Die Berge rund um Almaty sind ein beliebtes Ausflugsziel. Dazu gehört auch die „Treppe der Gesundheit“, die seit den 1960ern vom Eisstadion Medeo zum gleichnamigen Lawinendamm führt. Nun soll sie restauriert werden. Unser Autor hat jedoch Sorge, ob sie tatsächlich erhalten bleibt.

Eine Nachricht sorgte in der vergangenen Woche im Internet für gewisse Aufregung: Der Bürgermeister von Almaty, Bauyrschan Baibek, verkündete auf seinem Instagram-Profil die Renovierung der bei Almatynern seit Generationen überaus beliebten „Treppe der Gesundheit“. Die Arbeiten sollen bereits in dieser Woche beginnen. Leider kann man sich hier in Almaty nicht immer sicher sein, dass die Rekonstruktion städtebaulicher Denkmäler mit der angemessenen Sorgfalt vonstattengeht. Viele Architekturdenkmäler haben ihre äußere Gestaltung durch fehlgeleitete Instandsetzungsmaßnahmen eingebüßt; nicht wenige wurden einfach dem Erdboden gleichgemacht und sind für immer verloren. Deswegen habe ich mich beeilt, um die legendäre Treppe noch einmal in ihrem sowjetischen Originalzustand zu besichtigen.

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Der Weg dorthin beginnt am Eisstadion Medeo. Seit dem Jahr 1951 wurden hier auf einer Natureisbahn Eisschnelllauf, das im Westen weitgehend unbekannte hockeyähnliche Bandy und andere Sportarten ausgeübt. Geschützt von einem gigantischen, oberhalb gelegenen Staudamm eröffnete im Jahr 1972 das heutige Eisstadion auf einer Höhe von 1711 Metern. Aufgrund zahlreicher Weltrekorde, die hier erreicht wurden, ist es eines der berühmtesten Eisstadien der Welt. Dies mag auch an den hervorragenden Bedingungen liegen: Das salzarme Bergwasser sorgt für besonders gleitbegünstigende Oberflächenstrukturen.

Die Geschichte des Medeo-Lawinendamms hängt eng mit mehreren schrecklichen Katastrophen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen. Zu den schwersten gehört die Schlammlawine von 1921, bei der 500 Menschen im Tal der Kleinen Almatinka verschüttet und weite Teile der Stadt zerstört wurden. Die gigantische Abwehranlage entstand erst zwischen 1966 und 1972 und mit ihr im Jahr 1967 auch jene „Treppe der Gesundheit“. Sie führt vom Eisstadion hoch zur Dammkrone und bietet von der dortigen Aussichtsplattform einen beeindruckenden Blick über das Eisstadion. Bis dorthin sind allerdings ganze 842 Stufen und eine Höhe von rund 150 Metern zu bewältigen.

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Die Mittagssonne brennt herab, von den noch schneebedeckten Bergspitzen bläst mir kalter Wind entgegen. Der Aufstieg ist beschwerlich und ich merke, dass ich unbedingt mehr für meine Fitness tun sollte. Viele andere Ausflügler sind gekommen, schwitzen und schnaufen nach den ersten paar Stufen. Auch einige Familien mit Kindern sind da, um die Treppe zu meistern. Kleine Kinder sind offensichtlich die einzigen, die sich nicht plagen müssen: Sie rennen und springen wie wild und im Spaß Stufe um Stufe nach oben. Meine juvenilen Zeiten sind lange vorbei. Es dauert länger als gedacht, aber auch ich erreiche nach einiger Zeit endlich den markanten Aussichtspunkt des aus Sowjettagen stammenden Ausflugscafés „Lastotschka“ (Schwalbe), welches auch schon bessere Zeiten gesehen hat, und schließlich den oberen Rand des Staubeckens. Immerhin wird man für diese Schinderei mit einem grandiosen Bergpanorama belohnt, und für die Gesundheit war der Aufstieg auf der „Treppe der Gesundheit“ sicherlich auch förderlich.

Den bis heute ungebrochenen Rekord hält übrigens bis heute Marat Schusgenbajew, der im Jahr 1990 die 842 Stufen in unglaublichen drei Minuten und 32 Sekunden bezwang. Dass diese Bestmarke seitdem nicht mehr gebrochen wurde, mag sicherlich auch an dem schlechten Zustand der Treppe liegen. Viele Treppenstufen liegen krumm, Steine sind herausgebrochen. Die Renovierung ist dringend nötig und ein richtiger Schritt. Doch es bleiben die Zweifel, ob dieses Architekturdenkmal als Gesamtkomplex in seiner Erscheinung erhalten werden kann. Die meisten Menschen sehen die Treppe heute wohl allenfalls von der Seilbahn aus, auf ihrem Weg zum Skiresort Schymbulak. Ich allerdings bin zu einem Freund der legendären „Treppe der Gesundheit“ geworden und werde die Renovierungsarbeiten genau im Blick behalten. In Zukunft komme ich öfter – auch der Gesundheit wegen!

Philipp Dippl

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