Das Projekt „Kazakhstan Revenue Watch“ plant die soziale Umschichtung der Millardengewinne im Ölgeschäft. Die dazugehörige Veranstaltungsserie „Barrel.kz“ beleuchtet das Thema „Öl“ aus journalistischer wie künstlerischer Perspektive

Die Webseite von „Kazakhstan Revenue Watch“, ein Projekt der Soros-Stiftung, ist ein professionell aufgemachtes, weitverzweigtes Informationsplateau: Indikatoren der Wirtschaft in Kasachstan 2005 werden vorgestellt, es gibt Meldungen über Exportzahlen und Budgetumfänge. Wer will, kann sich darüber hinaus ein über 200 Seiten schweres Konzeptpapier runterladen. Eine ausufernde Linkliste benennt Unternehmen und Organisationen, die mit Kasachstans Ölgeschäft verbunden sind. Und schließlich gibt es die Möglichkeit, ein Buch anzuklicken, das in die informellen Verdienstsstrukturen der hiesigen Ölindustrie vordringt.

„Kaspische Öleinnahmen: Wer profitiert?“ fragt der Titel dieses Buches rhetorisch. Die Antwort liegt den Organisatoren des Projekts zufolge auf der Hand: die Ölmagnaten, die großen Trusts und jene kaum zugängliche Sphäre, die man „informell“ nennt. Eine Schattenwelt also, in die erstmals der Journalist Sergej Duwanow hineinleuchtete, als er 2002 den Weg von veruntreuten Ölgewinnen der Präsidentenfamilie bis in die Schweiz nach verfolgen konnte. „Kazakhgate“, wie lokale Oppositionszeitungen den Skandal von da an nannten, ist inzwischen Geschichte, eine Art Gründungserfolg des investigativen Journalismus in Kasachstan, der auch in Europa von sich reden machte.

„Kazakhstan Revenue Watch“ ist dagegen ein gemeinschaftlicheres und größer wie systematischer aufgezogeneres Projekt. Man wagt sich nicht halsbrecherisch in klandestine Strukturen, wie der Journalist Duwanow, sondern schreibt aus der Distanz über sie, stellt sachlich und nüchtern Tabellen auf, in denen die Millardengewinne aus der kaspischen Ölförderregion verzeichnet sind.

Wohin sie fließen, wissen die wenigsten, und deshalb fordern die Organisatoren von „Ka-zakhstan Revenue Watch“ mehr Transparenz im Ölgeschäft. „Wir wollen sicher sein“, heißt es in dem Vorwort des Buches, „dass die Gewinne aus dem Export und Transport der Naturressourcen zum Vorteil der Öffentlichkeit eingesetzt werden – zum Beispiel zur Beseitigung der Armut, für die Bildungsreform, zur Verbesserung der Qualität im Gesundheitssystem und zur Lösung anderer sozialer Probleme.“

Das alles klingt vernünftig und richtig, doch wie das Projekt auf das Ölgeschäft tatsächlich Einfluss nehmen kann und will, bleibt im Dunkeln. Konkreter und im mikrogesellschaftlichen Bereich vermutlich wirksamer ist da das Tochterprojekt „Barrel.kz“ von „Kazakhstan Revenue Watch“. Der Titel zeugt von kasachischem Witz, denn das englische Wort „Barrel“ lässt sich zerlegen in das kasachische „bar el“, was soviel heißt wie „ganze Welt“, „ganzes Volk“.

Womit die angestrebten Besitzverhältnisse zumindest sprachlich hergestellt wären. Konkret geht es bei „Barrel.kz“ um eine im nächsten Jahr beginnende Veranstaltungsreihe, die an der Schnittstelle von Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft das Thema „Öl“ beleuchten soll. Nicht zuletzt aus einem Bereich, der in Kasachstan zurecht als vernachlässigt, wenn nicht als schlicht abwesend gilt: dem Kulturjournalismus. Rauschan Makatowa, Koordinatorin im Soros Zentrum für zeitgenössische Kunst von Almaty (CCCA), hat hier die Initiative übernommen. Geplant ist eine Seminarreihe, in der u.a. Journalisten aus Moskau eingeladen werden, die bereits professionell zum Thema Öl gearbeitet haben.

„Hierzulande spezialisiert sich kaum jemand auf Kulturthemen“, sagt Makatowa. „Man schreibt über verschiedene Sachen, fährt auf eine Ausstellung, besucht politische Versammlungen, und was dabei herauskommt, ist leider oft unprofessionell und oberflächlich.“ Die Suche nach geeigneten Teilnehmern, die es besser machen können, beginnt schon jetzt: Studenten mit journalistischen Vorerfahrungen, etwa von der Fakultät Kino und Fernsehen, an der Fernsehsprecher und -redakteure ausgebildet werden. Auch Künstler sollen eingeladen werden, erzählt Makatowa. Deren Arbeiten zum Thema Öl werden am Ende der Reihe im Rahmen einer Pressekonferenz im Presseclub von Almaty ausgestellt, die beste journalistische Arbeit wird prämiert. Wenn Sergej Duwanow den Preis aushändigt, würde sich der Kreis eigentlich ganz schön schließen.

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