Nach Interviews mit seiner Oma Fachriniso Chakimschonowa hat Bachowaddin Chakimschonow (16, Tchudschand) deren Porträt im Rahmen des Projekts “Frag deine Oma“ niedergeschrieben.

„Ich denke, in meinem Leben geschah alles aus einem gewissen Grund und das ist auch gut so“. Die 75 jährige Fachriniso Chakimschonowa nimmt einen großen Schluck aus ihrer Tasse und lehnt sich gedankenversunken in ihren Stuhl, auf dem sie immer sitzt, zurück.

„Ich kann stundenlang über mein Leben und über die Ereignisse, die mir passiert sind erzählen“, sagt Fachriniso. Sie ist im Jahre 1941 in Tchudschand (Tadschikistan) geboren. Ihre Familie besaß ein großes Haus außerhalb der Stadt. „In diesem Haus spielte sich mein ganzes Leben ab“, sagt sie, da ihr späterer Mann, mit dem sie ihr ganzes Leben verbringen sollte, nur fünf Fußminuten entfernt von ihrem Haus lebte.

Als sie sieben Jahre alt war, begann sie in die Schule zu gehen. „Die sowjetischen Schulen waren nicht ganz so wie die von heute“, – sagt sie. Alle Bücher waren in ihrer Zeit auf Russisch, denn jeder sollte diese Sprache können. Außerdem besuchte man die Schule nur maximal zehn Jahre. Sie selbst aber beendete die Schule nicht.

Als sie noch zur Grundschule ging, starb ihre Mutter an einer Krankheit. Fachriniso musste sich um zwei kleinere Brüder kümmern, von denen einer damals sogar noch ein kleines Baby war. Ihr Vater musste viel arbeiten, um die Kinder versorgen zu können. Also gab es niemanden, der sich um die Kinder hätte kümmern können. Darum musste sie nach der vierten Klasse die Schule verlassen.

Es gab auch schon früher eine Schulpflicht, aber damals war man damit nicht so streng. Mit 18 Jahren heiratete sie ihren Mann Ikrom. Zu dieser Zeit waren sie beide berufstätig. Weil Fachriniso ihre Schule nicht beendet und damit keinen richtigen Abschluss hatte, gab es auch keinen richtigen Beruf, den sie hätte ausüben und auf den sie sich hätte spezialisieren können.
„Als was habe ich noch nicht gearbeitet?!“ – sagt sie heute lächelnd. Aber in ihrem Gesicht kann man bei genauerem Hinsehen eine gewisse Traurigkeit erkennen. 1956 begann sie als Weberin zu arbeiten. Danach arbeitete sie bei einer Telefonverbindungsstelle, in der Landwirtschaft, auf einer Geflügelfarm usw., bis sie sich 1996 dann allmählich zur Ruhe setzte. 40 Jahre lang hat sie die verschiedensten Arbeiten ausgeübt – das verdient viel Respekt. Mittlerweile ist sie Rentnerin und hat nun sehr viel Freizeit. Fachriniso hat einen schönen Garten, in dem sie jeden Tag knapp eine Stunde arbeitet. Ihre Beschäftigung liegt nun darin, ihn von Tag zu Tag schöner zu machen. „Mehr kann ich jetzt nicht mehr machen. Die Gesundheit lässt es leider nicht mehr zu“, – seufzt die 75jährige.

Sie besitzt aber eine große Familie, die vier Kinder, zwölf Enkel und 18 Urenkel umfasst. Drei der Enkeln sind in ihrem Haus mit aufgewachsen, das ist die nächste Generation. Sie sind schon verheiratet und haben bereits Kinder. Drei Urenkelinnen wohnen jetzt mit in ihrem Haus. Sie hat somit drei Generationen mit aufgezogen.

In ihrer Freizeit verbringt Fachriniso viel Zeit mit ihren Urenkeln. Außerdem liebt sie es zu lesen, auch wenn die Augen nicht mehr ganz so wollen. „Was ich in meinem Leben immer noch bedauere, ist, dass ich die Schule zu früh beendet habe. Ich weiß, dass ich das damals musste, denn schließlich hatte ich keine Wahl, aber Lernen ist eine Sache, die man in der Kindheit erlernen muss“, – sagt Fachriniso mit tiefem Bedauern.

Sie setzt ihren Gedanken fort und meint, dass es so wohl so sein musste. „So war es für mich vielleicht sogar besser“. Sie findet ihr Schicksal trotzdem wunderbar, weil sie jetzt wunderbare Kinder, Enkel und Urenkel hat und jeder Moment, den sie mit ihrer Familie teilt ihr das Gefühl gibt, der glücklichste Mensch auf der Welt zu sein.

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