Von wegen „Go West“! Viele Studenten aus Kasachstan kommen zwar für ein oder mehrere Auslandssemester nach Deutschland. Es gibt aber auch Deutsche, wie Christian Alggad (24) und Maren Frank (22), die in Kasachstan studieren. Derzeit verbringen die beiden ein Semester an der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) in Almaty.

/Bild: Antonie Rietzschel. ‚Christian und Maren aus Tübingen kombinieren an der DKU Forschung und Studium.’/

Ihr studiert Ethnologie im beschaulichen Tübingen. Gefällt euch eine Millionenstadt wie Almaty?

Maren: Almaty ist die erste Großstadt, in der ich lebe. Zum Glück gibt es hier viele Parks, die das Stadtbild auflockern und in denen man sich von dem hohen Verkehrsaufkommen zurückziehen kann.

Christian: Das mit den vielen Autos stimmt. Allerdings gibt es auch viel mehr Taxis als in Deutschland, die auch viel günstiger sind – somit ist man hier immer mobil.

Was sind so eure Erfahrungen mit den Taxifahrern hier?

Christian: Viele sind lustig und packen mit Begeisterung ihr Grundschuldeutsch oder Lieder wie „1,2 Polizei…“ aus, wenn sie bemerken, dass ich aus Deutschland bin.

Maren: Ja, begeistert sind die meisten. Ich darf mir dann häufig Lobeshymnen auf deutsche Automarken wie BMW anhören.

Wie wird man denn sonst als Deutscher hier wahrgenommen?

Christian: Als Fußballmensch – ich bin allerdings kein Fußballfan, so dass ich manchmal Einladungen zum gemeinsamen Fußballspielen ausschlagen muss.

Maren: Kasachen verhalten sich meiner Erfahrung nach Fremden gegenüber generell gastfreundlich. Wenn ich dann noch versuche, meine Kasachischkenntnisse anzuwenden, geht ihnen das Herz auf.

Kommt man denn ohne Kasachisch hier in Almaty durch?

Maren: Ja, das schon – wenn man Russisch beherrscht. Ich kann es aber nicht. Turksprachen, wie das Türkische, können allerdings auch sehr hilfreich sein, weil man sich dann doch irgendwie verständlich machen kann.

Ihr seid beide nach Almaty gekommen, um zu forschen. Worum dreht sich eure Forschung?

Christian: Mich interessiert der Wandel der Herangehensweise an die Idee des Studierens hier in Kasachstan. Dazu möchte ich die heutige und die Elterngeneration befragen.

Maren: Ich untersuche, wie Krankheit und Gesundheit hier in der Gesellschaft definiert und konzeptualisiert werden. Es ist aber recht schwierig, da Almaty sehr europäisch ist – um die kasachische Kultur kennenzulernen, muss man aufs Land
fahren.

Habt ihr denn auch Kontakt zu Einheimischen?

Maren: Ich wohne bei einer Gastfamilie, was mir den Kontakt zu Einheimischen erleichtert.

Christian: Außer mit Taxifahrern und meinen Kommilitonen kam ich bisher mit fast keinem Almatyner in Kontakt.

Neben eurer Forschung studiert ihr auch an der DKU. Wie gehen eure Kommilitonen ans Studium heran?

Christian: Sie organisieren sich nicht so selbstständig wie Studenten in Deutschland. Das meiste kommt von oben. Darunter leidet natürlich das Studentenleben, wie wir es kennen. Es erinnert mich eher an meine Schulzeit.

Maren: Ich finde es hier auch sehr verschult, da es eben sehr wenig Selbstarbeit gibt. Viele Studenten sind ja auch erst 17, also in einem Alter, in welchem man in Deutschland durchaus noch die Schule besucht.

In einem Auslandssemester lernt man ja nicht nur an der Uni. Gibt es ein Lieblingswort, das ihr hier gelernt habt?

Maren: „Ужас“, das sagen die Frauen hier immer.

Christian: Meines ist „Братан“, mit dem sich hier die Jungs häufig begrüßen.

Interview: Vinzenz Greiner

Anmerkungen:
– „Ужас“ bedeutet „Schrecken“. Es wird im Sinne von „ach du Schreck!“ verwendet.
– „Братан“ leitet sich vom Wort „Брат“ ab, welches „Bruder“ bedeutet. In Zentralasien bezeichnen sich gute Freunde als Brüder.

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