Kaum Politik und Wirtschaft, dafür Diätfolter und „Schöner Wohnen“: Die Frauenzeitschriften Kasachstans bringen seichte Unterhaltung, und sie verkaufen sich gut

Was für einen Eindruck bekommt ein Mann, wenn er eine Frauenzeitschrift in die Hände bekommt und sie von vorne nach hinten durchliest? Schöne Frauen lächeln ihn vom Cover verführerisch an, Themen wie „Modetrends im Sommer“ oder „Wie komme ich ins Fernsehen?“ springen ihm ins Auge. Er blättert sich durch zehn Seiten Werbung, bis er zum Text kommt. Auf allen Seiten sind wunderschöne Frauen, die erfolgreich, schlank, sexy und selbstbewusst wirken. Ein Mann muss denken, alle Frauen interessieren sich ausschließlich für aktuelle Mode, Kosmetik, die neuesten Diätfoltern und für dauernde Verschönerung ihrer Wohnung. Themen wie Politik, Wirtschaft, Technik kommen in Frauenzeitschriften ausgesprochen selten vor.

Dass diese Hochglanzzeitschriften nicht das wahre Frauenbild vermitteln, dürfte jedem halbwegs intelligenten Menschen einleuchten. Verschiedene Psycho-Tests verraten den Frauen, wo sie momentan im Leben stehen und was sie angeblich ändern müssen. Die Tipps in punkto Liebe und Partnerschaft verwandeln die Frauen, meiner Meinung nach, in sexuelle Objekte, die dafür da sind, den Mann zufrieden zu stellen.

Warum brauchen Frauen dieses Medium? Vielleicht ist es die Neugier auf andere „Welten“, vielleicht auch das Konkurrenzdenken unter Frauen, dass sie modisch immer auf dem Laufenden bleiben wollen? Die Hochglanzzeitschriften schreiben in ihren Selbstdarstellungen, ihre Zielgruppe seien „moderne, selbstbewusste Frauen zwischen 20 und 39 Jahren“ (Cosmopolitan) und sie böten einen „zeitgeistigen Look und hochkarätigen Journalismus“ (Young Miss).

Die Analyse des letzten Outfits von Jennifer Lopez zählt nicht unbedingt zum anspruchvollen Journalismus, und manchmal lenkt das Privatleben der Stars die Leserinnen zu sehr von ihrem eigenen ab. Dennoch bieten die Zeitschriften wohl manchen Frauen einen Ersatz für dicke Psychologie- und Moderatgeber.

In der kasachstanischen Cosmopolitan gibt es eine außergewöhnliche Rubrik. Neben vielen Seiten mit Stars, Mode, Kosmetik, Werbung und Ratgebern finden sich zwei Autoseiten. Dabei wird den Leserinnen kurz erklärt, wie sie bei Pannen ruhig bleiben und die Contenance bewahren. Detailgetreu wird anschließend das Innenleben des Gefährts erklärt, um nachher zur Aktion – der Reparatur – zu schreiten. Das ist doch mal ein Anfang für ernstere Themen in Frauenzeitschriften!

Da zentralasiatische Frauen nachgesagt wird, romantischer veranlagt zu sein als Europäerinnen, deswegen bieten kasachstanische Frauenzeitschriften viele Liebesgeschichten. Die modebewussten Frauen sehen solche Zeitschriften als „neue Inspiration“, wie zum Beispiel Lena, Angestellte in einem Schönheitsstudio.

Es entsteht der Eindruck, dass verantwortliche Redakteure ihre Leserinnen für leichtgläubige, etwas hohle Hausfrauen halten, die von der großen Karriere träumen und ständig Anstöße brauchen, etwas in ihrem ach so faden Leben zu verändern.

Doch gibt es in Kasachstan zunehmend mehr Frauen, die sich von dem Image des Heimchens am Herd lösen wollen. „Wir wollen nicht sofort nach der Schule heiraten und zu Hause sitzen. Ich mache erst mal Karriere“, so Oxana, eine Support-Managerin aus Almaty. Diese neue Entwicklung merkt man auch manchen Themen der Zeitschriften: Weiterbildung, Portraits erfolgreicher Frauen, Länder dieser Welt.

Und welches Männerbild wird in den Frauenzeitschriften vermittelt? Der deutsche Trendforscher Matthias Horx fand bei seiner Analyse in den Hochglanzseiten heraus, dass Männer „entweder als unsensible Idioten oder als Lustobjekte“ dargestellt werden. Frauen dagegen strahlen in der „Rolle des Superweibs“, die zu jeder Tageszeit lächeln, alles mit links erledigen und dabei immer blendend aussehen. Toll, damit sind wir dann wieder in die 50er Jahre zurückgekehrt.

In Kasachstan sind die Zeitschriften für das schöne Geschlecht zwar meistens von ihren westlichen Schwestern abgekupfert, doch sind sie sehr auf die heutige kasachstanische Frau fokussiert. Auf den Strassen von Almaty tragen diese Absätze, bei denen eine durchschnittliche europäische Frau Albträume bekommt. Sie tragen Miniröcke, die in Deutschland nur auf der Reeperbahn angebracht sind. Und das Beste ist: Sie können es sich leisten! Deswegen sprechen in Kasachstan die Frauenzeitschriften eine sehr selbstbewusste, intelligente Frau an. Das merkt man auch an den Interviews. Die kasachstanischen Prominenten klingen unglaublich selbstbewusst. Es sind Frauen, die wissen, was sie wollen und, vor allem, wie sie es bekommen. Die Moderatorin Bajan Jessentajewa, zum Beispiel, sagt:

„ Ich falle nicht in Ohnmacht wegen eines schönen Mannes, seines dicken Portemonnaies oder seines außergewöhnlichen Wissens. Meinen Ehemann habe ich ausgewählt, weil er eine starke Seele hat.“

Das Gegenteil dazu bieten solche Ratgeber wie „Top 10 der besten Plätze, wo man anständige Männer trifft.“ Dabei werden Plätze wie Cannes, Escot, Monaco oder London aufgeführt. Kann man wirklich glauben, dass Frauen sich diesen Ratgeber durchlesen, das nächste Flugzeug nach Cannes nehmen und auf Männerjagd gehen? Natürlich nicht. Die Frauenzeitschriften bauen eine Scheinwelt auf, in der sich manche Frau wohl fühlt und andere nicht. Jeder Leserin bleibt dabei überlassen, in diese Welt einzutreten oder vor der Tür zu bleiben.

Also, Männer! Glaubt nicht den Frauenzeitschriften, wir sind nicht so!

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