Seit zwei Jahren sendet „Radio Sloschnaja Kompanija“ aus Speyer weltweit russischen Hiphop

„Das ist eine Lebenseinstellung“, sagt Thorsten Leissing. Der 25-jährige Sozialpädagoge hat eine Diplomarbeit zur Hiphop-Szene in Deutschland verfasst und sich Gedanken gemacht über ihre Bedeutung für die Jugendkultur. Hiphop steht auch bei jugendlichen Aussiedlern hoch im Kurs.

Sozialwissenschaftler bezeichnen sie als „identitätsstiftende Musik“ junger Leute aus Russland oder Kasachstan. Doch Hiphop ist mehr als nur Musik.

Sonntags 19 Uhr meldet sich „Radio Sloschnaja Kompanija“ aus Speyer. Dass die Sendung mit russischem Hiphop aus einer Stadt im Bundesland Rheinland-Pfalz kommt, ist eigentlich gleichgültig, denn sie kann zeitgleich weltweit gehört werden. Eine Gruppe russlanddeutscher

Jugendlicher hatte vor zwei Jahren die Idee, russische und eigene Produktionen per Internetradio vorzustellen. Inzwischen ist „Radio Sloschnaja Kompanija“ zum Mekka der russischen Hiphop-Szene in Deutschland geworden. Auf ihrer Webseite können Hiphopper eigene Musik und Texte

anbieten, die mit etwas Glück in einer Sendung vorgestellt werden.

Sozialarbeiter und Pädagogen haben die Anziehungskraft erkannt, die Hiphop auf junge Leute ausübt. Junge Aussiedler sind da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Für sie, die sich oft von Gleichaltrigen unverstanden und ausgegrenzt fühlen, ist Hiphop eine Ausdrucksform, in selbst gewählter Sprache Erlebtes zu verarbeiten, von eigenen Werten zu berichten, sich selbstbewusst zu behaupten. „Wir Aussiedler in Deutschland können mehr, als unser Ruf verspricht“, sagen etwa die Macher von „Radio Sloschnaja Kompanija“ über sich.

An der Hiphop-Szene beisst sich professionelle Jugendarbeit häufig die Zähne aus, hat der Sozialpädagoge Thorsten Leissing aus Münster erkannt. An der dortigen Universität hat der 25-Jährige jetzt eine Diplomarbeit im Fachbereich Sozialwesen vorgelegt, die manchem bemühten Sozialarbeiter zu denken geben wird. Leissings Untersuchung zur Bedeutung der Hiphop-Gemeinde für die Jugendkultur gilt als bislang fundierteste Arbeit zum Thema. Seine Kritik an vielen Erwachsenen, die beruflich mit Jugendlichen zusammenarbeiten: „Die haben oft ein Klischee im Kopf, wissen nicht, was Hiphop ist, und mischen sich zu stark ein.“ Sein Rat: Zuhören, einen Projektrahmen abstecken und alles Übrige den Jugendlichen und ihren

schöpferischen Ideen überlassen.

Beim Hiphop zählt nur eins: Kreativität. Leissing: „Jugendliche definieren sich in der Hiphop-Gemeinschaft über ihr Können, der Rest ist egal.“ Schicke Markenkleidung zählt nicht, und ebenso ist derjenige bald raus aus der Szene, der glaubt, mit Hiphop schnell ans grosse Geld zu kommen. Wer so handelt, verliert in den Augen der anderen an „Realness“ – Echtheit, Glaubwürdigkeit, Respekt sind die Markenzeichen der Hiphopper. Und das wird wohl auch von Sozialarbeitern und Pädagogen verlangt, die mit der Hiphop-Gemeinde zu tun haben. Leissing: „Man muss sich eben erkennbar und wirklich für das interessieren, was die Jugendlichen denken, fühlen und machen wollen. Wem das nicht gelingt, zu dem fassen sie auch kein Vertrauen.“ (ID)

„Radio Sloschnaja Kompanija: http://rasik.de

Allgemeine Informationen über Hiphop: http://www.hiphop.de

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