Am 1. März 2017 feierte Kasachstan zum zweiten Mal den Tag der ‚Dankbarkeit‘. Von Präsident Nursultan Nasarbajew initiiert, dient dieser Feiertag dem Dank aller ethnischen Gruppen gegenüber einander und gegenüber den Kasachen. Denn als man ca. 1.5 Millionen Deportierte unterschiedlicher Ethnien auf Anordnung Stalins in der kasachischen Steppe aussetzte, waren es die dort lebenden Kasachen, welche die Fremden aufnahmen und so ihr Überleben sicherten.

In Erinnerung an diese bewegende gemeinsame Geschichte eröffnete das Nationalarchiv in Almaty am 28. Februar eine kleine Ausstellung. Zu sehen sind historische Fotografien und Dokumente, welche die Anfänge der multiethnischen Zusammensetzung der kasachstanischen Bevölkerung zwischen 1941 und 1945 erzählen. Anschließend lud der Runde Tisch Mitglieder der Vollversammlung der Völker Kasachstans, Vertreter der Botschaften in Almaty sowie kultureller und historischer Institutionen zum Diskurs. Anwesend waren außerdem Universitätsangehörige sowie Studenten.

Kurt gegen den Hunger

In seiner Begrüßungsrede sprach Boris Dschaparow, Direktor des Nationalarchivs, von weltweiten Konflikten und den damit einhergehenden Migrationswellen als aktuellen weltpolitischen Herausforderungen. Umso mehr setze der Tag der Dankbarkeit ein wichtiges Zeichen, dass Freundschaft zwischen den Völkern eines Landes möglich sei und gepflegt werden müsse.

Dschaparow illustrierte dies mit einer berührenden Geschichte aus Alzhir, dem Arbeitslager für weibliche Gefangene. Damals wurden diese von den Anwohnern mit etwas beworfen, was die Frauen für Steine hielten. Es stellte sich jedoch heraus, dass es Kurt war – nahrhafte Kugeln aus getrockneter Sauermilch, womit sie die Gefangenen teilweise vor dem Verhungern retteten.

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Anschließend zeigt eine kurze TV-Dokumentation aus dem Vorjahr neben historischen Ausführungen, Ausschnitte der Festlichkeiten in Astana, bei denen auch Präsident Nasarbajew zugegen war. Er sprach von persönlicher Erfahrung und davon, dass für die kasachische Bevölkerung, teilweise selbst notleidend, die Aufnahme der Fremden durchaus nicht einfach war. Aus diesem Grund gebühre ihnen Dank.

„Bedürfnis nach Unabhängigkeit“

Im weiteren Programm ergriffen Vertreter unterschiedlicher Minderheiten in Kasachstan das Wort. So sprach der polnische Vertreter, Oleg Tscherwinski, von dem Bedürfnis nach Unabhängigkeit, das das polnische und kasachische Volk gemein hätten.

Dass hier tausende Menschen ein neues Heimatland gefunden und lieben gelernt haben, erzählte Wladimir Denisjuk. Denn „so einen Himmel wie hier, gibt es nirgendwo. Dieses Blau ist einzigartig.“ Der Vertreter der Kasachstanischen Vereinigung ehemaliger faschistischer Kriegsgefangener sowie weitere acht Anwesende waren einst minderjährige Häftlinge im Außenarbeitslager Bromberg-Brahnau des KZ Stutthof in Ostpreußen.

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Der Grund für das Zusammenkommen der verschiedenen Völker in Kasachstan ist tragisch. Doch sollte dieser Tag auch der Erinnerung an das dienen, was sich Gutes daraus entwickelt hat, forderte der griechische Vertreter Georgi Iordanidi. Alle lernten voneinander und trugen so zu einer fruchtbaren Entwicklung dieses Landes auf sämtlichen Gebieten bei.

Den Abschluss bildete ein Kulturprogramm. Ein kasachisches Gedicht, ein ukrainisches Volkslied und ein uigurischer Tanz zeugten unter anderem von dem kulturellen ethnischen Reichtum Kasachstans. Diesen zu bewahren, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Aufgabe. Am Tag der Dankbarkeit sollten wir uns dessen bewusst werden.

Ina Hildebrandt

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