Die umstrittene Präsidentschaftswahl in Weißrussland ist Thema in der deutschen Tagespresse. Die weißrussische Bevölkerung demonstriert gegen die überwältigende Mehrheit für den Amtsinhaber Lukaschenko und wirft der Regierung Wahlbetrug vor. Lesen sie dazu auch die Artikel auf Seite 4.

FRANKFURTER RUNDSCHAU:

„Die Frage bleibt, wie Europas Wohlstandsbündnis mit dem lästigen Nachbarn an seiner Grenze umgehen soll. Nicht nur bei der Sicherung der Außengrenze ist ein gewisses Maß an Kooperation genauso nötig wie beim wachsenden Transitverkehr durch den zunehmenden Handel mit Russland. Über mehr Aufmerksamkeit für das lange vernachlässigte Land hinaus ist von Europa aber auch eine härtere Gangart mit dem unbelehrbaren Wahlfälscher gefragt. Eine Verschärfung der Einreise-Bestimmungen für ranghöhere Staatsdiener bietet sich an. Doch auch in Moskau sollte die EU stärker auf die Einhaltung gewisser Menschenrechts-Standards beim großzügig subventionierten Bruderstaat dringen.“

tz  (München)

„Das Wahlergebnis in Weißrussland war absehbar. Jetzt aber ist es Zeit, sich einzumischen. Denn die Lage könnte sehr schnell sehr brenzlig werden. Die Massendemonstrationen seiner politischen Gegner sind tatsächlich eine ernstzunehmende Bedrohung für den Populisten Lukaschenko. Haben doch andere ehemalige Sowjetrepubliken damit vorgemacht, wie ein Regime friedlich gestürzt werden kann. Es ist deshalb zu befürchten, dass Lukaschenko gegen die Proteste nun mit Gewalt vorgehen wird. Dann – besser aber noch davor – sollte der Westen den einen Trumpf ausspielen, der dem weißrussischen Präsidenten wirklich weh tut: Putin. Aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit kann es sich Lukaschenko mit ihm nämlich auf keinen Fall verscherzen.“

HANDELSBLATT (Düsseldorf)

„Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch hatte nie und nimmer eine Chance. Doch das ist nicht verwunderlich. Denn mit Wahlfälschungen war bereits im Vorfeld des Urnengangs gerechnet worden. Nur die diesmal besonders dreist durchgeführte Manipulation ist ein neues Phänomen. Und damit ein mehr als deutliches Signal: Lukaschenko ist nicht willens, von der Macht zu lassen. Und er will die Opposition tief demütigen.“

MÄRKISCHE ODERZEITUNG (Frankfurt/Oder)

„Nicht wie sonst nur der Europarat und die OSZE, sondern die Außenminister aller 25 EU-Staaten haben diesmal die Wahl als Farce verurteilt. Das war auch das Mindeste, was man erwarten durfte, nachdem der Diktator zuletzt immer dreister agierte. Der Westen schwieg bisher nicht nur, um Moskau nicht zu verprellen. Sondern auch, weil in Minsk kaum jemand zu erkennen war, der stark und mutig genug gewesen wäre, um Lukaschenko zu widerstehen. Das aber – und dies ist das Gute an der jüngsten Entwicklung – kann jetzt nicht mehr gelten. Fast ein Viertel der Weißrussen sehen in dem Physikprofessor Alexander Milinkewitsch einen Hoffnungsträger. Und es war ein Erfolg, dass Lukaschenko sich am Wahlabend diesmal nicht getraute, die Demonstranten auseinanderzuprügeln, die gegen das gefälschte Ergebnis auf die Straße gingen. Freilich würde der Diktator dies sofort nachholen, wenn er verspürte, dass ihm das Ausland nicht mehr auf die Finger schaut. Deshalb darf Europa Lukaschenko jetzt keine Ruhe mehr lassen. Und man muss auch in Moskau auf eine veränderte Haltung drängen.“

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