Seit 21 Jahren ist in der Schweiz der 1. August ein Bundesfeiertag. Auch in Kasachstan begingen die Angehörigen der Schweizer Botschaft den Nationalfeiertag. Botschafter Mauro Reina spricht im Interview darüber, welches Image die Schweiz in Kasachstan hat, und über persönliche Erinnerungen an den Schweizer Nationalfeiertag.

Herr Reina, was bedeutet für Sie der Schweizer Nationalfeiertag?

Mauro Reina ist seit 2013 Botschafter der Schweiz in Kasachstan und Tadschikistan. | Bild: Schweizer Botschaft

Generell gesagt, ist für die Schweizer Bevölkerung und die Behörden der Bundesfeiertag mehr als ein offizielles Ereignis auf Staatsebene, mehr als ein bezahlter Feiertag. Am 1. August ist es landauf landab Tradition, in Dörfern und Städten zum gemeinsamen Feiern zusammenzukommen. Für mich persönlich ist der Schweizer Nationalfeiertag Anlass, um an die Geschichte unseres Landes zu denken und an das, was uns in den vier Sprachgebieten mit den unterschiedlichen Bräuchen und Sitten zusammenhält.

Sie sind gleichzeitig akkreditierter Botschafter von Kasachstan und Tadschikistan. Wie ist das unter einen Hut zu bringen?

Infolge beidseitig mannigfaltiger Beziehungen ist die Schweiz seit 2009 mit einer Botschaft in Kasachstan vertreten, und so lebe ich in Astana.

Ich reise wiederholt nach Tadschikistan, ein Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Seit 2005 unterhält die Schweiz ein Kooperationsbüro in Duschanbe, welches heute v.a. in der technischen Zusammenarbeit wirkt. Weiter unterstützt die Schweiz seit 2009 den Menschenrechtsdialog mit Tadschikistan mit bald sechs Gesprächsrunden. Während meiner dortigen Aufenthalte strebe ich die Vertiefung des politischen Dialogs an und besuche von der offiziellen Schweiz initiierte, finanzierte und betreute Entwicklungsprojekte, die sich aufs ganze Land verteilen. Zusätzlich zu Reformprojekten bspw. im Gesundheitssektor engagieren wir uns, gestützt auf unser Know-how und unsere Erfahrungen, ebenfalls stark bei der Wasserbewirtschaftung zwecks verbesserter und nachhaltiger Wasserversorgung in Städten und Dörfern.

Zum Thema „Integrated Water Resources Management (IWRM)“, welches ja für ganz Zentralasien von zentraler Bedeutung ist, führt die Schweiz Konferenzen durch, so im letzten November die „Basel Conference on IWRM for Participants of Central Asian Countries“, an welche ranghohe Vertreter Kasachstans und Tadschikistans gereist waren.

Welches Image hat die Schweiz hier in Kasachstan?

Mich hat überrascht, dass hier der Nationalpark Burabai auch als die „Kasachische Schweiz“ bezeichnet wird. Das ist ein Zeichen dafür, dass man die Schweiz mit einem „schönen Ort“ verbindet. Die Schweiz wird hier aber auch geschätzt für ihre Errungenschaften etwa im Dienstleistungssektor, in der Technik– und Uhrenindustrie, bei der Qualitätssicherung und für die vielen touristischen Möglichkeiten. Im Übrigen kommen auch junge Leute in die Schweiz zum Studium. Natürlich dürfen wir die Schweizer Schokolade nicht vergessen…

Haben Sie schon das neuste Produkt probiert – Schokolade, die nicht schmelzen kann?

Nein (lacht), darüber habe ich noch nichts gehört.

Herr Reina, wenn wir über das Image der Schweiz reden, denken Sie nicht, dass die Schweiz oft auch mit Schwarzgeldkonten in Verbindung gebracht wird?

Ja, das ist sicher ein Thema. Ich darf jedoch sagen, dass unser Bankensystem zwischenzeitlich stark reformiert worden ist. Was noch vor zehn Jahren galt, gilt heute nicht mehr. Die Schweizer Banken bleiben sehr gute Banken.

Mit Potentatengeldern meinen Sie unrechtmäßig erworbene Vermögenswerte von politisch exponierten Personen und ihnen nahestehende Personen. Diese Gelder wurden meist durch Korruption erworben. Wie geht die Schweiz damit um?

Tatsächlich hat die Schweiz bei diesem Thema eine Vorreiterrolle inne. So blockierte sie schon vor 20 Jahren Gelder von ehemaligen Diktatoren, obwohl es damals noch kein Gesetz dafür gab. Seit 2014 verfolgt die Schweiz eine neue Strategie mit einem rascheren Verfahren im Umgang mit Potentatengeldern. In sechs Fällen wurden bereits 1,8 Mrd. USD an die entsprechenden Staaten zurückgeführt. Eine derartige Aktion nimmt viele Jahre in Anspruch, denn die betroffenen Personen haben selbstverständlich ein Recht darauf, sich zu verteidigen.

In diesem Zusammenhang führte nach Ihrer Aussage die Schweiz 48 Mio. USD an Potentatengeldern nach Kasachstan zurück. Wie verläuft dieser Prozess in Kasachstan?

Es gab in der Vergangenheit ein paar kasachische Fälle mit Kourruptions-Potentatengeldern auf Schweizer Bankkonten. Dieser Faktor führte zu Verhandlungen zwischen der Schweiz, Kasachstan und der Weltbank. Zusammen fand man eine Lösung: 2008 wurde die BOTA Foundation gegründet. Diese Stiftung förderte mit den rückgeführten Geldern aus der Schweiz bis letztes Jahr Kinder aus minderbemittelten Verhältnissen.

Wie sieht das aus von ihrer Seite? Wie gehen Sie damit um?

Die erwähnte Angelegenheit wurde bereits vor meinem hiesigen Amtseintritt im Februar 2013 verhandelt und geregelt. Mir kam noch die Aufgabe zu, die Arbeit der BOTA Foundation bis zu ihrer Auflösung nach der Rückführung der Potentatengelder aus der Schweiz zu begleiten.

Wie schätzen Sie die Beziehungen zwischen Kasachstan und der Schweiz ein?

Unsere gegenseitigen Beziehungen sind ausgezeichnet und von vielfältiger Art. Natürlich stellen die wirtschaftlichen Beziehungen einen Kernpunkt dar. Seit 2010 gehört Kasachstan zur Schweizer Stimmrechtsgruppe beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der Weltbank. Es gibt regelmässig Besuche auf höchster Ebene in beide Länder. Bundesrat Didier Burkhalter, unser Aussenminister und letztjähriger Bundespräsident (dieses hohe Amt unterliegt in der Schweiz der jährlichen Rotation), stattete im vergangenen November als damaliger OSZE-Vorsitzender dem kasachischen Präsidenten einen Besuch ab. Im Januar dieses Jahres nahm der kasachische Premierminister Karim Massimov am Weltwirtschaftsforum in Davos teil, und anlässlich des Beitritts von Kasachstan zur WTO besuchte der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew mit einer grossen Delegation gerade erst vor einer Woche Genf.

Kasachstan weitet die Visafreiheit aus. Wie bewerten Sie diesen Schritt?

Wir schätzen es und sind dankbar dafür, dass Schweizer Staatsangehörige ab 16.07.15 bis Ende 2017 für 15 Tage visumsfrei in Kasachstan einreisen können. Das bedeutet gewiss eine Erleichterung für unsere Investoren und Touristen.

Wie viele Menschen kommen in die Schweiz, wie viele Visa haben Sie vergeben?

2014 waren es gut 2.000 Visa für Kasachstan und rund 400 Visa für Tadschikistan. Die Zahlen sind in diesem Jahr leicht rückläufig, was möglicherweise mit der Wirtschaftskrise zu tun hat.

In welcher Form wird die Schweiz an der Expo 2017 teilnehmen?

Als einer der ersten Staaten hat die Schweiz dem kasachischen Präsidenten bereits in diesem Frühjahr seine Teilnahme an der erwähnten Expo bestätigt. Mein Land nimmt regelmässig an Weltausstellungen teil, so auch jetzt in Milano. Wir werden in Astana allerdings nicht einen eigenen Pavillon anbringen, denn es ist hier die Gastgeberseite, welche die Ausstellungsplätze für die mitwirkenden Länder baut. So kann sich jeder Staat aussuchen, in welchem Umfang er sich an der Weltausstellung beteiligen will. Die Schweiz ist daran, ein Konzept auszuarbeiten, das zum kasachischen Expo-Thema „Future Energy: Action for Global Sustainability“ passt.
Im Übrigen wird bereits anfangs September eine Delegation von Präsenz Schweiz, in unserem Auswärtigen Amt zuständig für Landeskommunikation und Weltausstellungen, nach Astana reisen, um im offiziellen Rahmen die Schweizer Expo-Teilnahme näher zu erörtern.

Seit wann feiern Sie den Feiertag in der Schweiz?

Seit 1994 wird gesamtschweizerisch am 1. August – in Anlehnung an das überlieferte Gründungsdatum der Eidgenossenschaft anfangs August 1291 – der Bundesfeiertag begangen. Bis dahin war es den Kantonen überlassen, einen Feiertag zuzulassen.
In meinem Kanton Tessin beispielsweise war das immer der Fall. Doch auf Gemeindeebene hat es seit jeher Festveranstaltungen gegeben, häufig mit viel Tradition und Glockengeläut. Ich erinnere mich an Grillabende und Feuerwerke.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Dominik Vorhölter

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