Vor mehr als drei Jahren wurde die zentrale wirtschaftsstrategische Konzeption Kasachstans erarbeitet bzw. in Kraft gesetzt. Ich meine die „Strategie der industriell-innovativen Entwicklung Kasachstans bis zum Jahre 2015“.

Eine Menge Konferenzen wurde dazu abgehalten und viel Papier beschrieben. Nicht immer hatte man auf den verschiedenen Konferenzen den Eindruck, dass die Redner wussten, wovon sie redeten, wenn sie das Wort „Innovation“ in den Mund nahmen. Die Befürchtung lag deshalb nahe, dass diese dringend notwendige Entwicklungskonzeption nur ein Papiertiger bleiben und keine praktischen Resultate auf dem Weg der Diversifizierung der kasachischen Wirtschaft bewirken würde. Es ist auch eindeutig noch zu früh, in irgendwelche Jubelchöre einzustimmen, denn trotz aller anderslautenden Deklarationen wächst die Rohstofforientierung der Wirtschaft nach wie vor weiter an. Sicher ist das zu einem großen Teil durch die wachsenden Rohstoff- und Energiepreise bedingt, für die man Kasachstan ja nicht verantwortlich machen kann. Es gibt im Moment auch noch kein vorzeigbares, konkurrenzfähiges Produkt, das Ergebnis der genannten Konzeption sein könnte. Doch es tut sich durchaus etwas. Zum einen sind mittlerweile wesentliche Elemente einer nationalen Innovationsinfrastruktur in Form von verschiedenen Unterstützungsfonds und Venture-Capital-Gesellschaften gegründet. Zum anderen – und das ist durchaus ein Meilenstein bei der Umsetzung der Konzeption – ist Ende September der IT-Technologiepark in Alatau bei Almaty offiziell eröffnet worden. Hier finden Unternehmen günstige Möglichkeiten zur Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, aber auch für die Produktion von Informationstechnik. Solche Parks haben unter anderem den Vorteil, dass sich infolge der Konzentration ähnlich ausgerichteter Unternehmen leichter Synergieeffekte erreichen lassen, was wiederum die Effizienz und die Wettbewerbfähigkeit der so tätigen Unternehmen erhöht.  Ähnliche Industrieparks sollen künftig auch für andere Wirtschaftzweige errichtet werden bzw. befinden sich schon im Bau. Zu letzterer Kategorie gehört der „Industriepark Kerntechnologie“ am traditionsreichen Standort Kurtschatow. Hier war bekanntlich zu Sowjetzeiten ein Großteil der kerntechnischen Grundlagenforschung der UdSSR konzentriert. Allerdings haben die entsprechenden Institute in den letzten fünfzehn Jahren deutliche Substanzverluste sowohl hinsichtlich der technischen, als auch der personellen Ausstattung hinnehmen müssen, so dass man de facto von einem Neustart sprechen kann. Ein weiterer Park ist für die Erdölverarbeitung geplant, weitere Themenparks werden folgen. Resultate aus diesen Großinvestitionen wird man erwarten können und müssen. Allerdings gibt es keinen Automatismus: Günstige infrastrukturelle Bedingungen sind noch keine Erfolgsgarantie. Für Erfindungen möglichst prinzipieller Art – nur solche lassen sich letztlich auf den Weltmärkten absetzen – ist neben kreativen Forschern auch ein offenes gesellschaftliches Klima erforderlich. Vor allem aber muss das innovative Denken bei der Marktorientierung beginnen. Schließlich ist eine Innovation wirklich nur dann etwas wert, wenn sie auch zahlende Kunden findet. In dieser Hinsicht gibt es in Kasachstan jedoch noch große Defizite, oder, mit anderen Worten, ein zu starkes Technik- und Produktdenken.

Bodo Lochmann

20/10/06

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