Der Sieg der Nationalmannschaft fördert das Image Deutschlands in Wirtschafts- und Politikerkreise. Darüber hinaus lassen sich auch andere Ableitungen vom Erfolg der Fußball-Weltmeisterschaft auf eine erfolgreiche Wirtschaft machen, weiß Prof. Dr. Bodo Lochmann.

Natürlich ist Fußball nur ein Spiel. Eigentlich. Die Ergebnisse hängen schließlich auch von einer Reihe von Zufallsfaktoren ab, wie Wetter, Tagesform, Schiedsrichterleistung oder Glück. Für die meisten Zuschauer ist Fußball auch nur eine interessante Freizeitbeschäftigung, bei dem sich immerhin 22 Spieler um nur einen Ball streiten. Diese Sportart ist bei Aktiven und Passiven auch deshalb so beliebt, weil die Regeln einfach sind, fast jeder mitreden kann oder meint, das tun zu können.

Doch gerade Fußball hat infolge seiner Massenfaszination immer auch noch eine Vielzahl anderer nichtsportlicher Begleiterscheinungen.

Da ist natürlich zuerst das große Geld, um das es vielen Akteuren letztlich geht. Weniger denen auf dem Spielfeld, als denen an der Bande und im Hintergrund. Bis zum Viertelfinale, so sagt man, ist die Teilnahme einer Nationalmannschaft an einem großen Turnier ein Verlustgeschäft, erst danach wird der break-even-point erreicht, also jener Punkt, bei dem die Einnahmen die Ausgaben decken. Dorthin kommen aber nur wenige Mannschaften, auf jeden Fall aber der Generalveranstalter, also die FIFA.

Dann sind natürlich auch die modernen Politiker Nutznießer am Erfolg oder Misserfolg „ihrer“ Mannschaft – oder eben auch nicht. Wenn der damalige Bundeskanzler Adenauer beim ersten deutschen Titelgewinn 1954 noch meinen konnte, er habe Wichtigeres zu tun, als sich Fußballnachrichten anzuhören, wäre eine solche Aussage heutzutage eine Art Dolchstoß für einen Politiker, der vom Volk irgendwann wiedergewählt werden will.

Auch aus diesem Grunde hat die aktuelle Bundeskanzlerin (richtig! – A. Merkel) in ihrer Amtszeit alle wesentlichen Turniere der deutschen Nationalmannschaft durch ihre persönliche Teilnahme beglückt. Sicher nicht nur aus Kalkül, sondern auch aus innerer Begeisterung für diesen Sport. Aber die politische Rendite aus der Leistung anderer lässt sich bei medienwirksam zur Schau gestellter Begeisterung halt immer noch erhöhen.

Nach dem Sieg der Löw-Elf hat in Deutschland nicht nur unter den Fußballfanatikern eine Debatte um Ursachen und Lehren des Erfolgs der Mannschaft eingesetzt. Auch unter Wirtschaftsführern wird darüber diskutiert, was es aus dem Weltmeistertitel der Deutschen für Wirkungen auf die Wirtschaft, auf das Image des Landes, auf das Management ausgehen werden oder können. Manche Aussagen und Schlussfolgerungen sind dabei etwas an den Haaren herbeigezogen, denn zwischen Fußball und Wirtschaft gibt es ja doch prinzipielle Unterschiede. Hätte Argentinien das Finalspiel gewonnen, wäre zwar die subjektive Welt für viele Fans eingestürzt, nicht jedoch die reale Welt. Ein Fehler in der Wirtschaft jedoch kann sehr leicht das Aus für ein Unternehmen und der damit verbundene Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten.

Von den Wirkungen des deutschen Sieges scheint immer noch am einfachsten der Imagegewinn quantifizierbar. Internationale Umfragen, zum Beispiel von der BBC, stellen der deutschen Nation weit über den Fußball hinaus Bestnoten aus. 60 Prozent der Befragten bewerten Deutschland nun positiv, das ist Rekord. Sogar in den südeuropäischen Staaten der EU, die unter dem angeblichen Spardiktat der Deutschen besonders leiden, hat sie das Image Deutschlands gebessert. Allerdings sind auch kritische Stimmen etwa dergestalt zu hören „Nach der Wirtschaft sind sie nun auch noch im Fußball die ersten!“

Da kann man nur beruhigend sagen, dass das in ein paar Jahren schon wieder anders sein kann, denn wie in der Wirtschaft schläft die Konkurrenz auch im Sport nicht, jedenfalls nicht allzu lange.

Für die direkten Managementprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft gibt es zwar auch eine Menge Ableitungen, die jedoch schwerer quantifizierbar sind, als Umfragewerte zum Image. Teamwork – also Kooperation statt Individualismus, langfristig ausgerichtete Strategien, flexibles Handeln, Fokus auf ein gemeinsames Ziel, Nachwuchsförderung (also Bildung) sind nur einige von möglichen Lehren, die der Sport der Wirtschaft zwar nicht erstmalig demonstriert, deren Aktualität wohl aber wieder praktisch vor Augen führt.

Bodo Lochmann

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