Pressekonferenz des Goethe-Instituts zum Projekt „Gletschermusik“ am 26. Juli: Dagmar Schreiber, Expertin für Ökotourismus, beantwortete die Frage einer Journalistin der Zeitung „Wetschernjaja Alma-Ata“, was man denn machen könne, um die Gletscherschmelze aufzuhalten.

Die Gletscherschmelze ist ein irreversibler Prozess, der nicht gestoppt werden, sondern nur verlangsamt werden kann. Es ist ein weltweites Phänomen und nicht nur auf die Gletscher in Kasachstan beschränkt. Jedoch ist der Prozess hier in Zentralasien besonders akut. Wenn man sich die Durchschnittsgeschwindigkeit der Schmelze weltweit anschaut, dann sind das Tempo des Abschmelzens der Gletscher und die Temperaturerhöhung hier in Zentralasien viel höher als in anderen Gebieten auf der Erde. Das Dramatische an der Region hier ist, dass die Menschen nicht ohne die Gletscher überleben könnten, denn sie regulieren den Wasserhaushalt und sind eine Trinkwasserquelle.

Der Klimawandel weltweit ist schon so stark im Gange, dass die Gletscher wahrscheinlich in 50-70 Jahren abgeschmolzen sein werden. Was wir alle gemeinsam tun können, ist, den Prozess der Gletscherschmelze zu verlangsamen, indem jeder Einzelne sein Verhalten überdenkt und etwas gegen das Abschmelzen tut.

Hier vor Ort in Almaty sehe ich dafür folgende Möglichkeiten: Zum einen müssen wir alle dazu beitragen, dass die Emissionen in der Stadt sinken. Es ist bewiesen, dass ca. 80-85% der Emissionen aus dem Autoverkehr stammen. Deshalb ist es meiner Meinung nach angebracht, alle Autos mit Katalysatoren auszustatten, damit der Feinstaub in der Luft verringert wird. Feinstaub setzt sich auf dem Gletscher ab. Durch diese farblich dunkle Verschmutzung absorbiert der Gletscher mehr Licht und schmilzt noch schneller ab. Zu dieser ersten Variante gehört auch, dass der öffentliche Nahverkehr besser entwickelt

wird: also das Streckennetz der Metro auszubauen, mehr erdgasbetriebene Busse einsetzen. Außerdem sollte die Unsitte aufhören, dass Autos und vor allem Busse alter Bauart mit eingeschaltetem Motor an den Haltestellen und Ampeln stehen.

Zweitens besteht dringend Handlungsbedarf in Sachen Bebauungsplan der Stadt. Die derzeitige wilde Bebauung der Stadt und ihrer Randgebiete beraubt die Stadt ihrer grünen Lungen. Auch die Baumbeschneidungs- und Fällungspraktiken der letzten zwei Jahre sind unqualifiziert, der Grünbestand der Stadt wird irreversibel geschädigt. Almaty braucht seine großen, alten Bäume zur Absorption der Treibhausgase, und es braucht vor allem den Grüngürtel im Süden als Puffer zwischen der Stadt als „Dreckschleuder“ und den Gletschern als lebensspendender Trinkwasserquelle. Die Vernichtung der grünen Wohngebiete („chastnyi sektor“) seit 1996 und der Datschengebiete am Südrand hat bereits zur Klimaverschlechterung in der Stadt geführt. Emissionen, v.a. Feinstaub, können leichter ins Gebirge und auf die Gletscher gelangen. Sie beschleunigen das Abschmelzen!

Drittens ist auch eine Veränderung unseres Freizeitverhaltens wichtig: Wir sollten nicht mehr mit Privatautos in den Nationalpark Ile-Alatau fahren, sondern öfter Busse aus der Stadt zu den Grenzen des Nationalparks nutzen. Von dort muss es preiswerte Shuttle-Busse in den Nationalpark geben (Vorschlag: 500 Tenge p.P.). Die Emissionen da oben müssen aufhören. Und: Laufen ist gesünder. Aus dem gleichen Grund sollte man sich von den Plänen der Bebauung des Plateaus „Kok Zhaljau“ verabschieden. Dieses Projekt vernichtet weiteren Baumbestand, führt zur Versiegelung von Flächen, zu Emissionen auf kritischer Höhe in unmittelbarer Nähe der Gletscher und zu einem erhöhten Wasserverbrauch für den Tourismus. Dies in einer Situation, wo die Stadt selbst schon sehr bald mit Wasserknappheit zu kämpfen haben wird! Die Lebensfunktionen der Stadt werden durch dieses Projekt gefährdet!

Zusammengestellt von Malina Weindl.

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