Jürgen Hein ist in Russland geboren und hat ab Mitte der 80er Jahre in Kasachstan gelebt. Heute kurbelt der Russlanddeutsche von Hannover aus die Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion an. Seine Atlanta Capital Group ist als unabhängiger Finanzdienstleister und im Import-Export-Geschäft tätig. Im Interview berichtet der 47-Jährige von der Gründung der Deutsch-Kasachischen Assoziation der Unternehmer (DKAU) und erzählt, was die Geschäftskultur in Kasachstan besonders macht.

/Bild: privat. ‚Jürgen Hein ist Geschäftsführer der Atlanta Capital Group. Das Unternehmen beschäftigt über 150 Mitarbeiter.’/

Herr Hein, was sind die Geschäftsfelder der Atlanta Capital Group?

Im Ausland haben wir zwei Tätigkeitsschwerpunkte. Zum einen sind wir ein unabhängiger Finanzdienstleister, d.h. wir beschaffen Unternehmen aus der ehemaligen Sowjetunion Finanzierungen für den Kauf von Maschinen und Anlagen in Europa. Zum anderen sind wir im Export-Import-Geschäft tätig. Wir liefern Anlagen, Maschinen und Technologien aus Europa in die Gemeinschaft der Unabhängigen Staaten (GUS) und nach Osteuropa.

Zwei recht unterschiedliche Geschäftsfelder.

Das ist wie beim Menschen – man braucht zwei Beine auf denen man stehen kann. Für uns gehört es zusammen – Unternehmen in der GUS benötigen sowohl technische als auch finanzielle Mittel.

Was machen Sie konkret in Kasachstan?

In Kasachstan sind wir schon seit 2002 aktiv. Wir haben hier in Petropawlowsk, Almaty sowie Astana Niederlassungen und vermitteln Handels- und Projektfinanzierung. Außerdem verkaufen wir Maschinen und Anlagen deutscher und europäischer Produzenten. Besonders im metallurgischen Sektor, in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie machen wir gute Geschäfte. Wir versuchen auch, die Zusammenarbeit zwischen deutschen und kasachischen Unternehmen auf den Weg zu bringen. Im Moment helfen wir gerade dem deutschen Baukonzern Alpine, in Kasachstan Fuß zu fassen. Schon ziemlich zu Beginn unserer Tätigkeit in Kasachstan bin ich auch in die Deutsch-Kasachische Assoziation der Unternehmer eingetreten.

Warum sind sie Mitglied der Deutsch-Kasachischen Assoziation der Unternehmer?

Ich hatte einen guten Kontakt zur Assoziation der Deutschen in Kasachstan „Wiedergeburt“ und zum heutigen Verbandspräsidenten Alexander Dederer. Die Finanzierung von Maschinen und Anlagen ist für Unternehmen in der GUS eines der dringendsten Probleme. Die Technik, mit der produziert wird, ist oft veraltet, entsprechend hoch ist der Investitionsbedarf. Herr Dederer hat für diese wichtige Fragestellung ein Vereinsmitglied gesucht, das Experte ist und anderen Mitgliedern helfen kann. So kam meine Mitarbeit schon vor der Gründung des Verbandes zu Stande und ich wurde Vizepräsident des Verbandes.

Haben sich ihre Erwartungen an den Verband erfüllt?

Zum Teil. Wir haben unzählige Gespräche geführt, Konferenzen gemacht, gute Kontakte zu deutschen und kasachischen Firmen aufgebaut, aber das ist noch zu wenig. Wir sind noch lange nicht fertig. Immer, wenn ich in Kasachstan bin – etwa fünf bis sechsmal pro Jahr – versuche ich, auch den Verband weiter zu unterstützen.

Woher kommt eigentlich ihre Verbindung zu Kasachstan?
Ich bin in Russland geboren und habe dort auch studiert. Nach dem Studium habe ich von 1985 bis 1992 in Astana als Ingenieur gearbeitet. Danach bin ich mit meiner Familie nach Deutschland ausgereist.

Wie war der Start in Deutschland? Fiel Ihnen die Eingewöhnung schwer?

Ich habe zunächst zweieinhalb Jahre als Bauarbeiter gearbeitet. Parallel dazu habe ich in Köln zwei Ausbildungen in der Finanz- und Versicherungsbranche gemacht und auch in diesem Bereich gearbeitet. 1996 habe ich dann mein erstes Unternehmen gegründet – eine Immobilienfirma. 1998 kam dann Atlanta Capital dazu.

Sie sind also lieber Unternehmer als Angestellter?

Auf jeden Fall. Ich habe für mich mehr Potential darin gesehen, selbstständig zu sein. Als Unternehmer kann ich mehr schaffen. Ich habe immer davon geträumt, als Mittler zwischen Europa und der GUS tätig zu werden, weil ich als Russlanddeutscher beide Welten gut kenne.

Abschließend – Haben Sie noch einen Tipp für deutsche Unternehmen mit Kasachstan-Ambitionen? Was sind im Vergleich zu anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion die Besonderheiten des kasachischen Marktes?

Die Mentalität der Menschen in Kasachstan ist ganz besonders. Obwohl ich selbst nur acht Jahre in Kasachstan gelebt habe, ist mir die Kommunikationsebene viel näher als beispielsweise in Russland, wo ich über 20 Jahre gelebt habe. Die Geschäftsleute in Kasachstan stehen einfach zu ihrem Wort.

Das Interview führte Ulf Seegers.

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