Eine unangemeldete Protestaktion von Studierenden aus Almaty gegen den usbekischen Präsidenten Karimow und ihre möglichen Folgen

Es ist nur eine kleine Episode, aber sie sagt viel über das aufgeheizte politische Klima in Kasachstan und Usbekistan. Sie beginnt an einem Nachmittag am 23. Mai in Almaty. Acht Studenten, unter ihnen der Usbeke Bachtijar Mansorow*, stehen mit brennenden Kerzen vor der Usbekischen Botschaft. Eine Gedenkveranstaltung für die „tragischen Ereignisse in Andischan“ informiert ein Flugzettel. „Wir drücken unsere Empörung aus über die Politik der Regierung und den Präsidenten der Republik Usbekistan“, heißt es weiter.

Lange stehen die acht Studenten nicht vor der Botschaft. „Ein Botschaftsmitarbeiter bat mich in den Hof hinein. Er wolle mit mir über das Thema dieser Aktion reden, sagte er“, erinnert sich Mansorow, der die Idee zu der Versammlung hatte. „Ob es noch weitere Usbeken unter den Teilnehmern, gebe, wollte er wissen. Ich habe Angst bekommen und ja gesagt. Ich könne sie holen, damit wir zusammen sprechen könnten. Aber das war nur ein Vorwand. Als ich wieder raus war und vor der Botschaft stand, gab ich ein Zeichen und wir sind alle fortgerannt.“ Genau diese Szene hätten die Medien am selben Tag dann noch gezeigt: die Protestierer, wie sie wegrennen, sagt Mansorow. Und die erste Frage der Journalisten an ihn sei gewesen, ob er ein Islamist sei.

Damit könnte die Episode zu Ende sein. Eine abgebrochene Protestaktion, ein misslungener Kontrollversuch seitens der usbekischen Botschaft und eine wenig ausgewogene Berichterstattung der Medien. Aber die Episode geht noch weiter. Kurz nach der Studentenaktion stehen Mitarbeiter des kasachstanischen Geheimdienstes im Verwaltungsbüro der Universität von Bachtijar Mansorow. Sie wollen die Namen aller usbekischen Immatrikulierten wissen. Mansorow, der keinen kasachstanischen Pass hat, ist nun nicht sicher, ob seine im Sommer auslaufende Registrierung verlängert wird. Er erzählt von einem usbekischen Oppositionellen mit kirgisischem Pass, der trotzdem ausgeliefert worden sei. Wenn er Pech habe, sei er bald in Taschkent, in einem Gefängnis, sagt er. Der Hintergrund: Kasachstan wolle die Beziehungen zu Usbekistan nicht zusätzlich belasten, und ein beliebter Vorwurf der usbekischen Regierung an das Nachbarland sei die vermeintliche Existenz von Stützpunkten der usbekischen Oppositionellen, wenn nicht gar der Terroristen.

„Jetzt habe ich Angst“, sagt Mansorow. Doch warum setzt er sich dieser Gefahr überhaupt aus? Schließlich könnte er sein Studium nicht mehr fortsetzen, von möglicher Gefängnisstrafe ganz zu schweigen. „Ich habe meinen Mund nicht zum Schweigen. Und wenn meine Kinder mich irgendwann fragen, was ich gegen die Zustände in Usbekistan gemacht habe, dann werde ich etwas antworten können.“

Unterdessen sprach der usbekische Botschafter Turdinkul Buchtajarow vor laufenden Kameras und Diktiergeräten von den Schwierigkeiten des „Kampfes gegen den Extremismus“. Und diese eine Bitte habe er noch an die „Regierung und Öffentlichkeit Kasachstans“: Sie sollten „keine Informationen weitergeben, die sensationslüsterne Journalisten vertreiben.“

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* Name wurde von der Redaktion geändert.

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