Züblin, einer der größten deutschen Baukonzerne, ist seit Mai 2007 mit einer Tochtergesellschaft in Kasachstan präsent. Der Zeitpunkt für den Markteintritt eines Bauunternehmens – wenige Monate vor dem Platzen der Immobilienblase in Kasachstan – erweist sich auf den ersten Blick als denkbar ungünstig. Im Interview berichtet der Geschäftsführer der TOO Züblin Kasachstan, Friedrich Naeher, wie sich sein Unternehmen in der Krise schlägt und welche Perspektiven es in Kasachstan sieht.

/Bild: Ulf Seegers. ‚Friedrich Naeher ist seit Mai 2007 in Kasachstan.’/

Herr Naeher, Züblin ist seit gut zwei Jahren auf dem kasachischen Markt präsent. Auf welchen Baustellen in Kasachstan drehen sich ihre Kräne?

Bislang leider auf keiner. Zwar wurden seit Beginn unserer Aktivitäten zahlreiche Angebote für höherwertige Bauprojekte erstellt, aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage wurde jedoch bisher keines der Projekte vergeben. Im laufenden Jahr hat sich die Lage noch mal verschlechtert. Wegen der fehlenden Finanzierung kamen bisher so gut wie keine neuen Ausschreibungen auf den Markt. Was im Moment auf dem kasachischen Bausektor läuft, ist die Fertigstellung angefangener Wohn- und Bürogebäude. Das ist aber für uns wenig interessant.

Also schlechtes Timing für den Markteinstieg?

Nicht unbedingt. Denn vermehrte Anfragen bei Züblin nach einer deutschen Baufirma bezeugen das gestiegene Interesse an technisch fortgeschrittenem Bauen und zuverlässiger Qualität. Und im Nachhinein kann man sagen, dass, wenn wir früher gekommen und schon mit eigenen Baustellen präsent gewesen wären, angefangene Projekte hätten eingestellt werden müssen und die teuere Mobilisierung von Personal und Gerät umsonst gewesen wäre. So können wir mit verhältnismäßig geringen Kosten das lokale und regionale Netz zu potentiellen Kunden, Lieferanten und Subunternehmern ausbauen und dann mit dem nächsten Aufschwung wachsen.

Welche Bauvorhaben wollen Sie in Kasachstan realisieren?

In Kasachstan suchen die Auftraggeber vermehrt nach europäischer Qualität und Zuverlässigkeit. Auch hier sehe ich durchaus positive Auswirkungen der gegenwärtigen Situation auf dem Baumarkt, wo die ausgeführte Qualität vieler Objekte doch einiges zu wünschen offen lässt. Speziell will Züblin in Bereichen tätig werden, die besonderes Know-how voraussetzen: Brückenbau, Tunnelbau, Hafen- und Staudammbau sowie natürlich auch höherwertige Hotels und Bürogebäude wie beispielsweise im „Financial District“ in Almaty.

Vor der Krise boomte der Wohnungsbau in Kasachstan. Wollen Sie auch in diesem Bereich tätig werden?

Wir werden nicht im einfachen Wohnungsbau aktiv werden, der durch lokale und türkische Firmen bereits gut abgedeckt ist. Wir möchten ingenieurtechnisch komplexe Projekte angehen, in die wir unsere über 100-jährige Erfahrung einbringen können. Auch logistisch schwierige Projekte sind für uns interessant. Ein klassisches Beispiel ist ein Fünf-Sterne-Hotel. Dort ist Know-how im Umgang mit komplexer Technik gefragt. Dazu ist bereits in der Planungsphase die Koordination vieler verschiedener Gewerke notwendig. Aber auch unterschiedlichste Materialen aus aller Herren Ländern nach Kasachstan zu schaffen und sie zeitgerecht mit der entsprechenden Qualität einzubauen, kann nicht jeder. Unsere Einbindung an einen der führenden Baukonzerne Europas, STRABAG, hilft uns, herausragende Ingenieurleistungen in Kasachstan professionell umzusetzen.

Wann rechnen Sie damit, dass sich die Lage in der kasachischen Bauwirtschaft wieder bessert und für Sie interessante Projekte ausgeschrieben werden?

Unser Engagement in Kasachstan ist langfristig ausgerichtet, deshalb haben wir hier auch eine Tochtergesellschaft gegründet. Im Moment versuchen wir, quasi auf Sparflamme, die Krise zu überstehen. Wir setzen große Hoffnungen in den privaten Industriebau. Also Investoren, die Stahlwerke, Glaswerke, Kraftwerke oder Anlagen für die Ölindustrie am Kaspischen Meer in Auftrag geben. Aus diesem Bereich rechnen wir schon in den nächsten Wochen mit einem ersten Auftrag.

Abschließend noch eine Frage, die nichts mit dem Bau-Kontext zu tun hat. Sie sind Mitglied in der Deutsch-Kasachischen Assoziation der Unternehmer (DKAU). Warum?

Die DKAU und ihr ehemaliger Geschäftsführer Alexander Schröder haben uns besonders in unserer Gründungsphase stark unterstützt. Die Markteintrittsberatung war sehr kompetent. Wir haben durch die DKAU wertvolle Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und zur Branche erhalten. Außerdem haben sie anfangs viele wertvolle Kontakte vermittelt. Auch in Zukunft sehen wir, wie auch andere Mitglieder der DKAU, die Möglichkeit, mit deutschen Produkten und Erfahrungen zur weiteren Entwicklung Kasachstans beizutragen.

Das Interview führte Ulf Seegers.

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