Jana Iwtschenko ist die Siegerin unseres Schreib- und Videowettbewerbs „Nachhaltiges Zentralasien“ in der Kategorie „Text Schüler“. Für ihren Beitrag hat sie mit Freunden, Bekannten und Fremden über deren Einstellung zur Umwelt gesprochen – und zieht daraus den Schluss, dass ökologische Bildung sich viel stärker auch an die ältere Generation richten sollte.

Umweltkompetenz ist nicht nur eine wichtige, sondern inzwischen auch eine unverzichtbare Fähigkeit, um den Herausforderungen der heutigen Realität zu begegnen. Vieles hängt in dieser schwierigen Zeit für unseren Planeten von ihr ab. Sie entscheidet, ob Menschen durch unachtsame Handlungen zu einer Verschlechterung der natürlichen Bedingungen, der Luft- und Wasserqualität beitragen. Wenn der Großteil der Bevölkerung eines Landes nachlässig mit der Natur umgeht, können bestimmte Regionen schnell zu einer ökologischen Katastrophenzone werden.

Daher ist ökologische Bildung aktuell mehr denn je gefragt, um besagte Umweltkompetenz in der Bevölkerung zu stärken. In Kasachstan wird sie in den Schulen oft als einmaliges Thema – zum Beispiel Abfallrecycling oder Luftverschmutzung – in den Unterricht einbezogen. „Kinder sind die Zukunft“ – ein solches Dogma trägt dazu bei, dass man versucht, die Umweltkompetenz zumeist nur bei der jüngeren Generation zu vervollständigen. Dieser Ansatz ist jedoch mangelhaft. Es ist die Zeit gekommen, in der die Sorge um die Gegenwart viel wichtiger geworden ist.

Umwelt-Skepsis in den älteren Generationen stark ausgeprägt

Ende vergangenen Jahres habe ich eine Umfrage zu dem Thema durchgeführt. Zielgruppe: Menschen im Alter von über 30 Jahren, darunter Bekannte und Fremde. Die Anzahl der Befragten betrug 30 Personen. Das Ergebnis war schockierend:

22 Menschen erklärten, dass sie Umweltproblemen absolut keine Bedeutung beimessen. „Ich glaube nicht an Ökologie“, teilte mir ein Mann vom Spielplatz mit. „Hätte die Erde so viele Milliarden Jahre existiert, wenn wirklich alles so zerbrechlich wäre?“ Ablehnung auch von Seiten einer Verwandten: „Nun, von hier aus kann keine Chemikalie in den Himmel fliegen und ein Loch in die Ozonschicht bohren. Das ist einfach lächerlich“, so ihre Meinung.

Für den Verkäufer eines kleinen Ladens in der Umgebung dagegen ist „die globale Erwärmung nur ein Marketingtrick“. Geschäftsleute sollten dazu gebracht werden, „in neue ‘grüne’ Unternehmen und Produkte zu investieren“, flüsterte der Mann in verschwörerischem Ton. „Ökologie ist keine Wissenschaft, sondern ein Brand“, beklagte sich wiederum eine Freundin meiner Großmutter in belehrendem Ton.

Doch ist es wirklich so, dass diese Menschen ein nachlässiges Verhalten gegenüber der Natur, unserem gemeinsamen Zuhause, befürworten? Zumindest stimmten die Meinungen vieler Befragter mit dem überein, was einer von ihnen ausführlich auf den Punkt brachte: „So viele Jahre lang haben Menschen gefährliche Industrien gegründet, Autos mit Benzin betankt und verschiedene Chemikalien verwendet. Und? Nichts! Die Welt ist trotzdem nicht untergegangen.“ Es ist unnötig zu erwähnen, dass angesichts solcher Aussagen der Indikator für Umweltkompetenz bei der älteren Generation – zumindest jenen Vertretern, die an der Umfrage teilnahmen – fast gegen Null tendiert.

Viele wollen Lebensweise nicht ändern

Was sind die Gründe dafür, dass viele Angehörige der älteren Generation nicht an Ökologie „glauben“? Die Gespräche mit den Befragten lassen erahnen, dass vor allem drei Ursachen dafür verantwortlich sind. Erstens ist da ein mangelndes Bewusstsein für Umweltprobleme, das durch Bildungslücken verursacht und verstärkt wird. Die zweite Ursache geht von der ersten aus: Es ist die selbstverständliche Überzeugung, dass die Welt ewig währt – dass sie vom menschlichen Einfluss isoliert und stets in der Lage ist, sich selbst auf dem aktuellen Niveau kraft ihrer natürlichen Stärke selbst zu regulieren.

Am wichtigsten ist jedoch die dritte Ursache: der Wunsch, die eigene gewohnte Lebensweise zu rechtfertigen, um nichts daran ändern zu müssen. Die Menschen wollen zum Beispiel kein Altpapier zum Recycling abgeben oder keinen Abfall sortieren. Deshalb erklären sie diese Maßnahmen für unsinnig und total nutzlos und werfen weiterhin unterschiedliche Abfälle in einen Müllsack. Das ist sowohl besorgniserregend als auch enttäuschend: Denn ohne eine solche Haltung hätte sich unsere Bevölkerung wohl so wie in anderen Ländern längst daran gewöhnt, Abfälle zu sortieren und zu recyceln. Man stelle sich vor, wie sehr sich unsere ökologische Situation durch solche kleinen, aber folgenreichen Schritte verbessern würde. Die interessantere Frage ist aber, wie viele Chancen zur Verbesserung unserer Lage wir inzwischen bereits verloren haben.

Das Handeln in der Gegenwart entscheidet über die Zukunft

Vieles hängt von der älteren Generation ab. Bedauerlicherweise sind deren Vertreter bei uns in der Überzahl skeptisch gegenüber der Ökologie eingestellt. Dabei haben gerade auch sie dank ihres Alters und ihrer Erfahrungen die Möglichkeit und das Privileg, wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen. Diese Erwachsenen sind unter anderem Eltern, und ihre Kinder und Enkelkinder sind ihrem Einfluss viel stärker ausgesetzt als dem Einfluss des Unterrichts in der ökologischen Bildung. Es ist wahrscheinlicher, dass ein Kind die Ansicht der Eltern, die es für viele Jahre gehört hat, akzeptiert, als dass es von den Ideen durchdrungen wird, die es einmal pro Woche – oder sogar pro Monat – in der Schule hört.

Und die Schlussfolgerung aus alledem? Ökologische Bildung verdient ein größeres Ausmaß, eine größere Reichweite. Sie sollte alle Altersgruppen betreffen, nicht nur Schüler. Und sie muss intensiver sein, um endlich eine positive Wirkung zu erzielen. Am Ende macht es keinen Sinn, auf eine saubere Zukunft ohne ökologische Katastrophen zu hoffen, wenn die Menschen in der Gegenwart nicht glauben, dass ihre Handlungen der Natur in irgendeiner Weise schaden können.

Jana Iwtschenko, 18. Gymnasium in Almaty

Dieser Artikel ist Teil eines Projekts, das vom Institut für Auslandsbeziehungen e. V. aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert wird.
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