Pablo Picasso, Salvador Dalí oder Otto Dix: Das 20. Jahrhundert brachte nicht wenige weltberühmte Künstler hervor. Bis auf Wassily Kandinsky sind russische Maler der breiten Öffentlichkeit in Deutschland hingegen kaum bekannt. Selbst russlanddeutsche Maler des vergangenen Jahrhunderts dürften hierzulande die wenigsten kennen. Das Kastejew-Museum in Almaty zeigt anlässlich des 130. Geburtstags von Alexander Rittich und Leonid Brümmer sowie des 125. Geburtstags von Wladimir Eifert einige Bilder der russlanddeutschen Künstler. Ihnen allen gemein ist, dass sie einige Zeit in der Kasachischen SSR gewirkt und gelebt haben. Rittich freiwillig, Brümmer und Eifert, weil sie in den 40er Jahren nach Kasachstan deportiert wurden. Die Ausstellung ermöglicht es, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und das Erbe russlanddeutscher Maler kennenzulernen.

Wladimir Eifert

Wladimir Eifert
Wladimir Eifert: Selbstbildnis

Wladimir Eifert gilt als Begründer der Kunst in Kasachstan. 1894 in Saratow geboren, wuchs er ohne Vater auf. Seine berufliche Laufbahn begann als Assistent bei einem Fotografen. Diese Tätigkeit weckte seine Leidenschaft für Bilder.

1922 schloss er die Kunsthochschule in Astrachan ab. Ein Jahr später trat er in die Kommunistische Partei ein. Sein Wirken kann in mehrere Epochen eingeteilt werden. Ab Mitte der 1920er Jahre lebte er in Moskau, wo er vor allem Landschaften, Porträts und Stillleben im impressionistischen Stil malte. Später setzte er sich auch mit moderneren Techniken auseinander. Die erste Hälfte der 1930er Jahre verbrachte Eifert in Paris und Deutschland. 1936 bis 1939 war er Direktor des Puschkin-Museums in Moskau. Obwohl er als einer der führenden Kunstexperten in der Sowjetunion galt, wurde er aufgrund seiner deutschen Herkunft 1941 nach Kasachstan deportiert. Die ersten Jahre in der Region Karaganda waren wohl die schwierigsten seines Lebens, da er seiner Kunst nicht nachgehen konnte. Er arbeitete als Wachmann und Buchhalter, während seine Frau auf Feldern Kartoffeln und Rüben erntete.

1944 durfte Eifert nach Karaganda ziehen, wo er als Dekorateur arbeitete. 1947 eröffnete er eine eigene Kunstschule, wo viele später bekannt gewordene Maler von ihm ausgebildet worden sind, zum Beispiel Nikolai Schyrnow, Juri Jewsejew, Alexei Zoi, Juri Korenez und Boris Tschetkow. Vladimir Eifert starb 1960 im Alter von 76 Jahren in Karaganda.

Lange Zeit war seine Grabstätte unbekannt, bis sie vor wenigen Jahren entdeckt wurde. Im Besitz des Kastejew-Museums befinden sich 60 Bilder von Eifert. Seine bekanntesten sind: „Selbstbildnis mit Brille“ (1955), „Stillleben mit blauem Henkelkrug“ (1947-1950), „Am Strand“ (1932) und „Am Rande von Paris“ (1935).

Alexander Rittich

Alexander Rittich wurde im Jahre 1889 in Moskau geboren. Er war einer der ersten professionellen Künstler in Kasachstan, der einen starken Einfluss auf die hiesige Kunstszene hatte.

Alexander Rittich
Alexander Rittich: Selbstbildnis

Rittich schloss das Gymnasium in Moskau ab. Nachdem er an der Kunstakademie in Wien einige Kurse belegt hatte, studierte er an der Münchner Kunstakademie. Rittich folgte dem europäischen Stil, stark beeinflusst von dem Schweizer Maler Arnold Böcklin. Nach der Oktoberrevolution kehrte er nach Russland zurück und kam im Strudel des Bürgerkriegs in die Ukraine, wo er einige Zeit verbrachte.

1933 kam er nach Almaty, um beim Bau einer Tabakfabrik zu helfen. Im selben Jahr wurde die Union der Künstler Kasachstans gegründet, wo er nicht nur ein Mitglied, sondern auch einer der prominentesten und aktivsten Künstler war. Rittich lebte bis Mitte der 1940er Jahre in Kasachstan und starb 1945 in Moskau. Eines seiner eindrucksvollsten Werke ist das Porträt von Dschambyl Dschabajew (1936), einem der wichtigsten kasachischen Musiker und Poeten des 20. Jahrhunderts.

Leonid Brümmer

Leonid Brümmer wurde 1889 in der Stadt Cherson geboren. Sein Talent zum Malen entdeckte er schon in der Kindheit. Zuerst lernte er in der Kiewer Kunstschule, später studierte er an der Kaiserlichen Kunstakademie von St. Petersburg. Bekannt ist, dass er als Fotograf für Zeitungen, als Designer und Leiter einer Kunstschule arbeitete. Er reiste durch Russland, die Ukraine und den Kaukasus.

In den 1940er Jahren wurde er nach Pawlodar deportiert, wo er in Armut lebend, das Malen fortsetzte. Später zog er nach Dschambul (heute: Taras) in den Süden Kasachstans, wo er 1971 im Alter von 86 Jahren starb. Dementsprechend lassen sich drei Perioden von Brümmers Wirken ausmachen: die ukrainische (1917-1941), die pawlodarer (1941-1954) und die dschambuler (1954-1971).

Nach seinem Tod wurde in Taras ein Brümmer-Museum eröffnet. Mehr als tausend Gemälde, große wie kleine Werke des Künstlers werden heute dort ausgestellt. Das Kastejew-Museum besitzt zwölf seiner Bilder, darunter die Stillleben „Chrysanthemen“ (1926), „Rosenstock“ (1965) und „Kürbisse“ (1946). „In seinen Werken bemüht er sich, ein subtiles Farbgefühl zu übertragen. Deswegen dominieren in seinen Werken oft rote und rosa Töne“, sagt der Kunsthistoriker Amir Dschadaibajew.

Schicksal spiegelt sich in der Kunst

Obwohl sich die drei Künstler niemals begegnet sind, sind ihre Leben und Schicksale miteinander verknüpft. Sie verbindet ihre Leidenschaft für die Kunst und ein oft nicht einfaches Leben. Vor allem Eifert und Brümmer nutzten die Kunst, um Schicksalsschläge zu verarbeiten. Waren ihre Werke vor der Deportation von Lebensfreude und hellen Farben beeinflusst, wurden sie danach düsterer.

Die Ausstellung im Kastejew-Museum ist noch bis zum 31. August zu sehen.

Marina Sorokolet

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