„Respublika“ ist eine regierungskritische Wochenzeitung und wird in Kasachstan gern als „Oppositionsblatt“ bezeichnet. Seit Beginn des Jahres ist das Erscheinen von „Respublika“ gefährdet. Die stellvertretende Chefredakteurin Galina Dyrdina erklärt, warum

DAZ: Frau Dyrdina, die Wochenzeitung „Respublika“ wird derzeit gerichtlich verfolgt. Warum?

Galina Dyrdina: Auslöser war ein Interview mit dem russischen Populisten Wladimir Schirinowski. Wir haben es für unsere kasachstanische Leserschaft bewusst veröffentlicht. Schließlich ist Schirinowski kein Mensch von der Straße, sondern ein einflussreicher Politiker in Russland. Schirinowkis Aussprüche sind gewohnt unangenehm. Es gibt keinen Staat „Kasachstan“, meinte er in dem Interview, und auch keine kasachische Sprache.

DAZ: Nicht gerade eine realitätsnahe Einschätzung…

Dyrdina: Trotzdem haben wir es veröffentlicht, als eine der vielen verschiedenen Meinungen, die nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln muss. Das Ministerium hat daraufhin gegen die GmbH „Bastau“ geklagt, den Besitzer von “Respublika” – in Reaktion auf den Bericht des staatlichen Komitees für Archive und Information, einer Monitoringstelle für in- und ausländische Massenmedien. Der Vorwurf: wir betreiben nationalistische Hetze und gefährden die nationale Sicherheit . Unsere Aufmachung des Interviews widerlegt genau diese Vorwürfe. Die Bürger selbst sollten in dieser Sache zu Wort kommen, und das haben wir auch so geschrieben. Ganz klar ist alles als Meinung Schirinowskis ausgewiesen.

DAZ: Wie ging es dann weiter?

Dyrdina: Im März beschloss das Gericht die Auflösung der „Bastau GmbH“. Von nun an war es verboten, eine Zeitung mit dem Titel „Respublika“ herauszugeben. Das Urteil muss noch in einem zweiten Gang im Stadtgericht bestätigt werden. Zwischenzeitlich wurde die „Bastau-GmbH“ einem anderen Besitzer übergeben – was nach dem Gesetz möglich und vollständig legal ist.

DAZ: Schließlich erschien die Zeitung unter verschiedenen Namen, zum Beispiel „Set.kz“.

Dyrdina: Ja, eines unserer Medien, das 2003 registriert wurde. Wir haben mehrere Lizenzen für verschiedene Zeitungen. Natürlich steckt die Absicht dahinter, wenigstens eine von ihnen erscheinen lassen zu können.

„Set.kz“muss wenigstens einmal pro Halbjahr erscheinen. Wenn nicht, wird die Registrierung wieder entzogen. Dass „Set.kz“ wirklich erschienen ist, dafür haben wir Quittungen und Kontrollexemplare. Dennoch gibt es auch hier wieder Probleme mit dem Ministerium, dass die Herausgabe von „Set.kz“ als nicht rechtens einstufte. Wir sind jetzt vor Gericht gegangen.

DAZ: Ist Republika eine Zeitung der oppositionellen Parteien in Kasachstan?

Dyrdina: Wir sind nur insoweit oppositionell, als wir über die Staatspolitik schreiben. In der Tat sind wir gegen die Staatspolitik im Bereich Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung. Aber wir streben nicht zur Macht. Was uns interessiert, ist die Wahrheit.

DAZ: Wie finanziert sich Respublika eigentlich?

Dyrdina: Wir bekommen internationale Unterstützungsgelder genau wie das Büro für Menschenrechte. Wieviel genau und von wem, kann ich nicht sagen. Die Zeitung trägt sich vor allem auch durch ihren Verkauf.

DAZ: Wird der Druck auf die Zeitung wegen der politischen Unruhen in Zentralasien ausgeübt?

Ja, natürlich ist das wechselseitig verbunden. Nicht nur Zentralasien, sondern auch Georgien und die Ukraine spielen eine Rolle. Natürlich sind jetzt alle Regierungen in den GUS nervös. Auch in Kasachstan. Darum werden die Massenmedien der Opposition aufgelöst, Parteien zugemacht oder zersplittert (Ak Schol, DWK), Prozesse gegen Politiker angestrengt.

Ich selbst stelle in meinem Ressort „Politisches Interview“ Gesprächspartnern oft die Frage: „Gibt es eine Revolution in Kasachstan?“ Die Politiker antworten unterschiedlich, kommen aber zu einer gemeinsamen Schlussfolgerung: dass die Gesellschaft dafür noch nicht bereit ist. Wir haben keine starke Zivilgesellschaft wie in der Ukraine, und auch nicht einen derart niedrigen Lebensstandard wie in Kirgisistan. Allerdings berichten die Politiker von starken Konflikten in der Regierungselite. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Revolution auf Regierungsebene passiert – ohne Beteiligung der unteren Schichten.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch!

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