Usbekische Perkussionisten, westafrikanische Rhythmen, kasachische DJs. Das Ethnomusik-Festival „The Spirit of Tengri“ begeisterte am Wochenende hunderte Almatyner durch seine multikulturelle Vielfalt. Über zehn Bands aus Afrika, Asien und Europa entführten ihr Publikum in unbekannte Klangwelten.

Der Blick in den samstagabendlichen Himmel ernüchtert zunächst. Blitze leuchten am Horizont auf, es windet vor dem Palast der Republik. Bevor der Startschuss zur ersten Band fällt, prasseln die ersten Regentropfen auf die heißen Pflastersteine. Optimales Festivalwetter sieht anders aus. Die usbekische Band „Abbos“ eröffnet das zweitägige Festival und trommelt das Gewitter förmlich weg. Die gespielten Melodien klingen geheimnisvoll und zugleich anmutend orientalisch. Die Musiker tanzen über die Bühne, interagieren miteinander. Es wird zunehmend dynamisch. Klassisch kasachisch ist die Lautstärke ohrenbetäubend.

Die Rhythmen stimmen zum nächsten Act ein, der zwar genauso energetisch ist, jedoch unterschiedlicher nicht sein könnte: Das Trio „Ezza“ groovt mit Tuareg Blues Rock. Die traditionelle Musik der afrikanischen Nomadenkultur sticht in den Blues-Kompositionen mit E-Gitarre und Schlagzeug heraus. Zwischen den einzelnen Bands legen kasachische DJs wie „Ras Ed“ oder „Arsen Superfly“ auf und befeuern die ausgelassene Festivalstimmung.

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Weltmusik für Almaty und Astana

Spirit of Tengri
Handwerker verkaufen am Rande des Festivals Schmuck und Instrumente. | Foto: Autorin

Über die Grenzen Kasachstans hinweg hat sich das Festival in der Ethnomusikszene zu einer festen Größe gemausert. Was 2012 als multikulturelles Projekt vom Radiosender Tengri FM ins Leben gerufen wurde, ist heute nicht nur in Almaty ein alljährliches Event. Während „The Spirit of Tengri“ bereits zum sechsten Mal in Almaty stattfindet, gibt es seit letztem Jahr „The Spirit of Astana“.

„Der Wolf ist das Symbol unseres Festivals. Er repräsentiert die nomadischen Kulturen, die ihre eigene ethnische Musik spielen und darbieten“, erklärt Pressesprecherin Irina Buchnaya. Das Festival sei aber nicht nur auf nomadische Kulturen beschränkt, sondern auch offen für alle Kulturen. Mittlerweile konnte „The Spirit of Tengri“, das vom Almatyner Akimat unterstützt wird, Weltmusiker aus mehr als 30 Ländern begrüßen. Als Weltmusik wird die Mischung aus verschiedenen ethnischen Musikstilen mit zeitgenössischen Musikrichtungen wie Jazz, Blues, Rock oder Elektromusik bezeichnet.

Somit liefert das Festival einen kulturellen Beitrag, auch Ethnomusik und kreative Mischformen aus anderen Ländern in Kasachstan bekannter zu machen. Gerade im Vergleich zur sonst hier gehörten Popmusik gibt das Festival die Möglichkeit, das Genre der Weltmusik einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Der Aspekt, verschiedenste traditionelle Musiken zu mischen und zu experimentieren, sorgt nicht nur für ein Gemeinschaftsgefühl, sondern trägt auch zum interkulturellen Austausch bei. Das zeigt sich vor allem durch die einzelnen Acts, die durch ihr Zusammenspiel individuell neue Formen der Ethnomusik erzeugen.

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Musikalische Symbiosen

Mit einem einzigartigen Sound und einer lebhaften Performance beendete die israelische Band „Q2A“, ausgesprochen „Quarter to Africa“, den ersten Tag des Festivals. Die 2014 gegründete Band faszinierte mit seinem Zusammenspiel arabischer Klänge, afrikanischer Rhythmen, gepaart mit Jazz- und Funkakzenten. Hinzu kommt die Verwendung von zahlreichen Instrumenten, darunter Trompete, Oud, E-Gitarre, Bass, Saxophon und Klavier.

Abseits der musikalischen Freuden luden die Stände zahlreicher Instrumentenbauer, Schmuckverkäufer und anderer kreativer Handwerker ein. Getöpferte Schönheiten, unbekannte Traditionsinstrumente oder selbstgegerbte Lederwaren waren im ethnisch vielfältigen Repertoire inbegriffen.

Am zweiten Tag heizte unter anderem das Trio „Yelé“ den Besuchern ein. Die Musiker aus den Niederlanden, Frankreich und Burkina Faso begleiteten ihren imposanten Gesang mit australischem Didgeridoo und westafrikanischen Folkinstrumenten. Die eurasische Band „Steppe Scape“ beendete am späten Sonntagabend das Festival mit rockigen Akzenten und futuristischen Elektrosounds. Die traditionellen Einflüsse zentralasiatischer und russischer Kulturen zogen sich als roter Faden durch ihr fulminantes Konzert.

„The Spirit of Tengri“ beeindruckt vor allem durch die musikalische Symbiose verschiedener Stilrichtungen unter dem Einfluss unterschiedlicher Kulturen. Traditionelle Melodien verschmelzen mit modernen Musikgenres wie Elektro oder rockigen, jazzigen Elementen. Durch das offene Zusammenkommen der Weltmusiker entsteht so eine Form von neuen Klangbildern, die zwar Neugier und Begeisterung erweckt, gleichzeitig jedoch keine Exotisierung einzelner Kulturen betreibt. So avanciert das Almatyner Festival zum festen Treffpunkt der internationalen Weltmusik.

Mayely Müller

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