Gasis Otanbajew ist Ingenieur und hat nur zufällig seinen Freund nach der Arbeit zu der Ausstellungseröffnung des kasachstanischen Künstlers Eduard Kasarjan „Erde und Luft“ begleitet. Staunend bleibt er vor einer bronzenen Arche-Noah-Komposition stehen und kann sich von dem Anblick der verschlungenen Menschen und Tiere nicht losreißen. Bewundert er als Ingenieur die filigrane Bronzeskulptur? „Nein, vom technischen Standpunkt aus ist es nicht schwer, eine solche Skulptur zu schaffen, aber die Idee muss man erst mal haben. Diese Komposition zeigt das ganze Leben und strahlt eine solch positive Energie aus, ich bin begeistert.“

/Bild: Christine Karmann. ‚Die archaischen Skulpturen beeindruckten die Besucher der Vernissage.’/

Der kasachstanische Künstler Eduard Kasarjan präsentierte Anfang Oktober eine Werkschau seiner Skulpturen, Wandteppiche und Lithographien unter dem Thema „Erde und Luft“. Im Gespräch mit der DAZ erzählt er über seine erste Ausstellung in Deutschland, seine Landschaftsskulpturen, und warum er mit seiner Kunst nicht nur die Menschen beeindrucken möchte.

Herr Kasarjan, was ist das Besondere an Ihrer Einzelaustellung?

Zum erstem Mal widme ich die Ausstellung nicht einem speziellen Genre meiner Kunst oder dem Thema einer meiner Schaffensperioden, sondern verbinde alle gezeigten Werke mit einem philosophischen Konzept, das die kreative Energie eines Künstlers und sein Streben nach der Suche, der Reflexion und dem Experiment präsentiert. Die Ausstellung zeigt den Dialog zwischen Kunst und Natur, Lebenswelt, Medien, verschiedenen Ausstellungsräumen und dem Publikum.

Warum haben Sie die Ausstellung „Erde und Luft“ genannt?

Ich benutze zwei gegensätzliche Materialien -Ton und Metall- zu zwei diametral gegenüberliegenden Zielen. Die schwere Tonmasse verwandele ich in monumentale Tierfiguren, die in Verbindung mit der Erde stehen, und das Metall in filigrane Märchenfiguren mit luftigen Hohlräumen. Kompaktheit und Durchsichtigkeit, Festigkeit und Leichtigkeit, Natur und Kultur – diese beiden Aspekte möchte ich in der Ausstellung verbinden.

Wie ordnen Sie Ihre Kunst ein?

Meine Werke gehören zu der postmodernen Kunst und haben auch Elemente des Impressionismus. Viele Werke, die ich z.B. in der Natur zeige, sprengen auch den Rahmen der Kunstbegriffe.

Verstehen Sie sich als kasachstanischer Künstler?

Kasachstan ist meine Heimat, aber ich habe auch armenische Wurzeln. Ich wünsche mir, dass meine Werke, die auch kasachstanische Themen aufgreifen, auf der ganzen Welt verstanden werden, und zwar nicht nur von Menschen, sondern auch von Tieren. Meine beiden Hunde besuchen mich manchmal in meiner Werkstatt und schauen auf die Werke, an denen ich arbeite. Klar, sie verstehen nicht genau, was ich mache, aber wenn sie den Kopf so schief halten und mich ansehen, denke ich manchmal, sie sehen auch etwas in meinen Skulpturen.

Wie sieht ein typischer Tag im Leben eines Künstlers aus?
Eigentlich arbeite ich jeden Tag: ich habe in meinem Hof zwei Werkstätten und eine Gießerei. Besondere Rituale, mit denen ich die Arbeit beginne oder Inspirationen, die ich unbedingt an meinem Arbeitsplatz brauche, habe ich nicht. Ich habe schon einen Plan, an was ich arbeiten möchte, und dann beginne ich einfach.

Waren Sie auch schon mal in Deutschland?
Im Jahre 1989, gerade kurz vor dem Fall dem Mauer, war ich, noch während meines Studiums, in einer kleinen Stadt in Mecklenburg-Vorpommern und habe meine Werke in einer Ausstellung gezeigt. Es war schon interessant: Wir sind in die DDR gefahren und aus der BRD zurückkommen.

Welche Erinnerungen haben sie an Deutschland?
Ich bin eigentlich ein ziemlich ungezwungener Mensch, aber ein bisschen Ordnung ist manchmal auch nicht schlecht. Mittlerweile war ich schon fünfmal in Deutschland und erfreue mich immer an den grünen, abgezirkelten Parklandschaften mit Enten. Die Deutschen habe ich als sehr offene kontaktfreudige Menschen kennenlernt. Im Jahre 1989 haben einige Deutsche meine Werke in Kasachstan gesehen und mir dann direkt einen Brief geschrieben, dass sie mich gerne nach Deutschland einladen möchten. Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Wo kann man Ihre Skulpturen sehen?
Es war mir immer wichtig, meine Skulpturen nicht nur in Galerien zu zeigen, sondern zu der Natur zurückzukehren. Ich habe schon viele Landschaftsprojekte organisiert und z.B. meine Bronzeskulpturen am Issyk-See und am Talmai-Felsen ausgestellt, meine Keramik-Blumentöpfe an dem Butakowka-Fluss vorgestellt und verschiedene Mosaik-Tierfiguren am Issykkul-See gezeigt.

Das Gespräch führte Christine Karmann.

Einzelausstellung Eduard Kasarjan, 8. Oktober – 7. November 2009. Art-Zentrum Alma-Ata: Sujumbai-Prospekt 151, Ecke Bajanaulskaja (im Bereich des Toyota Center Almaty), Tel.: +7 (727) 383 17 63.

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Eduard Kasarjan wurde 1964 in Alma-Ata geboren. Im Jahre 1990 beendete er seine Studien der monumental-dekorativen Bildhauerei an dem staatlichen Theater- und Kunstinstitut seiner Geburtststadt. Seit 1989 zeigt er seine Werke in bisher über 130 Ausstellungen, davon waren über 40 allein seiner Kunst gewidmt. Eduard Kasarjan arbeitet mit Bronze, Keramik, Stein, Stahl und Mosaiken. In Ergänzung zu seiner Skulpturkunst, gestaltet er auch Wandteppiche und Lithographien. Anfang 1990 präsentierte Eduard Kasarjan die zeitgenössische Kunst Kasachstans auf den ersten Ausstellungen kasachstanischer Künstler in Europa (Frankreich, Deutschland, Belgien) und in den USA. Eduard Kasarjan ist seit 1990 Mitglied des Künstlerverbandes Kasachstans. Für seine Kunstwerke bekam er im Jahre 2000 den Tarlan-Preis.

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16/10/09

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