakt mit der Außenwelt ist schwierig. Keiner will mit ihm reden. Alle haben Angst, er könnte beginnen, mit Steinen zu schmeißen. Kann ihn seine Liebe hinter der Mauer der Angst hervorlocken oder lähmt ihn die Sorge vor dem gefährlichen Draußen zu sehr? Das Ende bietet Anlass zur Hoffnung.

Von Christine Karmann

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