„Nur Fliegen ist schöner!“, so heißt es. Stimmt aber gar nicht. Jedenfalls, wenn wir vom Fliegen im Flugzeug sprechen. Das fängt schon damit an, dass man ewig früh aufstehen muss, weil man viel zu früh am Flughafen sein muss, um den ganzen Check-in-Trallala abzuwickeln.

Aber der „Check In“ geht ja meist noch, etwas lästiger ist der „Security Check“, irgendwie ist doch immer noch was im Handgepäck, was da nicht reingehört und was ich wegschmeißen muss. Na, und wenn man das Schlange stehen hinter sich hat, wartet man auf das Boarding, und bis man dann endlich in seinem Sitz sitzt, vergeht wiederum eine ganze Weile, die man nutzlos vergeudet.

Die Sitze sind dann immer viel zu eng, von allen Seiten stupsen andere Passagiere, besonders nervig ist das Gestupse vom Hintermann gegen den Sitz. Und der ständige Lärm, immerzu Durchsagen in verschiedenen Sprachen und das Getöse vom Flugzeug. Wenn wenigstens das Essen lecker wäre! Und das ist nur der übliche Wahnsinn. Jetzt kommt erst der wahre Horror.

Zuletzt der Flug aus Washington. Ganze 39 Stunden habe ich gebraucht, um von Tür zu Tür zu gelangen. Ja, da staunen Sie! Und ich hatte den Ärger. Das fing in Washington mit einer Verspätung von sechs Stunden an. Na, das ist eigentlich nicht so viel, hatte ich doch schon mal 29 Stunden in Omsk festgesessen. Aber das war etwas ganz anderes. Das war gelebte Landeskunde. Etwas, das man seinen Kindern und Enkeln später noch erzählt. Das klingt schon anders: „Damals, als ich im Winter in Russland 29 Stunden festsaß…“ Und jetzt hören Sie sich mal den folgenden Satz an: „Damals, als ich sechs Stunden in Washington festsaß…“ – wirkt einfach nicht.

Aber die Geschichte geht noch weiter. Denn irgendwie müssen wir ja auf die 39 Stunden kommen. Das war eigentlich ganz banal. Ich habe meinen Anschlussflug in Madrid verpasst, weil ich noch mal den kompletten Security-Kladderadatsch durch- und mitmachen musste, und der nächste Flug ging erst am darauf folgenden Tag. Immerhin wurde uns allen eine Hotelübernachtung spendiert. Da hole ich allen Service raus, der da rauszuholen ist, schwor ich mir. Leider gab es da fast nichts zu holen, kein Wellnessbereich mit Sauna, Pool und Massagen. Wenigstens die Minibar wollte ich leer trinken, da war aber gar nichts drin. Nach einer unspektakulären Nacht, aus der kein Fünkchen Anekdote rauszuholen ist, ging es am nächsten Tag weiter mit der Überraschung, dass der mir zugewiesene Sitzplatz im Flugzeug schon vergeben war, was mich zunächst gar nicht wunderte, aber dann sehr freute, weil ich somit in der Business Class fliegen durfte, hurra!

Jetzt würde sich das Blatt wenden, das erste Mal in meinem Leben Business Class! Lachsschnittchen und Champagner würde ich bestellen, in rauen Mengen. Und alles, was es sonst noch tolles hinter den Business-Class-Vorhängen gibt, was ich sonst nie sah, weil ich immer Economy flog. Komisch war, dass meine Abteilgenossen nicht so aufgeregt waren wie ich, aber sie wussten schon, was ich noch nicht wusste – dass da nämlich nichts war mit Lachs und Champagner. Die normale Stewardess kam mit dem normalen Imbiss-Wagen vorbei, der die normalen eingeschweißten Snacks zu unnormal hohen Preisen feilbot.
Was gabs sonst? Na, immerhin Beinfreiheit. Jetzt hätte man meinen sollen, wenigstens das Gestupse hört in der 1. Klasse auf, da man meinen sollte, die Leute hinter einem hätten genauso viel Beinfreiheit wie man selbst. Aber nein, auch das gab es in der Business Class. Wie wohl die Business-Class-Toilette ausgestattet wäre, ich war schon ganz neugierig. Aber auch die war normal im Economy-Stil eingerichtet und wurde auch zu allem Überfluss von den Economy-Passagieren benutzt. Wie gut, dass ich kein Geld für diese Klasse bezahlt habe.
Sie sehen, Fliegen ist wirklich kein Vergnügen, nicht mal in der Business Class, fahren Sie lieber Zug!

Julia Siebert

11/01/08

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