In Wissenschaft und Forschung ist Kasachstan oft noch ein weißer Fleck auf der Landkarte deutscher Universitäten. Aber nicht für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU): Sie hat Anfang der Woche in Almaty ihr erstes Auslandsbüro eröffnet, welches künftig Ausgangspunkt für die Aktivitäten der Universität in Zentralasien ist. Es soll dem Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern zwischen der MLU und den Partnerhochschulen dienen und dabei helfen, neue Forschungsprojekte anzubahnen.

„Die Universität Halle unterhält seit vielen Jahrzehnten Kontakte zu zahlreichen Universitäten in der Region. Mit der Repräsentanz wird es für uns leichter sein, diese Beziehungen zu halten und systematisch auszubauen“, sagte Rektor Christian Tietje bei der Eröffnungsveranstaltung am Montag. Die MLU entstand 1817, als die 1502 gegründete Leucorea in Wittenberg und die 1694 gegründete Friedrichs-Universität in Halle zusammengelegt wurden. Heute hat die Universität rund 20.000 Studierende und etwa 3.000 Angestellte.

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Ein Zehntel der Studierenden sowie 500 Doktoranden kommen aus dem Ausland, ergänzte Manja Hussner, Leiterin des International Office der MLU. „Die MLU hat das Ziel, die Anzahl ihrer internationalen Studierenden, Doktoranden und Wissenschaftler stetig zu erhöhen.“ 110 Nationen seien derzeit an der Hochschule vertreten, die größte Gruppe komme aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. „Aus Kasachstan haben wir derzeit 13 Studierende bei uns. Wir denken, das könnte gern mehr werden“, so Hussner.

Jelena Schewtschenko vom Bildungsministerium und Science Fund Kasachstan hob Deutschlands Erfahrung in den Geistes- und Sozialwissenschaften hervor: „Es ist besonders wichtig, die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten unserer Länder sicherzustellen, da es Deutschland gelingt, technische Ansätze zur Entwicklung der Wissenschaft mit humanitären Ansätzen zu kombinieren. Dies ist besonders wichtig im Zeitalter der Technologietransformation, der technologischen Entwicklung und der Digitalisierung der Wirtschaft.“ Die Auswirkungen der technologischen Entwicklung auf die Gesellschaft müssen in der Wissenschaft stärker berücksichtigt werden. Hier könne Kasachstan noch einiges lernen, sagte sie.

Die Repräsentanz unter Leitung von Peter Liebelt soll die Wissenschaftsbeziehungen zu Kasachstan stärken und den internationaler Austausch fördern. Kasachstan ist vor allem bei Umweltprojekten ein Schwerpunktland: egal ob Klimaschutzmaßnahmen, Wassermanagement oder nachhaltige Landwirtschaft. Im Rahmen von Forschungsprojekten wie der „Central Asian Desert Initiative“ (CADI), dem Netzwerk „Central Asian Water“ (CAWa) oder der Fördermaßnahme „CLIENT II – Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen“ arbeiten deutsche Hochschulen schon seit geraumer Zeit mit Partnern in Zentralasien zusammen.

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Das Auslandsbüro der MLU befindet sich im Businesszentrum „Koktem Square“, wo ebenfalls das Büro der deutschen Außenhandelskammer ist. Denn auch das wurde bei der Eröffnung deutlich: Es geht im akademischen Bereich immer mehr um den Praxisbezug. Bestes Beispiel ist das Forschungsprojekt KULUNDA, das sich mit nachhaltiger Landnutzung in den agrarisch genutzten Steppengebieten Südrusslands und Kasachstans beschäftigt. Das Projekt wird auch durch den deutschen Landmaschinenhersteller Amazone gefördert. „Wir exportieren 80 Prozent unserer Produkte. Die Forschungskooperation ist die Grundlage der Anforderungen für die Unternehmen in der Region“, erklärte Firmenvertreter Tobias Meinel.

Neben der Forschung baut die MLU ihr Engagement auch in der Lehre aus: Im Anschluss an die Eröffnung der Repräsentanz in Almaty reiste eine Delegation der Universität nach Nur-Sultan (vormals Astana). Dort wurde an der Kasachischen Staatlichen Juristischen Universität ein Zentrum für deutsches Recht eröffnet. Ziel ist eine zeitgemäße Ausbildung von hiesigen Juristen auf dem Gebiet des Staatsrechts und des Wirtschaftsrechts nach deutschem Vorbild.

Auch andere Universitäten interessieren sich zunehmend für die Zusammenarbeit mit kasachischen Hochschulen. So hat zum Beispiel die Universität Vechta erst im Mai einen Kooperationsvertrag mit der Staatlichen Ahmet-Baytursynov-Universität in Qostanai unterzeichnet.

Othmara Glas

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