Medien sind wie Essen, meint Elizaveta Kucherova und warnt: „Pass auf, was du isst!“ So wie auf eine gesunde Ernährung sollten wir auch darauf achten, was wir medial zu uns nehmen.
Rezept 1: Vielfältigkeit
So wie unsere Ernährung dann am gesündesten ist, wenn wir sie vielfältig gestalten, hängt auch die Qualität unseres Konsums von Informationen davon ab, wie vielfältig die Quellen sind. Nur so besteht die Möglichkeit, sich eine eigene informierte, kritische Meinung zu bilden. Denn die beste Medieninstitution mit den ehrenhaftesten Zielen (etwa die Stärkung der demokratischen Institutionen) und die tollste verantwortungsbewusste Journalistin, die allen Regeln der professionellen Ethik folgt, werden nie 100% objektiv sein, diese Art der Objektivität existiert gar nicht.
Um sich der „Wahrheit“ zu nähern, können wir uns zum Beispiel der journalistischen Regel der drei Quellen bedienen. Am besten liegen diese Quellen auf verschiedenen Seiten der politischen, sozialen, geographischen etc. Spektren. Wenn ihr mehr als eine Sprache beherrscht – nutzt diese Möglichkeit und informiert euch aus Quellen in verschiedenen Sprachen: Manchmal beinhalten zwei Sprachversionen eines Artikels verschiedene Nuancen, die die Situation in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Rezept 2: Schön ist nicht immer lecker
Immer wieder werde ich enttäuscht von wunderschönen Desserts, die mit ihrem Äußeren einen unglaublichen Geschmack versprechen und dann aber nach nichts oder viel zu süß schmecken. So ähnlich ist es auch mit der visuellen Darstellung: HD-Fotos, Graphiken und Statistiken lassen uns viel eher an bestimmte Informationen glauben, als purer Text. Wir erinnern uns an sie dann auch viel besser, sie haben einen stärkeren Einfluss auf unsere Meinung.
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Ein gutes Beispiel dafür sind die geographischen Karten. Unsere gewöhnliche Weltkarte ist die sogenannte Mercator-Projektion, bei der unser gewölbter Planet auf eine flache Oberfläche übertragen wurde. Damit es überhaupt klappt, mussten die Territorien, die näher am Süd- und Nordpol sind, ausgedehnt werden. Daher erscheinen uns zum Beispiel Kanada, Russland und Grönland so riesig. Genauso beeinflusst diese Karte unsere Vorstellung von Zentrum und Peripherie, Ost und West. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, dass Europa in unserem Weltbild sich wortwörtlich im Zentrum der Welt befindet?
Rezept 3: Die Vernunft
Wir wissen genau: Wenn die Milch sauer riecht, eklig schmeckt oder beim Erwärmen gerinnt, ist sie schlecht. Ihr werdet keinen Haferbrei mehr damit zubereiten können. Das sagt uns unsere Vernunft. Hört auf sie, wenn eine Information schlecht riecht: Sie täuscht uns selten. Überprüft Quellen, schaut nach alternativen Meldungen, verlasst euch auf eure Logik und aktiviert das kritische Denken!
Rezept 4: Achtet darauf, was ihr selber „zubereitet“
Inhalt selbst herstellen oder Content von anderen verbreiten, gehört genauso in unsere Verantwortlichkeit als bewusste Medienkonsumenten, selbst wenn wir keine Journalist*innen sind. Wir werden in dem Moment, in dem wir falsche Infos verbreiten, nur weil wir sie nicht richtig durchgelesen haben, zu Co-Autoren dieser Falschmeldungen.
Rezept 5: Achtet auf die emotionale Reaktion
Wenn eine Nachricht mich sofort auf die Palme bringt, versuche ich bis zehn zu zählen und dann nachzudenken, ob man mich bewusst mit dieser Information und der Art, wie sie wiedergeben wird, ins Ausrasten oder vielleicht auch Weinen manipuliert.
Wieder helfen hier die Suche nach alternativen Quellen, die Vernunft und das kritische Denken. Wo endet die Meldung und wo beginnen die Kommentare? Welchen Kontext bietet mir der/die Autor*in? Welche Bilder sehe ich? Welche Sprache wird benutzt? Wenn ihr all diese Fragen beantwortet habt und immer noch der Meinung seid, dass die Nachricht furchtbar ist, nun ja, vielleicht habt ihr diesmal einfach Recht damit.
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Rezept 6: Kleine Tricks
Je mehr wir uns selbst mit eigenen Medienkompetenzen beschäftigen, desto öfter passieren Situationen, in denen wir anderen Menschen, unseren Freunden und Verwandten zum Beispiel, erklären möchten, dass ihr Medienkonsum gerade nicht ganz gesund ist. Es ist aber schwierig, und oft werden wir darauf stoßen, dass Fakten und eigene Erfahrung uns nicht weiterbringen.
Nicht alle werden das gutheißen, wie ich in solchen Situationen vorgehe, aber ich greife ab und zu eben zu kleinen Tricks und versuche zum Beispiel, den Fokus bei einem bestimmten Thema leicht zu wechseln, so dass ich Informationen mit den Menschen teile, die sie sonst vielleicht gar nicht bekommen hätten, weil sie eben aus den Quellen kommen, welchen die Menschen nicht vertrauen. Da sie aber mit mir das Gespräch zu diesem Thema selbst gesucht haben, sind sie bereits offen für meine Antwort. Wichtig dabei ist, dass ich mich darum bemühe, selbst beim Tricksen mein Gegenüber mit Respekt zu behandeln und nicht wie ein kleines Kind.
Fazit
Ich erzähle nichts Neues, es funktioniert aber in meinem beruflichen und privaten Leben. Fokus versschieben, den Rahmen des Bekannten erweitern und die eigene Informationsblase ab und zu verlassen – kostet nicht viel Kraft, verändert aber vieles. In Kombination mit der Vernunft und dem kritischen Denken seid ihr schon auf der sicheren Seite beim Konsumieren, Erstellen und Teilen vom Content.