DAZ veröffentlicht in dieser Ausgabe die Arbeit Nr. 18 von Jewgenia Iwanowa, einer Teilnehmerin des Sprachwettbewerbs „Deutsch in meinem Heimatort“.

Es war ein heiterer Sommertag. Die Sonne schien besonders hell und heiß. Ich ging gemessenen Schrittes am Seeufer entlang, machte die Füße in warmem Wasser nass und freute mich über Sonnenstrahlen wie zu meiner Kindheit!

– Hallo! – hörte ich eine zarte Stimme.

Ich schaute zurück, sah niemanden und war deswegen etwas verwirrt.

– Hallo! – hörte ich wieder, – du brauchst mich nicht zu suchen, du wirst sowieso keinen sehen.

– Wer bist du denn? – fragte ich die Stimme.

– Ich bin deine Kindheit! – antwortete die Stimme so ausgelassen und lustig, dass ich mir ein Lachen nicht verbeißen konnte.

– Die Kindheit? – fragte ich lächelnd.

– Ja, deine Kindheit! Du hast doch gerade daran gedacht, die Sonne scheint heute so hell, und du freutest dich darüber wie in deiner Kindheit!

– Aber warum sehe ich dich nicht?

– Weil ich schon vergangen bin. Ich bin zu deinen Erinnerungen geworden und du möchtest so sehr in die Kindheit zurückkehren! – lachte die Stimme hell auf und mit ihr auch ich.

– Ja, das stimmt, alle Erwachsenen kehren gern in ihren Gedanken in die Kindheit zurück! – aus irgendeinem Grunde sagte ich das mit Wehmut.

– Und warum, was denkst du? – ließ die Kindheit nicht nach, sie wollte sich offensichtlich mit mir unterhalten.

Nicht lange überlegend, sagte ich:

– Es ist lustig in der Kindheit, man kann bis zum Umfallen mit seinem Lieblingsspielzeug spielen, sich vergnügen, und die Kindheit… – sann ich nach, – die Kindheit riecht nach der Mutter, die damals immer neben dir war.

Die Kindheit wurde still, wahrscheinlich dachte sie an dasselbe wie ich. Vielleicht erinnerte sie sich an ihre Mutter? Aber ganz gewiss geht die Kindheit immer mit ihrer Mutter spazieren, und sie trennen sich nie!

– Aber was bedeute ich für dich? – fragte die Kindheit mich traurig.

– Für mich bist du Vieles! Du bist das Kinderlachen, die ersten Schritte des Babys und seine ersten Wörter. Du bist das Kinderweinen! Erste Erfolge und erste Enttäuschungen! Für mich bist du: Spiele, gute Zeichentrickfilme mit lustigen Helden.

Meine Worte brachten die Kindheit zum Lachen, ihr gefiel anscheinend deutlich, was sie hörte.
– Sprich doch weiter! – sagte sie belustigt.

– Weißt du, für mich bist du, wenn Mutter mich stets an der Hand hält, wenn Vater mir Märchen vor dem Schlafengehen vorliest, wenn meine Omas und Opas neben mir sind, wenn mich alle lieben! Dies alles bedeutest du für mich!

Ich geriet ins Stocken, wusste nicht, ob ich ihr noch von etwas sagen sollte oder nicht. Ob es sich lohnt oder nicht, über dieses Etwas zu sagen, aber nach dem Gedanken, dass es vielleicht mein erstes und letztes Treffen mit der Kindheit ist, traute ich mich und sagte:
– Und noch ist die Kindheit das, wenn alles, was du gemalt hast, deine Eltern für ein Meisterwerk halten, auch wenn es nur erste schiefe Linien sind, die du mit dem Buntstift an die gerade angeklebten Tapeten angezeichnet hast.

Die Kindheit brach ins Lachen aus und konnte sich lange nicht beruhigen.

– Ernsthaft? – fragte sie mich, nachdem sie zuende gelacht hatte.

– Na, klar, – entgegnete ich ein wenig gekränkt – Wenn ich nicht gehört hätte, was meine Eltern, auf meine Zeichnungen schauend sagten, wäre ich nicht Malerin geworden!

– Bist du Malerin? – Die Kindheit hörte im Nu auf zu lachen, als ob sie mit kaltem Wasser begossen worden wäre.

– Ja! – antwortete ich stolz.

– Was malst du denn?

– Ich lehre kleine Kinder Natur und Gegenstände malen, wir malen Tiere und ihre Spielsachen!

Und jedes Mal bringe ich ihnen Wörter bei, die ich von meinen Eltern gehört hatte.

– Welche denn? – fragte mich hochinteressiert die Kindheit.

– Ich sage ihnen, dass sie die talentiertesten kleinen Maler sind, die ich jemals getroffen habe!

– Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel für Menschen bedeuten kann! – sagte die Kindheit daraufhin, stolz auf sich selbst.

– Für Menschen jedes Alters! – fügte ich nicht weniger stolz hinzu.

Es war ein heiterer Sommertag. Die Sonne schien besonders hell und heiß. Ich und meine Kindheit lagen auf dem Gras am See und sahen uns die Zeichnungen von meinen kleinen Malern an. Und die Kindheit wusste schon ganz genau, dass sie die talentiertesten Kinder sind!

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