Die bekannte Jazz-Gruppe aus München Passacaglia hat schon zwei Mal Kasachstan besucht. Über ihre Eindrücke von der Tour durch Zentralasien und über ihren Auftritt im Gefängnis spricht der Saxophonist Hugo Siegmeth.

Sie haben schon zum zweiten Mal Kasachstan besucht. Was können Sie über ihren Aufenthalt und ihre Eindrücke erzählen?

Unsere Eindrücke waren, wie schon im Jahr 2014, positiv und wir hatten auch in diesem Jahr eine ereignisreiche und sehr inspirierte Tour im Auftrag des Goethe-Instituts mit vielen wunderbaren Konzerten, Workshops und Begegnungen. Musikalisch haben wir die Gelegenheit zur kontinuierlichen Begegnung von unserer Musik mit der traditionellen Musik Zentralasiens genutzt. So spielten wir in unserem Programm eine Suite, die ich mit Motiven des kirgisischen Manas-Epos komponiert hatte. Ebenso im Repertoire haben wir unsere Version des Stücks „Ayttem“ von Abai. In Kasachstan spielten wir zuerst in Karaganda. Das Konzert war besonders: Aufgrund eines ausgefallenen Flugs in Aschgabat hatten wir eine geänderte und abenteuerliche Anreiseroute; und nach 30 Stunden auf den Beinen kamen wir im Bus in Karaganda an und gingen direkt auf die Bühne. Der Soundcheck fand mehr oder weniger vor den Augen des Publikums statt, und wir legten dann direkt los. Das Publikum empfing uns sehr offen, es war einfach unglaublich, und das Konzert wurde ein großes Fest. In Kasachstan spielten wir auch im Frauengefängnis Schaugaschty sowie auf dem Jazzfest Almaty in der Philharmonie. Daneben gaben wir auch Workshops, unter anderem für die sehr talentierten und gut ausgebildeten Kinder der Almaty Youth Jazz-School.

Erzählen Sie bitte mehr über Ihr Konzert im Frauengefängnis.

Das Konzert im Frauengefängnis Schaugaschty ist von den Umständen her etwas Besonderes.

In Deutschland hat es eine gewisse Tradition, in Gefängnissen, aber auch in Krankenhäusern und Altenheimen Konzerte zu geben. So habe ich in Deutschland schon einige Male für die Yehudi-Menuhin-Stiftung gepielt, die solche Konzerte organisiert. Wir haben uns gefreut, dass das Konzert in Schaugashty auf Bemühen des Goethe-Intstituts und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Zusammenarbeit mit den kasachischen Behörden und der Gefängnisleitung stattfinden konnte und wir für die Zuhörerinnen in Schaugaschty eine Stunde spielte konnten. In dem Gefängnis gibt es einen schön gestalteten Kulturraum mit Bühne und von den Inhaftierten kunstvoll bemalten Wänden.

Das Konzert fand vor einer ausgewählten Gruppe von 50 Frauen und anwesendem Wachpersonal statt. Im Lauf des Konzerts wurde die Stimmung lockerer, wir bekamen viel Applaus und bei dem einen oder anderen Stück klatschte das Publikum mit.

Nach dem Spielen bekamen wir in vereinzelten Gesprächen ein sehr gutes Feedback und Musikwünsche für das nächste Mal. Das Gefängnis ist groß. Es wäre sicher schön, vor mehreren der Inhaftierten zu spielen, ich weiß allerdings nicht, ob das organisatorisch machbar ist.

Welche Eindrücke haben Sie von Ihrer Tour durch Zentralasien?

Unsere Tour begann in Turkmenistan, wo wir ein Konzert in Aschgabat gaben. Einen Teil davon mit zwei wunderbaren turkmenischen Musikerinnen, einer Sängerin und einer Dutaristin. Des Weiteren gaben wir gemeinsam mit einem Manastschi und einem Komus-Spieler beim Jazzfrühling in Bischkek in Kirgisistan ein Konzert.

Das Stück besteht aus zwei Teilen. Der erste ist eine Komposition unter Verwendung von sechs Motiven des Manas-Epos, der zweite ist eine freie Improvisation zu der Rezitation des Manastschi. Ebenso hatten wir Gelegenheit, in Bischkek begleitend zum Festival an der Konferenz zum Thema Ethno-Jazz teilzunehmen, bei der ich eingeladen war, von meinen Erfahrungen im musikalischen Dialog von Jazz, improvisierter Musik und traditioneller Musik zu berichten. Neben den Konzerten gaben wir weitere Workshops, u.a. an der Musikfachschule in Bischkek.

Was hat Sie in Kasachstan besonders beeindruckt?

Beeindruckt hat mich die Offenheit des Publikums und die Herzlichkeit der Menschen, denen wir begegnet sind und mit denen wir zusammengearbeitet haben. Ob das nun die Schüler und Lehrer beim Workshop waren oder Zuhörer in großen Konzertsälen. Besonders spannend fand ich auch die Stimmung bei der Festival-Session im Jazzclub Brooklyn: ganz lebendig und lebenslustig.

Haben Sie die Möglichkeit, kasachische Speisen zu probieren?

Ja, das hatten wir. Wir haben die Speisenvielfalt und Kunst der Zubereitung vielfältig und ausgiebig genießen können. Nun heißt es wieder etwas für die Fitness tun!

Gibt es irgendwelche Musikinstrumente, die Sie im asiatischen Land oder anderen Ländern gesehen haben, und von denen Sie beeindruckt sind?

Als Saxophonist bin ich immer neugierig, neue Holzblasinstrumente kennenzulernen, und da habe ich sehr interessante Flöten und eine Okarina gehört. Sehr beeindruckt bin ich auch von der Dombra, der kirgisischen Komus sowie dem turkmenischen Dutar. Viele Spieler und Spielerinnen haben eine ganz ausgereifte Virtuosität, und die Klangvielfalt dieser Saiteninstrumente mit der typischen Balance aus Rhythmus, Melodik und Harmoniebewegung im Spiel ist sehr eigen und ansprechend.

Können Sie unseren Lesern kurz über ungewöhnliche Situationen erzählen, während Sie Konzerte gegeben haben?

Letztes Jahr spielten wir bei unserem Rückflug beim Sicherheitscheck am Flughafen Istanbul spontan ein Stück zur Freude der Sicherheitsbeamten und ca. 200 weiteren Passagieren, die mit uns in der Schlange standen. Auch in Almaty hatten wir dieses Jahr bei einem Besuch im Jazzclub Brooklyn eine etwas ungewöhnliche Spielsituation: Auf der Bühne war eine ganz wunderbare Sängerin, solo mit Gitarre. Wir fanden ihre Musik so inspirierend, dass wir kurzerhand unsere Instrumente auspackten und mit ihr mitspielten. Verständlicherweise hat sie zuerst verwundert geschaut, was da bei ihrem Konzert passiert, aber nach den ersten gemeinsamen Tönen wirkte sie ziemlich erfreut, und wir spielten ein paar Stücke gemeinsam.
Die anderen Konzerte unserer Tour fanden in größeren Konzertsälen statt.

Bei uns haben sie in der Konzerthalle gespielt. Und wo spielen Sie am meisten zu Hause?

In Deutschland spielen wir in verschiedenen Konzerträumen, das variiert, angefangen von Jazzclub über Bürgerhäuser und bei Festivals in großen Konzertsälen. Das hängt vom Programm und der Veranstaltung ab.

Dieses Interview führte Aljona Witzke

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