Usbekistan war als einziges Land aus Zentralasien mit eigenen Ständen auf der Grünen Woche vertreten. Auf der Agrarmesse in Berlin zog es die Besucher vor allem mit Musik und Tänzen in seinen Bann.

Staunend stehen die Zuschauer vor der kleinen Bühne. Smartphones und Kameras werden gezückt. Die Luft ist von orientalischer Musik erfüllt. Vier junge Frauen tanzen zu den Klängen von Querflöte, Handtrommel und einer zweisaitigen Laute. In langen, bunten Kleidern wirbeln sie über die Bühne. Eine von ihnen dreht sich immer wieder um die eigene Achse, sodass ihre langen schwarzen Zöpfe nur so umherfliegen. Da wird einem schon beim Zuschauen schwindlig. Im Hintergrund flackern Szenen eines Basars über einen riesigen Bildschirm. Darüber steht: „Willkommen in Usbekistan!“

Die Aufführung nationaler Volkstänze durfte an den usbekischen Messeständen nicht fehlen.

Fast könnte man vergessen, dass Zentralasien eigentlich weit weg ist. 4.300 Kilometer trennen Berlin von der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Doch vielleicht lädt gerade dieser graue, nasskalte Januarmorgen umso mehr dazu ein, sich in ferne Länder zu träumen. Und wo ginge das in jenen Tagen besser als auf der Grünen Woche? Mit mehr als 400.000 Besuchern und knapp 2.000 Austellern aus 72 Ländern ist es eine der größten Landwirtschaftsmessen Europas.

Die Musik verstummt und es kehrt wieder Ruhe ein in Halle 2. Die Menschenmassen drängen auseinander, und strömen zu den verschiedenen Ständen, die rund um die Bühne aufgebaut sind. Das Angebot reicht von usbekischem Wein über Schokolade bis hin zu Früchten und Nüssen. Was nach Basar klingt, hat allerdings nur wenig mit dem Original zu tun. Dafür ist die Berliner Messehalle zu steril – und die Händler zu still.

Traumziel Usbekistan

Miyizbek Tajimuzatov verkauft Seidentücher, Puppen und Keramikschälchen. Er ist schon zum zweiten Mal auf der Grünen Woche. In Taschkent stellt er Holzschatullen her. Deutsch kann er kaum, mit den Messebesuchern kommt er aber dennoch ins Gespräch. Immer wieder fragen sie den Kunsthandwerker nach Preisen, woher dieses oder jenes Produkt stamme, oder ob es das Tuch noch in einer anderen Farbe gibt. Auch Feilschen sei erwünscht, meint Tajimuzatov. Aber darauf kommen nur die wenigsten Deutschen. Sie würden vor allem Magneten und Tjubeteki, traditionelle usbekische Hüte, kaufen, erzählt er. Ein Pärchen bestaunt derweil die spitz zulaufenden Stoffpantoffeln. „Das ist ja wie beim kleinen Muck“, rufen sie.

„Tjubeteki“ heißen die traditionellen usbekischen Kopfbedeckungen. Auf der Messe erfreuen sie sich großer Beliebtheit.

Langsam scheint sich bei den ersten Messebesuchern der Hunger zu melden. Dabei ist es gerade einmal halb 12. Eine ältere Dame sitzt allein an einem Tisch. Vor sich hat sie einen großen Teller Plow und Manty, mit Fleisch gefüllte Teigtaschen. „Lecker!“, findet sie. Eigentlich möge sie keine Teigtaschen, aber in diesen hier sei ein besonderes Gewürz. „Usbekistan ist mein Traumziel“, schwärmt die Seniorin. „Für mich war das immer der sowjetische Orient. Dort will ich schon seit fünfzig Jahren hin, aber das war ja immer unbezahlbar.“

Am Weinstand sitzt gelangweilt ein Usbeke und schaut auf sein Handy. Und wer jetzt skeptisch denkt: „Wein aus Usbekistan?!“, der wäre positiv überrascht. Schon Marco Polo wird mit den Worten zitiert: „Samarkand, Buchara und andere prächtige Städte sind Orte, die mit Gärten und Weinbergen geschmückt sind. Ich musste den Wein der Einwohner trinken. […] Er überraschte durch seine ausgezeichnete Qualität.“

Aufschwung von Usbekistans Weinproduktion unter Mirsijojew

In der Sowjetunion spielte die Weinproduktion in Usbekistan allerdings kaum eine Rolle. Auch nach der Unabhängigkeit 1991 waren zunächst andere Dinge wichtig. Doch mit Schawkat Mirsijojew, der 2016 das Präsidentenamt übernommen hat, ändert sich das Verhältnis zum Wein. Im Februar 2018 erließ er eine Verordnung „über die substanzielle Modernisierung der Weinindustrie und die Realisierung der Alkoholproduktion“.

Die Weinproduktion in Usbekistan erlebt unter Präsident Mirsijojew einen kleinen Aufschwung.

Auf der Grünen Woche zeigt sich, wie groß die Auswahl an alkoholischen Produkten aus dem muslimischen Land bereits ist: Neben Wein gibt es Cognac, Champagner und sogar Wodka. „Der hat 40 Prozent“, verkündet ein junger Mann stolz. Farhod Sultanovs Familie hat eines der größten Weingüter im Süden Usbekistans. Schon der Großvater sei Winzer gewesen, Sultanov wolle die Produktion nun übernehmen. Er bietet verschiedene Weine zur Verkostung an: rot, rosé und weiß, trocken und lieblich. Weinkenner hätten hier ihre wahre Freude.

Auf der Bühne erklingt wieder Musik. Die Frauen tanzen zu orientalischen Klängen. Das Publikum ist begeistert. Im nächsten Jahr werden sie wohl wieder nach Berlin kommen, um Zentralasien zu repräsentieren. Vielleicht gesellt sich dann auch ein anderes Land aus der Region dazu.

Othmara Glas

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