Alplager sind ein Erbe aus Sowjetzeiten. Bewährt haben sie sich bis heute – als Ausbildungsort für jene, die dem Bergsteigen wirklich näher kommen wollen. Teil 2 unserer neuen Serie „Das Phänomen Bergsteigen“, Fortsetzung aus der letzten Ausgabe.

Mit dem Bergsteigen kann man nicht allein anfangen. Man braucht entweder einen Bergführer oder einen Instruktor, der einem den sicheren Eintritt in diese gefährliche Welt ermöglicht.

Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen Bergführern und Instruktoren. Die Aufgabe von Bergführern ist es, ihre Kunden sicher auf Gipfel und zurück zu bringen. Die Aufgabe von Instruktoren ist es, ihre Kunden zu selbstständigen Bergsteigern auszubilden. Die Arbeit von Bergführern erfordert höchste bergsteigerische Qualifikation. Bergführer führen ihre Kunden meistens auf solchen Routen, auf denen sie alleine machtlos wären. Bei einer Besteigung kann sich ein Bergführer nur auf sich selbst verlassen; wenn mit dem Bergführer etwas passiert, können die Überlebenschancen seiner Kunden gleich Null werden.

Einen guten Instruktor macht vor allem sein pädagogisches Talent aus. Seine Gruppe wird nur für die Routen zugelassen, für die sie ausreichend vorbereitet ist. Während einer Besteigung hält sich der Instruktor zurück und beobachtet die Arbeit seiner Gruppe, um sie nach dem Besteigen zu analysieren. Man kann Bergführer mit Taxifahrern und Instruktoren mit Fahrlehrern vergleichen. Mannschaften aus ausgebildeten Bergsteigern können Trainer haben. Doch Achtung: In Deutschland können die Wörter „Instruktor“ und „Trainer“ anders benutzt werden.

Alplager als Aus- und Fortbildungsstätten

Viele Leute fangen mit einem Bergführer bei einem Reiseveranstalter an. Diese Variante ist die einfachste. Man wählt aus einer Menge von Angeboten aus, zahlt Geld, und der Veranstalter kümmert sich um den Rest. Nach einiger Erfahrung mit solchen Besteigungen bekommt man jedoch das Gefühl, dass man dem Bergsteigen kaum näher gekommen ist. Da fängt man an, sich für die anderen Wege zu interessieren, und mit großer Wahrscheinlichkeit wird einem jetzt ein Alplager oder eine Bergschule empfohlen.

Zu einem Alplager oder einer Bergschule kommt man, wenn man Pläne hat, die weiter als für einen Urlaub reichen, weil da Lernen oder Fortbildung im Vordergrund stehen. Alplager sind ein Erbe aus Sowjetzeiten. Sie folgen den Regeln der Bergsteigerföderationen und stützen sich auf so unikale Ressourcen wie die Lage, Bergsteigerrouten, qualifizierte Instruktoren, usw. Sie bieten ein standardisiertes Ausbildungsprogramm, das aus gut definierten Etappen besteht. Jede Etappe umfasst alle Seiten des Bergsteigens: Bewegung auf Fels, Schnee und Eis, Sicherheits- und Rettungsmaßnahmen, Kenntnisse über Reliefformen, Lawinen, Steinschläge, usw. Die Ergebnisse der Ausbildung finden offiziell Eingang in persönliche Bergsteigerbücher.

Von den 53 klassischen sowjetischen Stationär-Alplagern sind zirka 5 geblieben, eins davon befindet sich in Kasachstan. Es gibt außerdem noch etwa 5 weitere stationäre Lager, sowie einige Sommerzeltlager, die von Bergsteigermannschaften als Trainingslager und Ausgangspunkt für Besteigungen benutzt werden. Für Anfänger sind zwei Alplager, Tuyuksu in Kasachstan und Ala-Artscha in Kirgistan, zu empfehlen. Sie haben alles, was Anfänger brauchen, und sind leicht erreichbar.

Ein Alplager hat folgende Aufgaben:

1) Ausbildung und Fortbildung von Bergsteigern
2) Ausbildung von Instruktoren. In einigen Alplagern auch Ausbildung von Rettungskräften.
3) Unterbringung von Bergsteigergruppen. Es geht sowohl um eigene Gruppen als auch um Gruppen aus Sektionen mit eigenen Instruktoren und um selbstständige Leistungssportgruppen.
4) Zulassung von Gruppen zu Besteigungen.
5) Funkverbindung mit allen Gruppen auf den Routen.
6) Organisation von Rettungsaktionen im Notfall.
7) Dokumentation (Journale der Besteigungen, Bergsteigerbücher, Protokolle der Besteigungen)

Die Alplager mussten sich an die neuen Realien anpassen. Die Teilnahmedauer halbierte sich bis auf 9-14 Tage, um der Urlaubsdauer der Besucher zu entsprechen, und die Zahl der Besteigungen in dieser Zeit erhöhte sich wesentlich. Letzteres kann man damit erklären, dass moderne Ausrüstung Sicherheit für weniger geübte Bergsteiger bietet.
Das Wort „Bergschule“ wird ziemlich willkürlich verwendet. Es bezeichnet sowohl Organisationen, die Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen anbieten, als auch diese Maßnahmen selbst. Wir beschränken uns hier auf Organisationen und schließen dabei Alplager aus.

Da Bergschulen normalerweise keine eigene Infrastruktur, keine Abhängigkeit von Föderationen, keine Bürokratie haben, sind sie flexibel und können ziemlich schnell auftauchen und wieder verschwinden. Abhängig von der Nachfrage agieren sie manchmal als Schule, manchmal als Reiserveranstalter. Es gibt Bergschulen, die nur von einer Person betrieben werden. Häufig bieten Bergschulen spezialisierte Kursen zu bestimmten Themen an, z.B. „BigWall“, „Mixt“ usw.

Ungewisse Zukunft der Bergsteigersektionen

Wenn einem das Bergsteigen so viel bedeutet, dass man bereit ist, seinen Lebensstil zu ändern, in einer Mannschaft mehrere Mal pro Woche zu trainieren, seine Wochenenden an Felsen und seine Urlaube in den Bergen zu verbringen, dann ist eine Bergsteigersektion die beste Wahl. Dort wird man bestens vorbereitet und ist Teil einer erprobten Mannschaft, was in den Bergen eine große Rolle spielt. Bergsteigersektionen (Bergsteigerclubs) sind nichtkommerzielle Sportorganisationen, die vom Enthusiasmus der ehrenamtlichen Trainer und Instruktoren leben.

Da diese Leute älter werden und irgendwann gehen müssen, ist die Zukunft der Sektionen ungewiss. Die Lücke schließen kommerzielle Bergsteigerclubs, in denen die Mitgliedsbeiträge zehnmal so hoch sind wie in den Sektionen. Bis heute sind viele Sektionen an Hochschulen beheimatet, obwohl Studenten dort nicht mehr die Mehrheit stellen. Das Bergsteigen können sich ohne finanzielle Unterstützung nur wenige leisten.

Fortsetzung folgt. Lesen Sie in der kommenden Ausgabe, welche Bedeutung den Bergsteigerföderationen im postsowjetischen Raum zukommt.

Anton Turovinin

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