Junge Kasachen kennen die Geschichte ihres Landes und ehren die Traditionen ihrer Familien. Das schließt nicht aus, dass viele von ihnen unkonventionelle Musik lieben, auf einen individuellen Kleidungsstil Wert legen und von einer Karriere als Blogger träumen. Ayazhan Altynbekova vom Gymnasium Nr. 68 in Almaty hat für uns fünf Merkmale aufgezählt, die für die Lebensweise junger Menschen in ihrem Umfeld prägend sind.

Geschichte und Traditionen

Für Kasachen ist es wichtig, die eigene Geschichte, Bräuche und Traditionen zu erhalten. Man ist stolz darauf und kennt die Heldentaten früherer Herrscher, ihre Siege und Eroberungen. Es ist auch angesehen, dass fast jeder Kasache bis zur siebten Generationen über seine Vorfahren Bescheid weiß. Vielleicht liegt das daran, dass es in früheren Zeiten ein Eheverbot zwischen Verwandten bis zur siebten Generation gab. Auch heute kennen in Kasachstan sogar Kinder die Namen von entferntesten Verwandten.

Die Menschen in Kasachstan verstehen es, die Traditionen ihres Volkes geschickt mit der modernen Welt in Einklang zu bringen. Ihre Wohnungen sind oft renoviert und modern ausgestattet, aber auf dem Fußboden und den Möbeln werden traditionelle Beläge und Kissen ausgelegt. Kinder können oft schon von früh auf mit Computern und Smartphones umgehen und lernen Fremdsprachen, vor allem Englisch. Ihre Großmütter tragen dagegen Trachten und traditionellen Schmuck. Doch bei allen Unterschieden herrschen zwischen den Generationen gegenseitige Liebe und Verständnis.

Familie und Gastfreundschaft

Sich um die Familie zu kümmern und selbst entferntesten Verwandten zu helfen gilt in Kasachstan als natürliche Manifestation der Menschlichkeit. Soziale Nähe spielt eine größere Rolle als in anderen Gesellschaften, und es kommt selten vor, dass ein Familienmitglied allein gelassen wird. Auch ist es sehr schwer, eine Familie zu finden, in der nur ein Kind aufwächst. Meistens haben Familien zwei, drei oder mehr Kinder.

Die Gastfreundschaft der Menschen in Kasachstan ist heute ähnlich stark ausgeprägt wie schon vor Jahrhunderten. Als die nomadische Lebensweise noch prägend war, wurde jeder Wanderer oder Reisende vertrauensvoll in die Jurte eingeladen, mit einem reichhaltigen Abendessen genährt und durfte sich ausruhen. Erst danach konnte der Hausherr fragen, wer diese Person war und wohin sie ging. Auch heute sind die Menschen in Kasachstan herzlich und immer bereit, Gäste zu empfangen.

Kleidung: Westlich und traditionell

Bei der Bekleidung werden in Kasachstan ebenfalls Bräuche und Traditionen bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben. Im Alltag hält die Jugend aber an ihrem eigenen individuellen Stil fest. In jeder kasachischen Stadt gibt es große Einkaufszentren wie Mega, Mega SilkWay oder den Dostyk Plaza in Almaty, wo die jungen Leute kaufen können, was ihrem Geschmack entspricht. Die Geschäfte dort sind weltweit beliebt und sprechen eine junge, modische Zielgruppe an – so wie etwa die Ketten Zara, Bershka oder Stradivarius des spanischen Inditex-Konzerns. In der Alltagskleidung unterscheiden wir uns also nicht besonders von Europäern.

Den Unterschied macht dagegen die ethnische Dekoration auf Grundlage nomadischer Motive, die man heute auch bei jungen Menschen hin und wieder antrifft – etwa bei Mädchen, die Ohrringe im nationalen Stil tragen. Bei Hochzeiten kleiden sich Bräute im nationalen Stil und ziehen eine Saukele an – einen nationalen Kopfschmuck, den nur eine Braut tragen darf. Und bei Stadtveranstaltungen anlässlich von Nauryz oder dem Tag der Stadt werden die Gäste in Nationaltracht begrüßt.

So bewahrt Kasachstan seine Traditionen, unterscheidet sich aber gleichzeitig im Kleidungsstil nicht von Europäern.

Musik: Das Phänomen Q-Pop

Ein musikalisches Genre, das es nur in Kasachstan gibt und das sich vor allem bei der Jugend immer größerer Beliebtheit erfreut, ist Q-Pop. „Q“ steht für die latinisierte Schreibweise des Landesnamens „Qazaqstan“. Das soll unterstreichen, dass es sich hier um einen unikalen kasachischen Musikstil handelt, wenngleich es Elemente des westlichen Elektropop oder Hip-Hop enthält und an den erfolgreichen K-Pop aus Südkorea angelehnt ist. Von Traditionalisten einst wegen seiner Unkonventionalität geschmäht, ist das Genre heute auch in der Elite des Landes anerkannt, da die Musiker auf Kasachisch singen und so zur Popularisierung der Landessprache beitragen.

Nicht nur die Zahl der Fans steigt, sondern auch die der Nachahmer: Allein in Almaty gibt es derzeit mehr als 100 Tanzstudios, in denen Q-POP-Tanz unterrichtet wird. Die Zahl der jungen Tänzer ist gewachsen. Sie bilden heute ihre eigenen Tanzteams und nehmen an Wettbewerben und Meisterschaften teil. Einige haben sogar treue Fans. Auch die Gruppe „Ninety One“, die dem Genre in Kasachstan vor fünf Jahren zum Durchbruch verhalf, startete einst als Amateurgruppe. Heute haben sie eine Million Fans auf der ganzen Welt. Eine Künstlerin, die sich selbst als „Q-Pop Queen“ bezeichnet, ist die junge Ziruza. Seit mehr als zwei Jahren mischt sie die kasachische Musikszene auf und ist mit mehr als 600.000 Fans bereits eine der erfolgreichsten Q-Pop-Künstlerinnen des Landes.

Social Media

Die meisten Jugendlichen sind daran interessiert, ihr eigenes Geld zu verdienen. Die scheinbar einfachste Lösung: soziale Netzwerke. Viele erstellen dort einen Blog und berichten über ihr Leben – mit dem Ziel, dadurch bekannt und erfolgreich zu werden. In Kasachstan gibt es etliche Schauspielerinnen, Sängerinnen und Moderatoren, die etwa durch ihre Instagram-Seiten berühmt geworden sind.

Ein prominentes Beispiel aus Almaty ist Aeka Posh, die Gründerin eines der beliebtesten Schönheitssalons und erfolgreiche Beauty-Bloggerin. Sie hat mehr als 800.000 Abonnenten aus ganz Kasachstan auf ihrer Seite. Eine andere erfolgreiche Influencerin aus Almaty ist die erst 18-jährige Kiingsarah mit mehr als 200.000 Zuschauern. Sie betreibt einen eigenen Youtube-Kanal und eine Lifestyle-Seite auf Instagram; ihre Fans eifern ihr nach. Beide sind besonders bei Jugendlichen beliebt.

Insgesamt gibt es mehr als 20 bekannteste Blogger in Almaty, die dank ihrer Seiten in den sozialen Netzwerken ebenfalls an Popularität gewonnen haben. Viele von ihnen haben jetzt eigene registrierte Cafés, Geschäfte oder Restaurants und unterzeichnen Verträge mit bekannten kasachischen Marken. Um nur einige der Influencer zu nennen: Alina LI, Aiymsm, Oksukpaevaak, zheka_fatbelly, yussupov21.

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