Zhyldyz Zhainakova aus Bischkek hat ein Müllproblem in ihrer Heimatstadt ausgemacht und berichtet in ihrem Beitrag von der App „Tazar“, die dieses Problem lösen soll. Mit ihrem Text hat sie den dritten Platz in der Kategorie „Text Erwachsene“ bei unserem Wettbewerb „Nachhaltiges Zentralasien“ belegt.

Mit seinen mehr als 1,2 Millionen Einwohnern produziert Bischkek rund 1,5 Millionen Kubikmeter (oder 220.000 Tonnen) Festmüll pro Jahr. Nach offiziellen Angaben werden weniger als ein Prozent davon recycelt und wiederverwendet. Heißt im Klartext: Nur ein Prozent des Festmülls entgeht dem Begräbnis auf der Mülldeponie. Ganz nebenbei: Die städtische Mülldeponie hat eigentlich nur eine Betriebserlaubnis bis 1990, ist jedoch bis heute in Betrieb. Kein Wunder also, dass sie in einem schlechten Zustand ist, was aber Umweltschäden verursacht und einer lokalen ökologischen Katastrophe gleichkommt. Eine Studie im Rahmen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) in Kirgisistan aus dem Jahr 2019 kommt zu dem Schluss, dass etwa 70 Prozent der Abfälle recycelbar sind und es sinnvoll wäre, diese Ressource ausnutzen.

Leider fehlt oft ein System zur Müllentsorgung oder es ist ineffizient. Das gilt nicht nur in Bischkek, sondern in vielen Entwicklungsländern: Es gibt keine Mülltrennung, nicht überall werden Müllcontainer oder Müllbehälter angebracht. Alte Abfälle werden nicht rechtzeitig abgeholt, was zu einer Vielzahl an hygienischen Problemen führt. Alle Abfälle werden vermischt, was das Recycling deutlich erschwert. Allerdings ist es nicht nur Aufgabe der staatlichen Behörden, dieses Problem zu lösen. Zuallererst sind hier die einzelnen Haushalte gefragt. Die optimale Lösung für das Problem ist die Einführung eines Systems der getrennten Müllsammlung und teilweisen Verarbeitung von Abfällen vor Ort.

Weniger ökologischer Fußabdruck, mehr Recycling

Aktivisten haben eine App für Smartphones entwickelt, die Leuten dabei hilft, ihren Müll richtig zu entsorgen. Diese kostenlose App heißt „Tazar“ – sehr symbolträchtig, denn das Wort „Taza“ bedeutet im Kirgisischen „sauber“. Erstmals vorgestellt wurde die App am 22. April 2019 von einer Gruppe von Mädchen. Die pfiffigen Erfinderinnen schilderten auch, was sie mit dem Projekt bezwecken wollten: nämlich den ökologischen Fußabdruck verringern, und dabei helfen, die Menge an Abfällen, die auf der Mülldeponie landen, durch systematisches Recycling in Kirgisistan zu reduzieren.

Radio Free Europe/Radio Liberty

„Tazar“ fördert die Verbreitung der Mülltrennung in Haushalten, die Wiederverwendung von Rohstoffen (Recycling) und einen schonenderen Umgang mit Ressourcen. Die App hilft zudem mittels einer Stadtkarte bei der Suche nach Orten, an denen man den getrennten Müll schließlich entsorgen kann. Unter den aufgeführten Recycling-Adressen kann man sich des Mülls entweder kostenlos oder kostenpflichtig entledigen. Die App arbeitet somit wie eine Art Vermittler, Logistiker bzw. Bindeglied. Zunächst aber erläutert ein Öko-Guid in der App, wie man überhaupt richtig den Müll trennt, was genau zum Beispiel zu Altglas gehört, wo man Aluminium- oder Plastikdosen entsorgen kann, wo man günstig Altpapier verkaufen kann, oder wie die Altkleidung eines Nutzers zur Bekämpfung von Armut beitragen kann.

Neue Funktion von Tazar Anfang November vorgestellt

Andererseits unterstützt die App die Arbeit von Unternehmen aus der Recyclingbranche, indem sie für diese kostenlos Werbung macht. Und letztendlich hat sie darüber hinaus eine erzieherische Funktion, indem sie den Menschen zeigt, wie sie Schaden von der Umwelt abwenden. Profiteure sind alle: die Recycling-Unternehmer, die Bürger, die Stadt und natürlich auch die Umwelt. Die komplexen Maßnahmen im Rahmen des Projekts haben auf jeden Fall das Potenzial, die gesundheitliche, hygienische und ökologische Situation Bischkeks zu verbessern, einen praktischen „Leitfaden“ für die Abfallwirtschaft zu entwickeln und damit viele Bürger und Unternehmen einzubeziehen und zum Mitmachen zu bewegen.

Vor kurzem haben die Tazar-Gründerinnen ihre App weiterentwickelt und Anfang November eine neue Funktion präsentiert. Mit dieser kann nun auch die Abholung von Müll zuhause oder auf Arbeit per App beauftragt werden, wie Aimeerim Tusalieva, eine der Erfinderinnen, im Interview mit einem zentralasiatischen Online-Magazin erläuterte: „Wenn sich eine größere Menge an Festmüll angesammelt hat, bieten wir statt des Ganges zur Annahmestelle an, ihn abholen zu lassen.“ Man wolle so das Potenzial lokaler Recyclingunternehmen maximal ausnutzen und sei froh, dass es hierfür auch Unterstützung aus der Unternehmerschaft Bischkeks gebe. Die Einführung der Mülltrennung in der Hauptstadt und dem ganzen Land sei nur gemeinsam zu schaffen.

In dem Sinne der Appell: Lasst uns unsere Ressourcen gemeinsam vernünftig nutzen!

Zhyldyz Zhainakova

Der Artikel ist Teil eines Projekts, das vom Institut für Auslandsbeziehungen e. V. aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert wird.
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