Einige Kilometer außerhalb Almatys haben sich Menschen mit viel Enthusiasmus der Erhaltung der einheimischen Greifvogelarten verschrieben. In der Greifvogelzuchtstation „Sunkar“ haben Steppenadler, verschiedene Falkenarten und sogar ein Geier ein Zuhause gefunden.

Ein Steppenadler sitzt majestätisch auf seinem Baumstumpf und lässt den Blick über den Himmel schweifen. Plötzlich richten alle Vögel ihren Blick gen Himmel und beobachten gespannt etwas, was für das menschliche Auge nicht zu erkennen ist. In der Greifvogelaufzuchtstation „Sunkar“ kann man wilde Adler, Falken und Uhus hautnah erleben. Mit dem Bus in kurzer Zeit zu erreichen, liegt die Station gleich hinter dem Eingang in den Nationalpark in Richtung des Kurortes Alma Arasan. Ein schweres Tor verbirgt das Gelände zuerst vor den Augen der Besucher, dahinter öffnet sich jedoch ein weiter Platz, an dessen Ende das Haupthaus der Station liegt. An beiden Seiten stehen Käfige und Volieren, in denen unterschiedliche Greifvögel sitzen. Hinter dem Haupthaus befindet sich noch die Brutstation, diese ist jedoch nicht für Besucher zugänglich. Die Aufzuchtstation „Sunkar“ bietet aber nicht nur das Erlebnis, wilde Adler, Uhus und arabische Jagdfalken aus der Nähe zu betrachten, man kann auch ein paar erholsame Tage bei Danira Manwijewa, der Verwalterin, verbringen und die Station als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung nutzen. „Wir freuen uns immer, wenn Besucher auch an unseren Tieren interessiert sind. Ich mache gerne Führungen für alle, die etwas über die kasachische Tierwelt erfahren möchten“, sagt sie. Die Station finanziert sich einerseits aus den Einnahmen der Zimmervermietung, andererseits aus dem Verkauf von Greifvögeln und Hunden. Sie wurde vor etwa 15 Jahren von kasachischen Vogelliebhabern gegründet. Im Moment befindet sich ein zweites Pensionhaus im Bau, und für nächstes Jahr laufen Vorbereitungen, eine kleine Greifvogel-Flugshow für die Besucher zu veranstalten.
Ein Pensionsgast, der zufällig in der Station ist, gibt ebenfalls bereitwillig Auskunft – noch dazu auf Deutsch: Ralf Pfeffer ist Russlanddeutscher und hat seinen Lebensmittelpunkt inzwischen nach Deutschland verlegt. Allerdings ist er dort nur etwa vier Monate im Jahr, die restliche Zeit verbringt er in Kasachstan, Kambodscha und der ehemaligen GUS. „Ich bin etwa zweimal im Jahr in der Station, für einen Ornithologen wie mich ist das hier ideal. Ich kann die Vögel hautnah studieren, oder sie in den umliegenden Bergen in freier Wildbahn beobachten“, erklärt er. Er hat die Station mitbegründet. Dadurch weiß er viel zu erzählen über die Vögel, die in der Station leben. Nicht nur einheimische Arten haben hier ein neues Zuhause gefunden, auch Greifvögel aus Europa werden zur Zucht verwendet, oder genießen hier ihren Lebensabend, wie der einflügelige Geier, der in der freien Natur keine Überlebenschance mehr hätte.

Tierisch menschliches Balzverhalten

Das Nachzüchten von Greifvögeln klingt einfacher, als es ist: „Die Weibchen werden von klein auf an den Menschen gewöhnt, sie müssen uns für ihren Balzpartner halten“, erklärt Pfeffer. Weibliche Greifvögel werden normalerweise von den Männchen, den „Terzeln“, in Balzstimmung gebracht, üblicherweise durch bestimmte Paarungsrufe und das Anbieten von Futter. Bei Zuchtvögeln übernimmt der Mensch diese Aufgabe. Ralf Pfeffer macht es vor: Er nimmt ein Stück Fleisch in die Hand, beugt sich nahe an den Käfig, hält es dem Weibchen hin und stößt eine Art hellen Ruf aus. Die Reaktion folgt prompt: Die angesprochene Vogeldame fliegt sofort an das Käfiggitter und sperrt den Schnabel weit auf. Diesmal wird sie jedoch leider von ihrem menschlichen Balzpartner enttäuscht, der Vorführungszweck ist erfüllt, und Pfeffer wendet sich einer Voliere mit jungen Männchen zu. Diese werden Terzel (lat. tertius = der dritte) genannt, weil sie um ein Drittel kleiner sind als ihre Weibchen, in der Greifvogelwelt regiert anscheinend das Matriarchat.

Die Terzel haben ebenfalls einen Zuchtauftrag zu erfüllen, allerdings kommen sie nie in die Nähe eines Weibchens, ihr Sperma wird entnommen und die Eier der Weibchen damit befruchtet. Auch hier übernimmt der Züchter also alle notwendigen Aufgaben. Die Jungvögel finden Absatz in der ganzen Welt, vor allem die arabischen Jagdfalken, die teuerste und exklusivste Vogelrasse der Welt – und auch eine der schnellsten: Die schlanken Vögel erreichen eine Geschwindigkeit von 400 km/h im Horizontalflug. Aber nicht nur zu kommerziellen Zwecken wird gezüchtet, sondern auch zur Arterhaltung. „Der asiatische Uhu war in Zentralasien schon fast ausgestorben, er wurde vor allem wegen seiner Federn gejagt“, erklärt Pfeffer. Diese dienten als schmückende Verzierung oder auch – einem alten Aberglauben folgend – als Schutz gegen böse Geister. Nach intensiven Bemühungen seitens der Umweltschützer sind diese Vögel jetzt wieder sehr zahlreich in Kasachstan.

Flinke Wolfsjäger

Ein weiteres Standbein der Aufzuchtstation ist eine Hundezucht. Es handelt sich dabei um eine der ältesten Windhunderassen der Welt, den Tasy. Diese dem Saluki ähnlichen Hunde existieren schon seit fast 5000 Jahren. Tasy sind Jagdhunde, zur Beute der zart anmutenden Tiere gehören Pelztiere, Füchse und– man glaubt es kaum – auch Wölfe. „Drei bis vier Tasy können einen Wolf zur Strecke bringen“, sagt Pfeffer. Die Welpen werden sogar nach Deutschland verkauft, wo die ruhigen, freundlichen Hunde sich immer größerer Beliebtheit erfreuen – Pfeffer besitzt selbst ein Exemplar. Auch der kasachische Alabai-Schäferhund wird hier gezüchtet, der riesige Hund wirkt furchteinflößend, besticht aber durch ein sehr anhängliches Wesen. Die Hunde freuen sich sehr über Besucher, jeder Neuankömmling wird schwanzwedelnd begrüßt. Ein Abstecher in die Station lohnt sich also auf jeden Fall, nicht nur für Vogelfreunde.

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Kontakt: Danira Manwijewa, Tel.: 553076

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09/12/05

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