Das kaspische Meer trennt Kasachstan und Aserbaidschan voneinander. Rund 30 Stunden dauert eine Schiffsreise vom kasachischen Aktau in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku. Dort angekommen, erwartet einen ein wilder architektonischer Stilmix, der zum Teil an Astana erinnert. Ein neuerschienener Architekturführer nimmt Sie mit auf einen Streifzug durch die 1500-jährige Stadtgeschichte.

Starke Winde, die den Staub an Sowjetbauten vorbei in Richtung gläserne Wolkenkratzer fegen – im ersten Moment könnte man glauben, man befindet sich in Kasachstans Hauptstadt Astana. Der zweite Blick fällt jedoch auf die beigen Kalksteinfassaden der Gründerzeitvillen und auf die islamische Altstadt. Diesen einzigartigen Mix von Baustilen bietet nur die aserbaidschanische Hauptstadt Baku, malerisch auf der Halbinsel Abşeron am Kaspischen Meer gelegen.

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Seit 2013 Bakus neues Wahrzeichen: die Flame Towers.
Seit 2013 Bakus neues Wahrzeichen: die Flame Towers. | Bild: dom-publishers.com

Gerade ist bei DOM publishers ein Buch erschienen, das sich mit den vielfältigen Architekturepochen der Stadt befasst. Baku blickt auf eine über 1500-jährige Geschichte zurück, die von seiner Lage zwischen drei ehemaligen Imperien, dem osmanischen, russländischen und persischen Reich, geprägt ist. Die vielfältigen Einflüsse haben sich auch im Stadtbild niedergeschlagen: Innerhalb der alten Stadtmauern steht der sagenumwobene Jungfrauenturm aus dem 13. Jahrhundert wie ein massives Bollwerk, während nur knapp außerhalb der islamischen Altstadt die ersten neoklassizistischen Stadtpalais mit ihren feinen Fassaden an europäische Innenstädte des 19. Jahrhunderts erinnern lassen.

Die Autorin Heike Maria Johenning widmet dem Wandel des ehemals eher unbedeutenden Außenpostens hin zur Stadt des Ölbooms ab 1872 den größten Teil des Buches. In kleinteiliger Recherche deckt sie die spannenden Geschichten hinter den Palästen und Wohnhäusern auf, in denen die meist europäischen Investoren ihre architektonischen Ideen verwirklichen ließen. Noch heute lassen die guterhaltenen Gebäude mit neogotischen und gar maurischen Elementen sowie zahlreiche Villen des Wiener Jugendstils den damaligen Status der Ölmagnaten erahnen.

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Ähnlichkeiten mit Astana kann man vor allem ab dem zweiten Abschnitt des letzten Jahrhunderts feststellen: Der Stilmix der Sowjetmoderne hat genauso seine Spuren hinterlassen wie der Ölboom ab Mitte der 1990er Jahre. Hier und dort stehen alabasterweiße Megamoscheen neben Projekten von internationalen Stararchitekten und Stararchitektinnen. In Baku hat sich beispielsweise die irakisch-britische Architektin Zaha Hadid mit dem jetzt schon ikonischen Heydər-Əliyev-Zentrum verewigt, dem auch der Architekturführer größere Aufmerksamkeit schenkt. Für andere architektonischen Auswüchse der jüngeren Zeit reichen der Autorin hingegen lakonische Beschreibungen, wie bei dem „skurril anmutenden“ Teppichmuseum, das in Form eines sich entrollenden Teppichs gebaut wurde. Abgerundet wird der informative Streifzug durch die städtebaulichen Epochen mit einigen kurzen Exkursen, bei denen vor allem das Kapitel zum „grünen Wunder von Baku“ hervorsticht. Denn wer hätte gedacht, dass aus der ehemaligen schwarzen Ölstadt heute eine grüne Oase geworden ist.

Heike Maria Johenning: Architekturführer Baku, 224 Seiten, ISBN 978-3-86922-401-5. Erschienen im Januar 2018 bei DOM publishers, Berlin.

Dénes Jaeger

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