Das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge hat eine neue Studie über eine noch nicht so sehr beachtete Personengruppe veröffentlicht: Zugezogene Ehegatten und Ehegattinnen. Die Ergebnisse bringen Aufschluss über ihre Lebenssituation im ersten Jahr der Migration.

Fatma ist ihrem Ehemann Husein nach Deutschland gefolgt. Sie ist mit ihren drei Kindern nach Deutschland gekommen. Während ihr Mann als 1.000.001. Gastarbeiter schuftet, steht sie vor der großen Herausforderung, Lebensmittel einzukaufen. Nicht nur sie, sondern auch der Verkäufer, in dem noch für die 60er Jahre typischen Tante-Emma-Laden sind kulturell und sozial total überfordert.

Dieses Bild zeigt die Szene aus dem Film „Alemanya – Willkommen in Deutschland“ eindrucksvoll: Fatima will Brot kaufen, kennt jedoch das deutsche Wort nicht, der Verkäufer widerum versteht nicht, was sie kaufen möchte. Beide versuchen es mit onomatopoetischen Lauten und Zeichensprache. So gelingt es Fatima schließlich, Milch zu kaufen, indem sie vor der Ladentheke steht und halb verzweifelt, halb eingeschüchtert wie eine Kuh muht.

Heirat ist wichtiger Migrationspfad

Natürlich wurde diese Szene bewusst übertrieben in dem Spielfilmdebüt der Schwestern Nesrin und Yasemin Samdereli. Dennoch machte er – wenn auch nur am Rande – auf die Situation von zugewanderten Ehegattinnen und Ehegatten in Deutschland aufmerksam. Dabei versucht der Komödienfilm ein Bild von der Integration der Gastarbeiterfamilien in Deutschland zu vermitteln.

Neben der Zuwanderung aus beruflichen Gründen oder zum Zweck der Ausbildung ist jedoch der Ehegattennachzug ein weiterer wichtiger Migrationspfad für Drittstaatenangehörige nach Deutschland. Allerdings ist diese Personengruppe schon allein im Vergleich zur sozialen Situation anderer Zuwanderer sehr unterschiedlich und wenig erforscht. Aus diesem Grund hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Studie veröffentlicht, die nun einen tieferen soziodemographischen Einblick in die Gruppe der zugereisten Ehegattinnen und Ehegatten ermöglicht.

Inwieweit einige Szenarien, die im Film „Alemanya” zu sehen sind und doch der Realität entsprechen, darauf können nun die Ergebnisse der Heiratsmigrationsstudie eine Antwort geben. Durch die Studie liegen dem Bundesministerium nun belastbare Informationen über die Lebenssituation von nachgereisten Ehepartnern verschiedener Länder in den ersten Jahren der Migration vor.

Seit 2005 bis Ende des Jahres 2013 sind auf dem Weg der Heiratsmigration 35.000 Männer und Frauen nach Deutschland gekommen. Laut der Studie sind die meisten Ehegatten zwischen 18 und 34 Jahre alt. Bei 80 Prozent der Fälle handelt es sich um intraethnische Ehen. Damit ist gemeint, dass der bereits in Deutschland lebende Partner ebenfalls zugewandert ist oder Wurzeln in einem anderen Land hat.

Sprachkenntnisse sind sehr hilfreich

Die Studie beweist außerdem, dass der Erwerb von Sprachkenntnissen bereits vor der Einbürgerung von großer Bedeutung ist. Seit 2007 müssen alle Zuwanderer grundlegende Sprachkenntnisse nachweisen. Laut der Studie empfindet dies ein Drittel der Befragten als lästig, dennoch halten 80 Prozent der Studienteilnehmer den verpflichtenden Sprachnachweis für sinnvoll. Positiv wirke auch auf das Vermögen der Sprachkenntnisse, wenn es sich um eine interethnische Ehe handelt.

„Die Studie zeigt für mich, dass die Kritik an den Sprachtests offensichtlich an den Interessen der Betroffenen vorbeigeht”, sagte der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Manfred Schmidt der Süddeutschen Zeitung. Die Studie belegt auch, dass Frauen beim Spracherwerb oft benachteiligt sind, weil sie sich nicht in einem entsprechenden sozialen Umfeld bewegen. Denn 70 Prozent der Ehegatten leben bereits mit einem Kind.

Frauen seien schlechter vernetzt als Männer, weil sie oftmals zuhause blieben. Dies zeigt sich besonders in den Gruppen der Ehegattinnen, der aus der Türkei, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Indien und Pakistan Zugewanderten. Laut der Studie haben diese Frauen weniger Kontakt mit Deutschen ohne Migrationshintergrund, weil sie vergleichsweise häufig kleine Kinder haben und somit nicht erwerbstätig seien. Dementsprechend kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass für zugezogene Ehegattinnen und Ehegatten der Zugang zu sozialen Kontakten erleichtert werden muss, sowie Weiterbildungs– und Ausbildungsangebote geschaffen werden müssen. Für diese Studie wurden insgesamt 2.497 Männer und Frauen befragt.

Im Film hat Fatma schließlich als Großmutter die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt und den Sprachtest abgelegt.

Von Dominik Vorhölter

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