Kein Gehalt, kein Feierabend, kein Wochenende, kein Urlaub – Mutter zu sein ist vielleicht der undankbarste Beruf von allen. Doch das Beispiel einer alleinerziehenden Mutter aus Pawlodar zeigt, wie man auch unter schwierigen Umständen seinen Weg finden kann.

Mit 20 Jahren hatte Xenia einen klaren Traum vor Augen: sie wollte heiraten, Kinder kriegen, den Haushalt führen und für ihre Familie sorgen. Während der Mann arbeiten geht und das Geld nach Hause bringt, würde sie sich tagtäglich um die anfallenden Hausarbeiten kümmern wie kochen, putzen, Wäsche waschen und den Nachwuchs betreuen. Xenia war ganz aus dem Häuschen, als sie erfuhr, dass sie schwanger war. Gemeinsam mit ihrem Freund, mit dem sie fast zwei Jahre zusammen lebte, träumte sie von einer glücklichen Familie. Doch kurz bevor alle ihre Wünsche Wirklichkeit wurden, zerbrach der Traum von der gemeinsamen Zukunft in tausende von Scherben.

Mittlerweile ist Xenia 24 und Mutter einer wunderschönen Tochter namens Sofia. Doch vom dem Vater des Kindes ist sie mittlerweile getrennt, sodass sie Sofia alleine aufzieht. Xenias Eltern unterstützen ihre Tochter überall, wo es geht. Fast jeden Abend erinnert sich Xenia an die schönen Momente von damals, und sie kann es kaum glauben, alles allein schaffen zu können.

Früher war es normal, wenn eine Frau die Frage, was sie beruflich mache, mit „Hausfrau” beantwortete. Heute wird sie dagegen meist belächelt: Hausfrau sei kein Beruf. Eine Frau, die zu Hause bleibt, gilt als zu faul, um für den Lebensunterhalt zu sorgen. In den meisten Fällen wird die Frau zur Hausfrau, wenn sie Mutter geworden ist. Um dem Kind oder den Kindern gerecht zu werden, bleibt sie dann oft über viele Jahre zu Hause. An eine Rückkehr ins Berufsleben ist dann manchmal nicht mehr zu denken, da Arbeitgeber Bewerbungen oftmals mit der Begründung „lange Berufsabstinenz” ablehnen. Und so entscheiden sich dann viele Eheleute dazu, dass die Frau ihren Beruf als Hausfrau weiter ausübt.

Papa und Mama in einer Person

Doch das war nicht der Fall bei Xenia. Ihrer Meinung nach bekommt eine alleinerziehende Mutter eine stärkere Motivation, sie muss dem Kind alles geben, damit es sich wohl mit anderen Kindern fühlt. Ihr Lieblingszitat stammt von Shakespeare: „Unser Leben ist wie ein Theater, wo jeder seine Rolle spielt“. Danach sagt sie immer, dass sie zwei Rollen spielen soll: „Papa“ und „Mama“.

Xenia kann sich noch genau an diesen Tag erinnern, als sie auf die Idee gekommen ist, die Nachbarskinder zu betreuen. Ihre Tochter und sie liefen durch ihren Hof, als Xenia hörte, dass ihre Nachbarin Hilfe sucht, um ihren kleinen Jungen tagsüber nicht allein lassen zu müssen. Spontan bot sie ihre Hilfe an. Von nun an brachte die hilfsbedürftige Nachbarin ihren Jungen jeden Tag zu Xenia. Da sie wegen ihrer kleinen Tochter tagsüber sowieso zuhause ist und überdies Kinder liebt, macht es ihr Freude, die Kleinen zu betreuen. Das sprach sich wie ein Lauffeuer unter den Müttern in der Nachbarschaft herum, und mit der Zeit kamen immer mehr Kinder dazu. Sie passte auf die Kinder auf, ohne dafür etwas zu verlangen, allein aus dem Grund, dass sie wusste, wie es ist, eine alleinerziehende Mutter zu sein. Der Dank kam nach und nach von den Müttern, die etwas zum Naschen, Spielzeug oder Kleidung brachten. Sie entwickelten gemeinsam mit den Kindern ihre Tagesabläufe. Manchmal gingen sie in den Zoo, auch in den Zirkus, oder es wurde eine kleine Waldwanderung unternommen.

Traumberuf Erzieherin

Heute betreut Xenia fünf Kinder. Sie sind verschieden, und Xenia wollte ihre Talente erkennen. Sie bereitete mit den Kindern ein Konzertprogramm vor, das sie dann ihren Eltern zeigten. Die Aufführung gelang: Zwei Mädchen sangen das Lied „Wenn ich Königin wäre“, ein Junge tanzte, und noch zwei Jungen zeigten ein Stück aus dem bekannten Märchen „Kolobok“. Und zum Schluss tranken sie Tee mit selbstgebackenen Süßigkeiten. Je mehr sich Xenia mit den Kindern beschäftigte, desto sicherer verstand sie, dass Kinder ihr Beruf sind! So hat sie vor, wenn Sofia größer ist und den Kindergarten besuchen wird, an die Uni zu gehen. Denn sie möchte gerne Erzieherin werden.

Eine formelle Ausbildung ist nicht immer notwendig, wenn man mit dem ganzen Herzen bei der Sache ist und Kindern das gibt, was sie so dringend wollen: Aufmerksamkeit und Sorge. Mit Rat und Tat half Xenia, und so hat sie viele neue Kontakte und Freundinnen gefunden! Sie hat fast keine freie Minute, und seitdem erinnert sie sich niemals an ihre eigene Geschichte. Vielleicht half ihr das, einen Sinn im Leben zu finden. Unsere Kinder sind unser Spiegelbild, und eben die Eigenschaften, die wir ihnen in der Kindheit vermitteln, kriegen sie in der Zukunft!
Auch wenn Mutter zu sein vielleicht der undankbarste Beruf ist, ist er doch auch der glücklichste!

Von Tatjana Krugljakowa

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