Wie fühlt sich ein Gletscher im Badehaus? Das Schmelzen der Zentralasiatischen Gletscher wurde in einem alten Sowjetischen Badehaus im Herzen Almatys audiovisuell erlebbar. Mit der Soundinstallation in der Arasan-Sauna fand eine von vielen Projektveranstaltungen statt.

Das Tropfen, Plätschern und Krachen des Eises war überall zu hören, vor allem bei der Soundinstallation der Preisträgerin Soja Falkowa, die eine Kakophonie erzeugte, um die Besucher wachzurütteln. Diese staunten nicht schlecht, als sie mit Handtüchern und Birkenwedel auf dem Weg in die Sauna bewaffnet, den vielfältigen nachdenklichen aber auch humorvollen Kunstwerken zu begegneten: Es waren Blechberge unter dem Titel „Pik Stalin, Pik Lenin“ zu sehen, und wunderbare meditative Musik von Andi Teichmann, verbunden mit einer Performance mit Kühlschrank und Gong, von Alois Späth zu hören. Warum das Ganze?

Symbiose von Wissenschaft und Kunst

Das Schmelzen der Gletscher ist eine greifbare und darstellbare, intuitiv und kognitiv erfassbare Konsequenz des fortschreitenden globalen Klimawandels. Auf dieses Problem der Gletscherschmelze haben die Goethe-Institute Taschkent und Almaty mit ihrem Projekt „Gletschermusik“ aufmerksam gemacht. Es ging darum, die Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft zu nutzen, mit verschiedenen Akteuren dieser Bereiche zusammenzuarbeiten, um neue Perspektiven für ungewöhnliche Wege zu finden.  Dabei wurden aufgezeichnete Töne der schmelzenden Gletscher für verschiedenartige Festivals, Wettbewerbe, Konzerte, Skulptur, Bild- und Klangkunst verarbeitet.

Im September 2012 wurde das Projekt „Gletschermusik“ mit einer multimedialen Musikinstallation in den vier Städten Taschkent, Duschanbe, Almaty und Bischkek eröffnet. Der deutsche Medienkünstler Lillewan und der usbekische Komponist und Dirigent Artjom Kim griffen mit dem Ensemble „Omnibus“ in ihrer Installation die Gletschergeräusche auf und nutzten das Eis als Inspiration für Videokunst und als Projektionsfläche.

Das Projekt förderte dabei den Austausch zwischen Kunst und Wissenschaft und trug das Problem durch Ausstellungen und Schulmaterialien in die Schulen. Dafür  wurden Ende Juli 2012 im Rahmen einer Expedition zum Tujuksu-Gletscher in Kasachstan Originaltöne von einem schmelzenden Gletscher aufgenommen.

Gletschermusik weckte Aufmerksamkeit

Die Geräusche von knackendem Eis dienten als Grundlage für zahlreiche Kunstprojekte.

Dr. Charlotte Streck, wissenschaftliche Leiterin, bereitete verständlich und eindringlich die Hintergründe der Gletscherschmelze auf. Eine Sauna-Besucherin lobte im Gästebuch den harmonischen Dialog von Wissenschaft und Kunst, den sie bei diesem Projekt des Goethe-Instituts entdeckt hatte. Und eine andere Sauna-Besucherin wünschte, der Gletscher möge noch viel lauter brüllen, als hier in der Sauna zu hören gewesen sei, damit alle auf das Sterben der Gletscher aufmerksam würden. Zwei Stimmen, von ca. 2500 Besuchern aus Kirgisistan und Kasachstan.

In Bischkek begeisterte die Koreanerin Soojin Anjou mit Klavierkunst des New Yorker Komponisten Morten Subotnick verbunden mit  der Videokunst des künstlerischen Leiters des Projekts, Lillevan. Der traditionelle Musiker Askat ergänzte mit seiner nomadischen Flötenmusik die elektronischen Klänge der Teichmannbrüder. Die Karikaturen von Nicolas Journoud inspirierten vor allem Kinder.

Multibler Zugang zum Problem

Parallel hierzu fanden Symposien statt, an denen Künstler und Wissenschaftler gemeinsam teilnahmen und Projektideen entwickelten. Die Gletscherklänge bildeten auch die Grundlage für weitere Inszenierungen durch auditive und visuelle Künstler. Im Open Call sind junge Künstler aus Zentralasien dazu aufgerufen, die Gletschertöne aufzugreifen und kreativ in Kunstwerke umzusetzen. Internationale Konferenz – Klimawandel und Gletscherschmelze: Erkenntnisse und Ausdrucksformen von einem globalen Phänomen. Das Goethe-Institut Taschkent richtete eine praktisch-wissenschaftliche Konferenz aus, die fast 100 Wissenschaftler, Künstler und Umweltaktivisten aus Usbekistan, Kirgisien, Kasachstan, Tadschikistan und Deutschland zusammenbrachte. Im Frühsommer 2013 fand das „Gletschermusik“-Projekt einen weiteren  Höhepunkt in einem Festival, welches hintereinander die Städte Bischkek, Duschanbe, Almaty und Taschkent bespielte.

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