Wussten Sie, dass es das Forschungsgebiet Lachforschung gibt? Wusst ich auch nicht. Gibt es aber, kein Witz. Gelotologie heißt das, und damit klingt es sogar standesgemäß, nicht zu verwechseln mit der Geologie.

Hätt‘ ich das früher gewusst! Es gibt so viele interessante Berufe, die einem vorenthalten werden. Von Kindesbeinen an werden einem in einer Gehirnwäsche die interessanten Berufe systematisch aus- und die öden Berufe eingeredet. Erst darf man nicht Schäfchenzähler oder Eisverkäufer werden, dann soll man Anwalt oder Arzt werden, und durchgehend wird einem verschwiegen, dass man auch mit dem Zünden von Feuerwerken oder Analysieren von Witzen Geld verdienen kann. Aber für viele Dinge ist es nie zu spät, und vielleicht kann ich ja als Quereinsteigerin einen Fuß in die Gelotologie kriegen.

Es gehört zum Beruf, dass man von anderen Wissenschaftlern nicht ernst genommen und ins Lächerliche gerückt wird, aber zumindest in der Gesundheitsförderung ist das Lachen als Genesungsfaktor anerkannt. Ich wage zu bezweifeln, dass man die Lachseminare und Lachtherapien von den Krankenkassen finanziert bekommt oder von der Steuer absetzen kann, da auf diesen Durchbruch noch andere längst bewährte Heilansätze warten.
Aber man lacht schließlich fürs Leben und sollte es sich nicht verkneifen, wenn die Kosten nicht übernommen werden. Denn eine Minute Lachen sei so erfrischend wie 45 Minuten Entspannungstraining, aktiviert viele Muskeln, hilft gegen Frühjahrsmüdigkeit, Schmerzen, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und stärkt das Immunsystem. Na bitte, dann spare ich mir doch die schweißtreibenden Strapazen des Sports und schaue mir stattdessen Miss-Marple-Filme an.

Als künftige Lachforscherin fange ich schon mal an, mich mit meinen Fachkollegen auszutauschen und den Humor in Bereichen zu suchen, wo man ihn nicht vermutet und nur als spitzfindige und kompetente Experten findet. Der Pianist Alfred Brendel ist solch ein Experte. In seinem Vortrag „Humor in der Musik“ zeigt er Passagen auf, mit denen sich manche Komponisten ein Späßchen gönnen und uns verhöhnen. Haydn und Beethoven waren solche Witzbolde, wer hätte das von ihnen gedacht?!

Ein Auslöser für das Lachen ist, wenn etwas ganz Unpassendes, Unvorstellbares oder Unvorhergesehenes passiert und Grenzen der logischen Ordnung überschritten werden. Wenn also beispielsweise ein his-Moll-Akkord überraschend an einer Stelle auftaucht, wo dieser gar nicht hingehört und die ordnungsgemäße Tonfolge aus den Fugen hebt. Da muss man als erfahrener Pianist einfach drüber stolpern. „Was, his-Moll?! Hier?! Das darf doch wohl nicht wahr sein!“

Dazu gibt es zwei mögliche Reaktionen: 1. Man unterstellt dem Komponisten einen Irrtum und empört sich – die humorlose Variante. Oder aber – wie Herr Brendel – lacht ob dieses Schalkes des Schlingels unvermittelt los. Wer den Witz an der Sache bemerkte, wird wenige Takte später erkennen, wie sich der Komponist mit einem Hihihi oder Hehehe ins Fäustchen oder vielmehr den eifrigen und ordnungsliebenden Pianisten auslacht. Und wird sich erneut amüsieren.

Ich bin gespannt, in welchen Bereichen sich noch Humor auffinden lässt, wo er auf den ersten Blick gar nicht hingehört. Denn für meine Doktorarbeit brauche ich schließlich einen wenig erschlossenen Forschungsgegenstand. Vielleicht begebe ich mich mal in die Tiefsee.

Julia Siebert

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