Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Und gerade in dieser Jahreszeit, wenn es bedeutend wärmer draußen wird, gibt es scheinbar einen Feiertag nach dem anderen. Welch ein Zufall, dass am vergangenen Sonntag, dem 17. März, nicht nur in Irland, sondern rund um die ganze Welt und auch in Almaty der wichtigste irische Nationalfeiertag „Saint Patrick‘s Day“ gefeiert wurde!

Ich sitze in einem der zahlreichen Irish Pubs von Almaty, vor mir steht ein pechschwarzes Glas Guinness und auf der Bühne tanzen drei Mädels einer irischen Stepptanzgruppe den klassischen Seefahrershanty „What shall we do with the drunken Sailor“. Soweit das Klischee. Ich schaue tief in den dicken Schaum des schweren Schwarzbiers aus Dublin, und versuche dort Antworten herauszulesen: Was hat es eigentlich mit diesem irischen Feiertag auf sich, der auf der ganzen Welt gefeiert wird? Überall Kleeblätter, überall Harfen und Kobolde, viel dunkles, irisches Bier und die alles bestimmende Farbe Grün. So stellt man sich den Tag des heiligen St. Patrick normalerweise vor. In Chicago wird gar ein ganzer Fluss grün eingefärbt, und, absurd genug, der größte Saint Patrick‘s Day Kontinentaleuropas wird in der Hauptstadt bayrischer Gemütlichkeit, in München gefeiert. Exil-Iren, die ihr Land aufgrund von Armut Ende des 19. Jahrhunderts verließen, trugen den Irish Pub, Guinnes-Bier und ihren Nationalfeiertag, den Saint Patrick‘s Day in die ganze Welt.

Aus historischer Sicht gab es den Nationalheiligen der Iren Sankt Patrick wohl nie. Vermutlich laufen die Geschichten zweier historischer Persönlichkeiten zusammen. Alles andere ist Legendenbildung. Und die Legende besagt, St. Patrick lebte vermutlich im 5. Jahrhundert und gilt als der erste christliche Missionar Irlands. Nebenbei bemerkt hat er mit Hilfe seines Bischofsstabs Irland von sämtlichen giftigen Schlangen befreit. Des Weiteren soll er im Laufe seines Lebens barfüßig den etwa 700 Meter hohen Geröllhügel Croagh Patrick im Westen Irlands bestiegen und auf dessen Spitze genau 40 Tage gesessen und gefastet haben. Klingt das nicht sehr bekannt?

Auch Deutschland hat gerade erst die feuchtfröhliche Karnevalszeit hinter sich gebracht, um jetzt die 40-tägige Fastenzeit bis Ostern zu begehen. Ebenso herrscht im orthodoxen Russland nach der Schlemmerei der Butterwoche zurzeit das 40-tägige rituelle Fasten. Am Ende von alledem steht das Osterfest, die symbolische Auferstehung Jesu Christi. Zu Ostern gehört selbstverständlich das Osterei, auch dieses ist ein Symbol der Auferstehung. In meiner Heimat, dem erzkatholischen Franken, gehört das Schmücken des Dorfbrunnens mit Ostereiern seit jeher zu den Frühjahrstraditionen. Doch Halt! Ungefähr zur angeblichen Lebenszeit des heiligen Patrick kam der iro-schottische Wanderprediger Kilian mit noch neun weiteren Gefährten nach Unterfranken und gründete dort am Main das Erzbistum Würzburg. Die Gebeine des heiligen Kilians liegen, wie die ebenfalls als Heilige verehrten sogenannten Frankenapostel Kolonat und Totnan, als Reliquien bis heute im Altar des Kiliansdoms zu Würzburg. Sind wir Franken am Ende doch eigentlich alle Iren?

Doch zurück nach Kasachstan. Während auch der irische Nationalfeiertag vorübergezogen ist, steht am letzten Märzwochenende das traditionelle Frühlingsfest in Kasachstan, „Nauryz“, an. Auch an diesem Fest, welches seinen Ursprung eigentlich im iranischen Kulturraum besitzt, wird die Ankunft des Frühlings mit bunten Spielen, Konzerten und kulinarischen Spezialitäten aus der kasachischen Steppenküche gefeiert. Es scheint mir, als gehe es bei all diesen Festen doch immer nur um eine Sache, egal ob Jesu aufersteht, Schwarzbier getrunken wird oder in der Steppe die ersten Mohnblumen tiefrot blühen. Das alles folgt dem eigentlich jahrtausendealten, heidnischen Gedanken: Der Winter ist vertrieben, und der Frühling erweckt die ganze Natur zu neuem Erwachen, ganz dem natürlichen Kreislauf des Erdenlebens folgend. Und am Ende hängt doch alles irgendwie mit allem zusammen. Die Natur lässt sich nicht überlisten. Na, wenn das kein Grund zum Feiern ist? Der nächste Feiertag kommt bestimmt!

Philipp Dippl

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