Die „Steppe Sons“ verbinden Jazz mit folkloristischen Elementen und Instrumenten. Das Ergebnis sind starke Emotionen, gepaart mit kraftvollem Sound – und das ganz ohne Elektronik.

„Wir wollen zeigen, dass Ethnizität zeitgemäß ist“ sagt einer der Steppensöhne am Ende des Konzerts am 25. Oktober im Theater „La Boheme“ in Almaty. Fast schon schüchtern stehen die fünf jungen Männer vor dem kleinen Publikum, das zum größten Teil älter als sie selbst ist, beantworten eifrig Fragen und nehmen bescheiden Lob entgegen. Dabei haben sie soeben eine unglaubliche Show abgeliefert.

„Modern Ethno-Jazz“ nennt sich die musikalische Richtung, die die „Steppe Sons“ einschlagen. Was darf man sich darunter vorstellen? Jazz mit Elementen ethnischer Musik – also Jazz, der kasachisch klingt.

Das Repertoire der Musiker besteht teils aus eigenen Kompositionen, teils aus Interpretationen von Werken großer Komponisten des kasachischen Volkes, sowie Klassikern des Jazz.

Zum Einsatz kommen ausschließlich kasachische Folklore-Instrumente und die Stimmen der Fünf – keine Elektronik. Und dennoch ist der Sound, den die „Steppe Sons“ erzeugen, so kraftvoll, dass der Raum beinahe zu klein erscheint für diese musikalische Gewalt. Die Jungs sind allesamt Multi-Instrumentalisten, zusammen spielen sie mehr als 30 kasachische Volksinstrumente: dombyra, zhetygen, sazsyrnai, kamyssyrnai, sybyzgy, sherter, ush ishekti dombyra, barbyd, kyl kobyz, nar kobyz, shan kobyz, shynkildek und viele mehr. Die Musikinstrumente werden zwischen den Stücken oder auch währenddessen hin- und hergereicht. Wie viele sind es? Wer beherrscht welche? Schnell hat man den Überblick verloren. Zudem werden die Instrumente vor jedem Stück neu eingestimmt. Man kann nur staunen, wie hochprofessionell die fünf Musiker sind. In der Fragerunde wird klar: sie haben alle gelernt (einer ist noch Student) – am Kasachischen Nationalkonservatorium Kurmangazy sowie an der Kasachischen Nationalen Akademie der Künste Schurgenow.

Virtuos spielen können viele, die von dort kommen – diese Fünf aber musizieren mit besonders großer Hingabe. Man sieht die unterschiedlichsten Emotionen auf der Bühne – und fühlt sie im Publikum. Auch steht der sprachliche Inhalt der Stücke in starker Korrespondenz mit der Musik. Die Steppensöhne geben kleine Einleitungen und Erklärungen zu den Stücken auf Kasachisch und auf Russisch. Wer keine dieser Sprachen beherrscht, braucht nicht zu verdrießen.

Genuss am gemeinsamen Musizieren

Die Lieder sind so assoziativ und evokativ, dass sofort und ohne jegliches Zutun Bilder entstehen. Zu den mystisch-urzeitlichen Klängen und treibenden Trommeln sieht man vor dem inneren Auge ein episches Reitervolk mit stolzen Gesichtern durch die Steppe ziehen, mal meditativ, mal in donnerndem Galopp. Der Geist des Nomaden ist intensiv spürbar.

Dazu ein Jazz, der groovy und gewitzt klingt und im Publikum für nickende Köpfe und wippende Füße sorgt. Jazz, gespielt auf exotischen kasachischen Instrumenten – das hat man so noch nicht gehört. Das Resultat ist neuartig, spannend, euphorisierend. Dazu die fünf charismatischen Künstler, die traditionelle kasachische Kleidung tragen, diese aber mit Sneakern und hippen Haarschnitten kombinieren und lässige kleine Tanzeinlagen in ihre Performance einarbeiten.

Man hat den Eindruck, dass die Fünf noch ein weiteres Kriterium erfüllen, das entscheidend zur Atmosphäre eines Konzertes beiträgt: Sie sind gut miteinander befreundet und genießen es, miteinander, als Team, Musik zu machen.

Kurzum: Ein Abend mit den „Steppe Sons“ bringt Spaß und Erstaunen. Weitere Konzerte in Almaty sind eventuell geplant, daneben bereitet sich die Gruppe aber auf Auftritte in Europa vor.

Katharina Frick

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