Offiziell gibt es keine Zwangsarbeit in Usbekistan. Studenten helfen neben Vorlesungen und Seminaren freiwillig bei der Baumwollernte. Über die freiwilligen Einsätze der Studenten berichten auch die usbekischen Medien. Doch jede Hochschule muss während der Erntezeit eine bestimmte Ertragsnorm erfüllen. Faulen Studenten drohen also nicht nur schlechte Noten.

In aller Welt wird die erste Woche des Semesters mit der Vorbereitung auf das Studium begonnen. Hingegen schickt der Staat alle Studenten in dem jungen sich entwickelnden Usbekistan zur Baumwollernte, um die Ernte schneller und günstiger einzubringen. Es ist bemerkenswert, dass, obwohl Usbekistan jung ist, es an der dritten Stelle nach den USA und Indien beim Baumwollexport steht. In diesem Jahr wurden 3.000.400 Tonnen Baumwolle gesammelt. Merkwürdig ist, dass der Staat diese riesige Menge in kurzer Zeit schafft. Mit dem Großteil dieser Staatsarbeit werden die Studenten belastet. Trotzdem nehmen verschiedene Organisationen und Angestellte in allen Altersgruppen daran teil. Bis 2012 haben auch die Schüler dazu beigetragen, jetzt jedoch gibt es keine Kinderarbeit. Denn in den vorigen Jahren wurde die usbekische Baumwolle wegen der Kinderarbeit boykottiert. Die Märkte und Basare werden nur nach 17 Uhr abends geöffnet, damit sich die Bevölkerung auf die Baumwollernte konzentriert.

Aber wie verhält es sich mit der Baumwollernte? Ist das ein erzwungenes Ehrenamt oder freiwilliges Engagement? In den Massenmedien werden gegensätzliche Artikel über die Baumwollarbeit in Usbekistan veröffentlicht. Deshalb haben wir an der Baumwollernte mit anderen Studenten teilgenommen, damit wir es mit unseren eigenen Augen sehen und selbst alles erleben. Die Baumwollarbeit auf dem Feld und die Verpflegung sind positiver als wir vermutet haben. Denn an erster Stelle muss man gestehen, dass viele Studenten diese Beschäftigung freiwillig machen, obwohl sie zehn Stunden ohne Pause pro Tag auf dem Feld unter großer Hitze arbeiten. Es ist nur eine Stunde für das Mittagessen erlaubt. Trotzdem protestiert aber kein Student gegen schlechtes Trinkwasser und das Essen, das direkt auf dem Feld in einem großen Topf unter weniger mangelhafter Hygiene gekocht wird.

Der Student Abrorjon Kuvondikov hebt hervor, dass er wie andere jeden Tag ohne Mühe 50-60 Kilogramm Baumwolle sammelt. Und er ist zufrieden, dass er damit dem Staat seine Hilfe leistet. Aber jeder muss eigentlich mindestens 80 Kilogramm Baumwolle (die Norm) jeden Tag pflücken. Wer die Norm nicht schafft, wird in die “Abendversammlung” eingeladen und besonders beschimpft. Diese Beschimpfungen sind schwer zu ertragen. Manchmal wird dort behauptet, die faulen Studenten seien „gegen das Volk“ gesinnt.

Diese Situation bezeichnen einige Studenten als gruselig. Wenn man nach der Meinung eines ausländischen Lehrers über die Baumwollarbeit der Studierenden fragt, urteilt er folgendermaßen: „Das ist deshalb ein Problem, weil wir viel Zeit im Studienjahr verlieren. Uns fehlen im Vergleich zu den Studenten in Taschkent fünf bis sechs Unterrichtswochen. Diesen Unterricht müssen wir eigentlich am Ende des Studienjahres nachholen. Aber dann gibt es oft zu viele Stunden auf einmal, die Qualität ist nicht gut. Und es können auch viele Stunden ausfallen.“

Etwa ein Drittel der Studenten behauptet, dass sie lieber den Unterricht besucht hätten, statt auf dem Feld fünf Wochen zu arbeiten. Sie sind der Auffassung, dass sie wegen der Baumwollarbeit vom Studium ausgeschlossen werden, und das beeinflusst ihre Leistungen negativ, weil sie am Ende des Semesters wenig Zeit für Vorbereitung auf die Prüfungen haben. Darüber hinaus machen die wegen der Baumwolle verdoppelten Unterrichtszeiten das Lernen stressig. Zwar zwingt der Staat die Studenten dazu nicht, aber leider haben sie keine andere Möglichkeit, als ins Feld zu gehen, weil einige ungeschriebenen Regeln in der Hochschule existieren. Eine davon lautet: „Jeder soll gemeinsame Arbeiten der Hochschule mitmachen; wenn jemand das ablehnt, wird er auf Beschluss des Rektorats exmatrikuliert.“ Der Staat verlangt von einer Hochschule 50 Tonnen Baumwolle pro Tag. Deshalb übt die Hochschule Druck auf die Studierenden aus, die benötigte Menge zu ernten.

Von Turonbek Kozokov und Sobir Pulotov

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