Vom 19. bis einschließlich 25. September bot das 11. EURASIA International Film Festival in Almaty neben internationalem Weltkino auch viele Neuerungen und ein umfangreiches Rahmenprogramm.

In Almaty findet heute die Abschlusszeremonie zum 11. EURASIA International Film Festival statt und man darf gespannt sein wer heute Abend unter den Preisträgern zu finden sein wird. Preise werden in den Kategorien „Bester Spielfilm“, „Beste Regie“, „Bester Darsteller“, „Beste Darstellerin“ und „Spezialpreis der Jury“ vergeben.

Rashid Nugmanow, Festivalleiter XI Eurasia | Bild: eurasiaiff.com

Es ist das größte internationale Filmfestival in Kasachstan und steht auf der Liste der FIAPF*-akkreditierten Filmfestivals. Der Fokus liegt, wie der Name schon sagt, auf europäischem und asiatischem Kino. So soll auch die diesjährige Devise „Die große Seidenstraße“ eine symbolische Verbindung zwischen den Kulturen in Ost und West darstellen.

Ähnlich sieht das auch Aristanbek Muchamediuly, Minister für Kultur und Sport der Republik Kasachstan und einer der Gastgeber des Festivals: „Die Filme, die von Regisseuren aller Kontinente dieses Planeten vorgestellt werden, sind die Stimmen verschiedener Kulturen. Sich die Filme des Festivalprogramms anzuschauen ist der beste Weg um die Sichtweise anderer Menschen zu verstehen und sich in ihre Lage zu versetzen. Aus diesen Gründen trägt das Filmfestival EURASIA nicht nur eine wichtige kulturelle, sondern auch eine friedens– und integrationsstiftende Mission, indem es Filmemacher aus verschiedenen Ländern zusammenbringt und zukunftsträchtige Kooperationen vermittelt.“ In der Länderliste finden sich Produktionsländer wie Griechenland, USA, Kanada, Indien, Iran, Kirgisistan, Türkei als auch viele andere.

Die Weltpremiere des Thrillers „Hacker“ von Akan Satayew (2015, USA, Kanada, Kasachstan) eröffnete das Filmfestival. Ansonsten begnügte man sich mit einigen Zentralasien-Premieren und zeigt viele bereits auf anderen Festivals gelaufene Werke. Das dominierende Genre im Wettbewerb-Programm war das Drama, aber auch zwei Fantasy-Produktionen gab es auf der Leinwand zu sehen.

Der neue Direktor ist dem Publikum als einer der Regisseure der „Kasachischen Neuen Welle“ aus den 80er Jahren bekannt, vor allem als Regisseur des beliebten Kultfilms „Igla“ (dt. ‚Die Nadel‘).

Eine seiner Neuerungen ist die Einführung neuer Sektionen außer Konkurrenz. Es laufen nun auch zahlreiche Filme in den Nebensektionen „Kinder– und Jugendfilm“, „Dokumentarfilm“ und „Kurzfilm“.

Der neue Fokus liegt nunmehr auf der Filmindustrie und professionellem Austausch, Interaktion und Kooperation. Das Festival selbst sieht die Neuausrichtung seiner Mission in der Vorstellung, Verbreitung und Popularisierung des kasachischen und zentralasiatischen Kinos und das Gastgeberland Kasachstan als Schnittstelle zwischen europäischem und asiatischem Kino.

Was dieses Jahr noch neu ist, ist das Symbol des Festivals, ein Pfeil und Bogen, statt des Schneeleopards. Auch das Corporate Design und die Website sind neu, so neu, dass man zum Nachteil aller Recherche-Treibenden leider nicht an ein Archiv der alten Editionen des Festivals gedacht hat.

Wie man aus der kasachischen Presse entnehmen kann, waren viele erstaunt über die sichtlichen Veränderungen des Festivals zu den Formaten der Vorjahre. Dieser Wandel ist dem neuen Generaldirektor Raschid Nugmanow zugutezuhalten. Die unzeremonielle Eröffnung des Festivals oder die allgemeine Tendenz zu weniger Glamour oder eingekauften Prominenten waren einige der aufgeführten – und nicht immer für gut befundenen – Punkte. Des Weiteren wurden oft die Einführung der Eintrittspreise und die nur auf Einladung zu besuchende Eröffnungsveranstaltung kritisch beäugt.

Allerdings verlaufen solche organisatorischen Entscheidungen beispielsweise auch bei dem weltgrößten Publikumsfestival, der Berliner ‚Berlinale‘ nicht anders. Dort wird ein Teil der Finanzierung des Festivals ebenfalls über Eintrittsgelder eingespielt. Zum Berlinale Eröffnungsfilm kann die Presse ebenfalls nur auf Einladung gelangen und die Publikumstickets sind sehr begrenzt.

Ferner ist die in Kasachstan noch ungewohnte, in den Kinosälen vonstatten gehende Vermischung von Promis mit normalem Publikum in Berlin schon sehr lange an der Tagesordnung. Mit der Reformierung versucht sich EURASIA allem Anschein nach in die gängigen Strukturen der internationalen Publikumsfestivals einzureihen. So erklären sich auch die niedrigen Besucherzahlen und die oft halbleeren Kinosäle, die dieses Jahr leider häufig zu verzeichnen waren. Veränderungen, ob gewollt oder ungewollt, sind oft schwer umzusetzen. Fachbesucher als auch Publikum an die neuen Umstände heranzuführen dürfte auch für EURASIA ein steiniger Weg werden, der viel strukturelle Nachhaltigkeit einfordert.

Um Zukunftsaussichten ging es auch viel im Rahmenprogramm. Dieses schloss verschiedene Paneldiskussionen und Workshops der Bildungsinitiative „Eurasia Masters“ ein als auch die Business-Plattform „Eurasia Spotlight: Kazakh Next Wave“ – zum Austausch mit potentiellen Investoren, Producern und Partnern aus der Branche. Man konnte sich hierbei mit einigen spannenden Persönlichkeiten der internationalen Filmbranche austauschen wie zum Beispiel der in Berlin ansässigen Produzentin Anna Katchko, dem Regisseur Jawad Sharif aus Pakistan oder dem belgischen Schauspieler Wim Willaert.

Das Forum „Eurasia Meetings“ diente dazu, Entwicklungsprozesse in der nationalen Kinobranche als auch Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren und Kooperationen zu fördern und Entwicklungspotential hervorzuheben. Besonders einzigartig in der internationalen Filmfestivalbranche dürfte eine Sonderreihe mit Roundtable und Paneldiskussion gewesen sein, die sich mit einem zukünftigen „Gesetz zum Film“ beschäftigt hat. Hierbei haben sich kasachische Regierungsvertreter, Filmemacher und Experten zusammengesetzt, um an einem Gesetzesentwurf zur „Unterstützung der nationalen Filmindustrie“ zu arbeiten. Man darf – wie so oft in Kasachstan – gespannt sein auf die Ergebnisse und ihre exekutive Ausführung. Als allgemeines Ziel setzt sich Kasachstan auch in dieser Branche – eine höhere Professionalisierung, höhere kulturelle Leistung auf internationalem Niveau sowie optimierte Organisations– und Produktions– und Dienstleistungsstrukturen im Filmbusiness.

Eine der vielen Neuheiten dieses Jahres war die Fusion der Filmfestivals EURASIA und des Filmfestivals „Zwezda Shakena“ (zu Deutsch: Schakens Stern), wobei das zweite Format ab diesem Jahr unter dem Namen „Sozwezdiye Shakena“ (dt. Schakens Sternbild) läuft und sich mehr auf das zentralasiatische Kino konzentrieren soll. Dieses Profil geht mit der Entwicklung einher, dass in Zentralasien mittlerweile bis zu 150 Filme jährlich produziert werden. Dieses Podium soll geboten werden, um die Entwicklung und Besonderheit dieser Region nach außen wie nach innen zu transportieren. „Allerdings“, betont Asanali Ashimow, der Präsident dieses Filmfestivals, „ wollen wir uns nicht nur auf Zentralasien eingrenzen. Auch in diesem Jahr ist neben Kirgisistan, Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan ein Film aus Aserbaidschan im Wettbewerb.“ Insgesamt konkurrieren zehn zentralasiatische Filme im Wettbewerb. Im nächsten Jahr wünscht sich das Festival Beiträge aus der Türkei, Jakutien, Turkmenistan oder auch Baschkortostan.

Im Wettbewerb ebendieses zentralasiatischen Teils der Festival-Fusion läuft auch ein Drama über das Schicksal von deutschen Siedlern in Aserbaidschan. „Sterben mit Revanche. Briefe aus der Vergangenheit“ (2014, Aserbaidschan, Georgien und Deutschland) von Oktay Mir-Qasim zeichnet, trotz seiner historischen Dimension, ein auch gegenwärtig bedeutsames Szenario von Migration, Rückkehr und Versöhnung. Der vielfache Preisträger aus Baku, Oktay Mir-Qasim, ist momentan im Rahmen des Festivals in Almaty zu Gast. Das Deutsche Haus veranstaltete am 23. September eine Sondervorführung seines Films in seiner Anwesenheit. Auf einen Artikel zum Film und dem anschließenden Gespräch mit dem Regiesseur kann man sich in einer der kommenden Ausgaben der DAZ freuen.

* Fédération Internationale des Associations de Producteurs de Films (NRO zur internationalen Interessensvertretung von Filmproduzenten)

Julia Boxler

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