Die Deutschen Kasachstans wissen, wie man seine Traditionen zelebriert. Das haben sie nicht nur auf dem Festival der deutschen Kultur Ende September gezeigt, sondern auch während der Oktoberfest-Saison in diesen Tagen. Auch die Tradition des Erntedankfestes hat in Kasachstan überlebt. Und was feiern die anderen so? Sieben Ausschnitte aus dem Kulturleben der größeren unter den kleinen Nationalitäten Kasachstans.

1. Schewtschenko-Tage (Ukrainer)

Die Ukrainer widmen ihrem großen Nationaldichter Taras Schewtschenko zu dessen Geburtstag (9. März 1814) die Schewtschenko-Tage. Das Fest ist nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Ausland sehr populär – besonders in Kasachstan. „Kobsar“, wie Schewtschenko in Anlehnung an die ukrainischen Volkssänger genannt wurde, verbrachte hier ab 1847 zehn Jahre seines Lebens in der Verbannung. Jedes Jahr erinnern die ukrainischen Diasporagemeinschaften aus den Regionen Kasachstans an ihren Künstler und Dichter mit Gedichtlesungen und Konzerten, die ihm gewidmet sind – so wie hier in Karaganda im März 2019.

Foto: Ukrainische Botschaft Nur-Sultan

2. Wyschiwanka-Fest (Ukrainer)

Eine besondere Bedeutung im Brauchtum der Ukrainer nimmt die Wyschiwanka ein – das traditionelle, mit Stickereien versehene Hemd als Teil der ukrainischen Nationaltracht. Jede ukrainische Region hat dabei ihr eigenes Stickmuster. Der Tag der Wyschiwanka am 16. Mai vereint die Ukrainer weltweit, weil alle an dem Tag ihre Nationaltracht tragen. In diesem Jahr haben sich die Ukrainer in ganz Kasachstan etwas Besonderes einfallen lassen: Aus den Regionen schickten sie Fotos in ihren Wyschiwankas an die ukrainische Botschaft in Nur-Sultan, deren Mitarbeiter daraus eine Collage anfertigten.

Foto: Ukrainische Botschaft Nur-Sultan

Ebenfalls wichtig für die Ukrainer Kasachstans: Der ukrainische Unabhängigkeitstag am 24. August und der Tag der Sobornost (22. Januar), an dem 1919 die Volksrepublik Ukraine und die Westukrainische Volksrepublik zu einem Staat wurden.

3. Nouruz (Usbeken)

Eines ihrer wichtigsten Feste haben die Usbeken gemeinsam mit den anderen Turkvölkern, so auch den Kasachen: Nouruz, das ursprünglich persische Neujahrs– und Frühlingsfest. Ihm sind in Kasachstan drei gesetzliche Feiertage gewidmet. Die Ethnien des Landes sind bestrebt, dem Fest einen jeweils eigenen Charakter zu geben – in Anlehnung an die Traditionen der Vorfahren. In der Nacht auf den 21. März wird Sumaljak, das rituelle Hauptgericht aus gekeimtem Weizen, in einem großen Topf zubereitet. Die Frauen sitzen im Kreis um den Topf, singen Volkslieder und rühren das Samanu der Reihe nach um. Am Morgen wird das noch warme Gericht an Nachbarn, Verwandte und Bekannte verteilt. Beim Verzehr ist es wichtig, sich etwas zu wünschen. Die Nouruz-Feier ist für Usbeken stark mit neuen Hoffnungen und Erwartungen verbunden. Deshalb ist es an diesem Tag üblich, Feinden zu vergeben, Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen sowie Schwachen und Bedürftigen zu helfen. Außer Sumaljak werden mit Kräutern gefüllte Teigtaschen und Nischalda (ein süßes Dessert) zubereitet.

Foto: Usbekisches Ethnokulturelles Zentrum der Republik Kasachstan

4. Fest der grünen Pelmeni (Uiguren)

In einem Dorf in der Nähe von Almaty wurde beschlossen, das alte uigurische Fest der grünen Pelmeni (Kok-Tschoschtschur) wiederzubeleben. Grüne Pelmeni werden einmal im Jahr in jeder uigurischen Familie gekocht. Im Frühjahr, wenn die ersten drei Blütenblätter des Klees herauswachsen, die Minze aufblüht und die Löwenzahnblume sich prächtig entwickelt, sammeln die Menschen dieses Grünzeug und holen sich auch Rossampfer, wilde Zwiebeln und Wegeriche. Daraus wird später die Füllung der Pelmeni gemacht. Mütter sammeln das Grünzeug gemeinsam mit den Kindern. Damit zelebrieren sie auch das Wiedersehen mit dem Frühling. Die Großeltern berichten von der einzigartigen Heilkraft der grünen Pelmeni. Das Fest wurde bereits im zehnten Jahrhundert von den Uiguren gefeiert und es gibt die Bauernregel, dass man sich einen Wunsch ausdenkt, bevor man solche Pelmeni isst. Dieser Wunsch wird dann wahr werden.

Foto: Volksversammlung Kasachstans

5. Seollal (Koreaner)

Mit Seollal bezeichnen die Koreaner den Neujahrstag, der immer auf den Neumond zwischen dem 21. Januar und dem 20. Februar des Gregorianischen Kalenders fällt – laut chinesischem Mondkalender den ersten Tag des ersten Monats. Das Fest spiegelt den Neuanfang wider, deshalb werden am Vortag die Wohnung und der Hof aufgeräumt, Schulden abbezahlt und verliehene Sachen zurückgeholt. Die Familie trifft sich im elterlichen Haus, um den Eltern zu gratulieren und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Am Morgen des Seollal kleiden sich alle Familienmitglieder festlich in ihrer traditionellen Tracht und gedenken in einer Zeremonie der Ahnen. Danach versammeln sich die Jüngeren, um den Eltern und Großeltern in einer Verneigungszeremonie, „Sebae“, Respekt zu zollen. Die Älteren geben den Kindern ihren Segen und ein kleines Geldgeschenk. Anschließend werden traditionelle koreanische Spiele gespielt und Reisgerichte verzehrt.

Foto: Vereinigung der Koreaner Kasachstans

6. Hansik (Koreaner)

Im Gedenken an Vorfahren und verstorbene Eltern feiern die Koreaner Hansik. Das große Frühlingsfest wird am 105. Tag nach der Wintersonnenwende (22. bis 23. Dezember) gefeiert: dem 5. oder 6. April laut Sonnenkalender. Das Fest wird auch „Tag der kalten Kost“ genannt, da keine warmen Speisen verzehrt werden. Die Menschen gehen auf den Friedhof, bringen um den Grabstein herum alles in Ordnung und legen Blumen ab. Auf einer Tischdecke werden Speisen ausgebreitet: Hähnchen, Reisbrot, Fisch, Salate und Süßigkeiten – alles ungeschnitten und in einer geraden Zahl. Für den Toten wird die Speise separat plaziert, wobei der Tisch wie für einen Lebenden gedeckt wird. Dann verbeugen sich die Anwesenden einzeln nach Alter geordnet vor dem Grab. Eine wichtige Rolle spielt Wodka: ein Teil davon wird getrunken, der andere in ein Glas geschüttet und drei Mal am Kopfende des Grabes ausgegossen. Man dankt so dem Geist der Erde dafür, dass er dem Verstorbenen einen Ort des Friedens bereitstellt.

Ebenfalls wichtig für die Koreaner Kasachstans: Der Tag der Bewegung für die Unabhängigkeit Koreas – er fällt mit dem Tag der Dankbarkeit zusammen, an dem die unter Stalin deportierten Völker einander für die Unterstützung und den Kasachen für die Aufnahme in ihrem Land danken.

7. Majowka (Polen)

Die Polen Kasachstans haben vor allem Anfang Mai Grund zum Feiern. Der dritte Mai steht im Kalender für den Tag der Verfassung. Ein ebenso wichtiges Ereignis ist einen Tag vorher der Tag der Polonia und der Auslandspolen. Die „Polonia“ bezeichnet die polnische Diaspora außerhalb des Mutterlandes, die aus bis zu 20 Millionen Landsleuten bestehen soll. Um beides gleich zu würdigen, versammeln sich die Polen am ersten Wochenende im Mai zur Majowka. In den katholischen Gotteshäusern wird eine Messe gelesen; anschließend trifft man sich, um etwas zu unternehmen – so wie die Polen in Almaty und Umgebung, die aus diesem Anlass gern gemeinsam in die Berge gehen. Andernorts werden – wie in diesem Jahr und 2018 in Kaptschagai – neue Sportstätten eingeweiht, die aus der polnischen Heimat gestiftet wurden. Zum Schluss kommen alle zu einem Festmahl zusammen, bei dem typisch polnische Speisen auf den Teller kommen.

Foto: Polnisches Kulturzentrum „Wienz“

Ebenfalls wichtig für die Polen Kasachstans: Der polnische Unabhängigkeitstag am 11. November.

Nikita Kobyzew und Christoph Strauch

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