Wenn sie in der Gondel ins Skigebiet Schymbulak sitzen, wissen vermutlich die wenigsten, dass sie in einem Produkt einer österreichischen Firma nach oben fahren. Aber wie kommt eine solche kasachstanisch-österreichische Kooperation zustande? Michael Müller leitet das neu eröffnete Büro von Advantage Austria in Almaty. Mit der DAZ sprach der 32-Jährige über die Außenwirtschaftsförderung der Alpenrepublik.

/Bild: Advantage Austria. ‚Advantage Austria organisiert Delegationsreisen und Kooperationsbörsen.’/

Herr Müller, einige Staaten haben in Kasachstan eine Handelsmission oder Ähnliches. Seit dem 3. November 2010 nun auch Österreich. Warum ist das so wichtig?

Michael Müller arbeitet seit 2002 im auswärtigen Dienst der Republik Österreich.

Österreich ist eine kleine, offene Volkswirtschaft. Etwa 55 Prozent seiner Gesamtwirtschaftsleistung wird durch den Export erbracht. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ähnlich wie in Deutschland das Rückgrat der Wirtschaft bilden, haben aber nicht die Kapazitäten, einfach einmal zwei Leute ins Ausland zu schicken und zu sagen: „Recherchiert mal!“ Deshalb müssen wir von Advantage Austria ihnen bei der Internationalisierung des Geschäftes unter die Arme greifen. Außerdem ist Kasachstan der wichtigste Öllieferant für uns, weswegen ein Handelsbilanzdefizit auf unserer Seite entsteht, das wir ein wenig auszugleichen suchen.

Was genau verbirgt sich hinter dem Namen Advantage Austria? Wie ist es strukturiert?

Wir sind eine Agentur, die die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft fördert. An uns wenden sich alle österreichischen Firmen, die zum Beispiel ins Ausland expandieren oder Technologie transferieren möchten. Die Advantage Austria ist ein Teil der Wirtschaftskammer Österreich und zugleich die Wirtschaftssektion der österreichischen Botschaft. Die Büroleiter sind also Angehörige des diplomatischen Korps. Wir arbeiten in einem Netz aus weltweit etwa 115 Auslandsbüros. Österreich liegt damit auf Platz zwei nach den USA. Wir sind von Almaty aus für Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan zuständig. Unser Team wird mit mir fünf Leute umfassen, aber überwiegend lokal sein. Zudem arbeiten wir in den anderen von uns bearbeiteten Ländern mit sogenannten Konsulenten, die Informationen beschaffen und aufbereiten.

Wie kamen Sie zu diesem Beruf?

Durch eine Mischung aus Zufall und Planung. Ich habe mich schon immer für Russland interessiert und war während meines Studiums in Moskau und dort später für ein Unternehmen tätig. 2002 war dann eine Stelle bei unserem Büro in Moskau ausgeschrieben, die ich quasi als „Quereinsteiger“ bekommen habe. Die nötigen Prüfungen, die man für unseren Dienst benötigt, habe ich dann im Nachhinein abgelegt. Im Büro in Almaty werde ich vermutlich zwischen fünf und sieben Jahren bleiben.

Und wie fördert ihr Büro die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft in Bezug auf Kasachstan?

Im Tagesgeschäft, wie ich es nenne, geht es um Hilfe bei der Marktbearbeitung für österreichische Firmen. Zum Beispiel möchte die Firma „X“ wissen, ob ihr Produkt „Y“ Potenzial auf dem kasachstanischen Markt hat, wie die Konkurrenz aussieht, ob sie bestimmte Zertifizierungen benötigt, und so weiter. Wir beraten auch bei Investitionen oder in Fragen, wie man eine Repräsentanz oder Firma hier eröffnet. Zudem sind wir als offizielle Vertretung der österreichischen Wirtschaft und Teil der Botschaft natürlich auch im offiziellen Rahmen tätig. Wir begleiten politische Delegationen, wie zum Beispiel Anfang Dezember Herrn Bundespräsidenten Heinz Fischer und bereiten Wirtschaftsthemen für sie auf. Im dritten Teil der Arbeit – der „aktiven Arbeit“ – schauen wir direkt vor Ort, welche Möglichkeiten sich für österreichische Firmen bieten, welche Projekte oder Sektoren für sie gerade attraktiv sein könnten. Wir wollen einfach zeigen: „Hey Leute, hier in Kasachstan tut sich etwas!“ Wir organisieren dann zum Beispiel Besuchsreisen.

Wie viele österreichische Firmen betreuen Sie in Kasachstan, in welchen Sektoren sind Sie tätig?

Man muss zwischen Firmen unterscheiden, die schon vor Ort Niederlassungen haben – das sind etwa zwischen 50 und 60 – und solchen, die zwar keine Repräsentanz in Kasachstan führen, allerdings ein ständiges Interesse und Kooperationswünsche haben – das sind etwa 500 Stück. Prinzipiell arbeiten die meisten hier eher BtoB, also von Firma zu Firma als direkt mit Privatunden. Sie sind mit OMV im ÖL- oder mit der ATF im Bankengeschäft tätig, arbeiten auch teils in der Nahrungsmittelverarbeitung oder der Pharmazie. Österreich gewinnt hier nicht durch Preise, sondern auch dadurch, dass wir Dinge machen, die nicht jeder kann, wie zum Beispiel die Gondel zum Skigebiet Schymbulak. Die drittlängste Gondelbahn der Welt wurde von der Firma Doppelmayr gebaut. Grundsätzlich hat Österreich aus naheliegenden Gründen viel Know-how im Wintersportbereich. Rund um die Asienspiele Anfang 2011 haben österreichische Firmen daher viele Aufträge bekommen. Aber auch das Ventilationssystem der zukünftigen Untergrundbahn in Almaty wird von einer österreichischen Firma installiert. Alles in allem betrug das Exportvolumen aus Österreich nach Kasachstan 2009 und 2010 knapp 200 Millionen Euro pro Jahr.

Gibt es eine starke Konkurrenz zwischen den europäischen Staaten?

Die gibt es natürlich bis zu einem gewissen Grad, denn jedes Land hat ja in gewisser Weise einen Unterstützungsauftrag für die eigene Wirtschaft. Die Kernmärkte der europäischen Firmen liegen allerdings nach wie vor in Europa. Außerdem kennt man sich untereinander. Hier in Kasachstan stellt sich die Situation aber etwas anders dar: Russische, chinesische und türkische Firmen sind sehr stark vertreten und drücken auf den Preis, da sie sehr billig produzieren. Da müssen wir einfach mit Qualität überzeugen. Kooperation der europäischen Staaten ist wichtig, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Probleme im Gastland anzugehen und zu lösen.

Wie sieht für Sie die Arbeit in der Zukunft aus?

Das letzte Jahr war für österreichische Exporte nach Kasachstan sehr schlecht, dieses Jahr wird sich allerdings eine Erholung einstellen. Was unsere Arbeit anbetrifft, so steht fest, dass wir wieder österreichische Delegationsreisen nach Kasachstan organisieren, aber auch einige offizielle Besuche von kasachstanischer Seite aus in Österreich betreuen werden. Ich rechne damit, dass wir auch ab 2012 als Aussteller auf Messen, wie man es zum Beispiel vom deutschen Pavillon kennt, vertreten sein werden.

Interview von Vinzenz Greiner

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