Bergbau ist sowohl in Deutschland als auch in Kasachstan ein klassischer Industriezweig. Die Zusammenarbeit beider Länder auf diesem Gebiet wird trotz Krisenzeiten auf der Mining World Central Asia 2016 besonders aufwändig hochgehalten.

Die Bergbauindustrie in Deutschland hat eine jahrhundertelange Tradition und war einst auch für den Beginn der Industrialisierung des Landes und seinen wirtschaftlichen Aufschwung mitverantwortlich. So ist das oft gezeichnete Bild dieser Industrie, die sich auf romantische Weise in Liedern, Literatur oder in Form von Gartenzwergen als Kumpel in die Kulturgeschichte Deutschlands geflochten hat.

Kohle als Energierohstoff, wie zu Zeiten der Hochindustrialisierung, ist jedoch ein Auslaufmodell. Die Energiewende bringt eine Umorientierung mit sich, doch andere Rohstoffe wie Kali, Salz oder Industriemineralien werden nach wie vor abgebaut. Auch mit Braunkohle, die im Übertagebau gewonnen wird, wird immerhin 25% des Stroms in der Bundesrepublik produziert.

„Wir sind sowohl in der Wissenschaft, der Forschung, als auch im Unternehmenssektor in vielen Bereichen Weltmarktführer im Bergbau.“ Der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Kasachstan, Jörn Rosenberg, betont bei der Eröffnung des deutschen Gemeinschaftsstands auf der Bergbaumesse in Almaty, Deutschland sei in den Bereichen Bergbau und Erschließung von Bodenschätzen ein wichtiger Standort. Auch in Kasachstan seien Montan– und die Metallverarbeitungsindustrie traditionelle Industriezweige, die nach wie vor viele Arbeitskräfte beschäftigen. Besonders in Sachen der Modernisierung dieser Sparte kämen Deutschland und Kasachstan als Wirtschaftspartner zusammen. So ist es nicht verwunderlich, dass 15 deutsche Firmen bei der größten Bergbaumesse der Region repräsentiert sind.

Bergbauländer im wirtschaftlichen Dialog

Die Mining World Central Asia vereint als größte zentralasiatische Messe für Bergbau und Metallurgie, Spezialisten und Produzenten auf diesem Gebiet aus aller Welt. Seit 22 Jahren treffen sich in Almaty jährlich führende und mittelständische Unternehmensvertreter zum professionellen Austausch und Partnergewinn aus der Rohstoff-Förder– und Verarbeitungsindustrie. Als ausgeprägte Bergbauregion ist auch Deutschland durch zahlreiche Unternehmen vertreten. Dieses Jahr wurde erstmals ein deutscher Gemeinschaftsstand vom Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA) initiiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und präsentiert. Diese Förderung dient vor allem dem Mittelstand, aber auch namhafte Großunternehmen wie Liebherr finden sich in der Ausstellerliste.

Monika Bind, zuständig für die Märkte GUS und Russland beim VDMA, vermutet, dass möglicherweise auch die angespannten deutsch-russischen Beziehungen dazu beigetragen haben, den deutschen Gemeinschaftsstand in Kasachstan zu ermöglichen. Wobei die Bergbauindustrie in Russland nicht von den Sanktionen betroffen sei. „Besonders Kasachstan wird als stabile Partnerregion für Deutschland gesehen, auch politisch.“ Man hält mit einem deutschen Stand demnach nicht nur die Rohstoffpartnerschaft hoch, sondern auch die politischen Beziehungen, die man schon vor langer Zeit geknüpft hat.

Als große Herausforderungen der globalen Montanindustrie sieht Bind das Überangebot von Rohstoffen und die stark fallenden Rohstoffpreise. In Deutschland ist besonders der Steinkohlesektor betroffen, dessen Subventionierung Ende 2018 enden wird. Den Trend zu erneuerbaren Energien, und weg von fossilen Brennstoffen hat die EU reglementiert. Für diese Zukunft sieht Monika Bind die deutschen Bergbauunternehmen jedoch gewappnet: „…indem sich die Branche konsequent auf das internationale Geschäft ausrichtet.“ Der Erfolg dieser Strategie ließe sich anhand der Exportquote von über 90 Prozent in den vergangenen zehn Jahren festhalten.

Kasachstan ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der zentralasiatischen Region. 80 Prozent seines Außenhandels dort passiert mit Kasachstan – Ex– und Import in beide Richtungen. 2012 wurde das milliardenschwere Abkommen über die Zusammenarbeit bei Rohstofftechnologien und –investitionen unterschrieben. Jörg Hetsch, Delegierter der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien, betont, dass es deutsch-kasachische Partnerschaften gibt, die bis zu 40 Jahre zusammenarbeiten. Von den ehemals vereinbarten zwei Milliarden jährlich, kam man in den letzten Jahren auf je nur eine Milliarde Euro. Das hat vorrangig mit den sinkenden Rohstoffpreisen und der Deflation des kasachischen Tenge zu tun.

Für die Verbandsmitglieder des VDMA wurde gar einen eigene Studie mit einer Marktanalyse des Montanbereichs und regionsspezifischen Besonderheiten erstellt. Während der Export nach Kasachstan im Mining-Bereich sich 2015 in Deutschland auf zwölf Millionen Euro belief, meldete der Verband im ersten Halbjahr 2016 bereits elf Millionen Handelsvolumen. Die in der Vergangenheit meist projektbezogene Zusammenarbeit, wünscht man sich für die Zukunft in „einer breiteren Basis“ aufgestellt.

Konkurrenzfähig dank Individualität

Monika Bind (VDMA) stellt die deutsch-kasachische Partnerbilanz vor. | Foto: Till Eichenauer

Innovativ, hocheffizient und umweltbewusst – so ist das Selbstbild der deutschen Bergbautechnik. Das Angebot: Technik mit hohem Sicherheitsniveau und Arbeitsschutz made in Germany. Doch Konkurrent China hat schon vielen die Weltränge abgelaufen. Monika Bind vom VDMA leugnet nicht die Konkurrenz Chinas, aber sieht die deutschen Unternehmen spezialisiert: „Wir arbeiten nicht von der Stange, wir schneidern auf individuelle Profile.“ Natürlich zähle in Kasachstan auch der logistische Vorteil, den das Nachbarland China mit sich bringt.

Man kann nur hoffen, dass das romantische Image des deutschen Bergbaus auf das kasachische abfärbt. Denn der Bergbau in Kasachstan ist vorrangig für seine rudimentären und schwierigen Arbeitsbedingungen bekannt. Viele der Minenarbeiter fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen. Es geht nicht nur um die niedrigen Löhne, sondern auch um die Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit.

Nach Einschätzung der deutschen Vertreter zeigt sich ein Neuerungswille in der Industrie. Mit seinen innovativen Technologien haben deutsche Partnerunternehmen das Potential, einen nachhaltigen Wandel zu unterstützen, so Bind. Die Aussteller der Mining Messe sind etablierte deutsche Firmen, und sie repräsentieren Stabilität in Krisenzeiten. Deutsche Partner, die schon seit Jahren und zum Teil Jahrzehnten vor Ort sind, würden ihre Marktanteile halten und auch die kasachischen Partner unterstützen wollen. „Es zeichnet deutsche Firmen aus, dass sie auch in schwereren Zeiten bei ihren Partnern sind und nicht nur auf one-shot-deals aus sind“, so Jörg Hetsch, Delegierter der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien. Und auch Generalkonsul Rosenberg, der während seiner letzten Stationierung in Kanada vielfach mit dem Bergbausegment in Berührung kam, freut sich darauf, deutsche Unternehmensrepräsentanten auch weiterhin in Kasachstan begrüßen zu dürfen.

 Der Vorteil an der gemeinsamen Messepräsentation sind Vorbereitung, Umsetzung, Begleitung und viele Kontakte durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vor Ort in Kasachstan, sowie die Reduktion des Messebeitrags. Der Fachbereich Mining des größten europäischen Industrieverbandes – Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau – beherbergt insgesamt 135 Unternehmen. Zehn davon sind auf der Messe in Almaty vertreten. Die anderen vier Unternehmen sind eigenständige Aussteller, auch ein österreichisches Unternehmen ist dabei. Mit einigen davon sprach unser Autor.

Holger Krohmer repräsentiert Doppelmayr. | Foto: Till Eichenauer

Wer den längsten Atem hat
Wahrscheinlich hat in Kasachstan den Namen Doppelmayr noch kaum jemand gehört. Doch viele Menschen, die in Almaty leben oder zu Besuch sind, haben der Firma im wahrsten Sinne des Wortes ihr Leben anvertraut. Denn das österreichische Unternehmen aus Wohlfurth war für den Bau der Seilbahn von Medeo hoch zum Skiressort Schimbulak, in 2300 Meter Höhe, verantwortlich.

Doch Holger Krohmer, der die auf Transporttechnologie spezialisierte Firma in Almaty vertritt, macht schnell klar, dass man auf der Messe nicht für Produkte im Personen– sondern im Materialtransport werben will. Hierbei handelt es sich um lange, hängende Förderbänder, die im Tagebau, aber auch unter Tage große Mengen Schüttgut transportieren können. Diese Technologie kommt bei verschiedensten Materialien zum Einsatz: Kies, Kohle oder in Kasachstan besonders Eisen– und Kupfererze.

Die Aussichten für gute Geschäfte im Land seien aber trotz spürbarem Rückgang der Aufträge in den letzten zwei Jahren weiterhin gut. Man habe Partner, die eher langfristig investieren, und Krohmer betont, dass die Rohstoffpreise sich zwar dynamisch entwickeln, aber am Ende der gewinnt, der in die Zukunft schaut und „den längsten Atem“ hat. Er geht außerdem davon aus, dass man in Kasachstan, im Gegensatz zum russischen Nachbarn, in wirtschaftlich guten Zeiten mehr Rücklagen gebildet habe.

„Mit der Abwertung der Währung 2014 gab es einen kurzen Einschnitt, aber jetzt geht es weiter. Wir haben schon für die nächsten drei Jahre den Bau einer großen neuen Anlage in Kasachstan geplant.“ TiE

Qualität hat ihren Preis

Sergej Sachnow von der Firma GHH sieht schwierige Zeiten in Kasachstan. | Foto: Till Eichenauer

Die Firma GHH (vertreten im deutschen Gemeinschaftsstand) Fahrzeuge aus Gelsenkirchen will in Almaty für ihr Sortiment an Fahrzeugen Berg-und Tunnelbau werben. Kleine kompakte Lade– und Transportmaschinen, die speziell für den Einsatz unter Tage konzipiert sind. Wie Rafael Goschütz erklärt, ist die hier verwendete Technik einer hohen Belastung ausgesetzt: aggressive Grubenwässer und permanenter Dreck und Staub sind die widrigen Bedingungen während des Einsatzes.

Er betont, dass das Unternehmen mit seinen Produkten der Konkurrenz in Bezug auf Langlebigkeit und Zuverlässigkeit dennoch überlegen sei. „Wir sind in der Anschaffung nicht die billigsten Anbieter auf dem Markt. Aber unterm Strich zahlt sich diese hohe Anfangsinvestition nach ein paar Jahren für den Kunden aus.“ Dies sei nicht nur den hohen Standards in Entwicklung und Verarbeitung geschuldet, sondern auch der regelmäßigen Wartung der Maschinen. Die hierfür benötigten Servicekräfte werden von der Firma direkt im Einsatzland ausgebildet.

Zum aktuellen Wirtschaftsklima in Kasachstan befragt gibt Goschütz zu, dass die Lage seit 2014 schwieriger geworden sei. Als Gradmesser der Krise sieht er die zunehmende Nachfrage der Kunden aus Zentralasien nach langfristigen Finanzierungsmodellen. Dennoch sei man mit einigen Maschinen bereits am Markt, arbeite jedoch daran, die Präsenz weiter auszubauen. Das langfristige Servicemodell und die hochwertige Verarbeitung seien der Schlüssel für den Erfolg der Firma GHH. So sollen noch dieses Jahr vier neue Maschinen für ein bekanntes Bergbauunternehmen in Kasachstan ausgeliefert werden. TiE

Flaute, Konkurrenz und wenig Fahrradwege

Rafael Goschütz glaubt glaubt, dass Qualität sich durchsetzt. | Foto: Till Eichenauer

Neben den großen Unternehmen wie Liebherr oder Doppelmayr wirkt das mittelständische Unternehmen Hofman aus Rellingen bei Hamburg fast etwas klein auf der Messe. Sie sind trotzdem eigenständig vertreten. Die Firma aus Norddeutschland baut mit 120 Mitarbeitern seit 60 Jahren gefragte Maschinen zur Fahrbahnmarkierung in allen Größen. Die Maschinen kommen überall zum Einsatz, wo Verkehr geleitet werden muss: auf Autobahnen, in der Stadt, auf Parkplätzen oder Tiefgaragen.

Zu seinen zukünftigen wirtschaftlichen Erwartungen in Kasachstan befragt, antwortet der Repräsentant der Firma, Sergej Sachnow, sehr offen und spricht von einer „Flaute“. Er sieht eine Tendenz, in der auch langfristig Investitionen in die Infrastruktur gekürzt werden. Aus dieser pessimistischen Sicht gäbe es, seiner Meinung nach, hierbei keinen Unterschied, ob es Autobahnen oder den urbanen Bereich betrifft. Auch die Konkurrenz macht dem Unternehmen zu schaffen: Zwar sei man in der Sparte das älteste Unternehmen, aber man müsse sich den Markt mit anderen Unternehmen aus Europa und den GUS-Staaten teilen.
Auf die Frage, ob vielleicht das Markieren von Fahrradwegen in der Region an Bedeutung für seine Firma gewinnen könnte, antwortet er, dass diese Entwicklung in Deutschland zurzeit rasant ablaufe. Für die Region Zentralasien erwarte er aber zumindest mittelfristig keine vergleichbare Entwicklung. TiE

Julia Boxler

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