Am 9. November fand im bekannten Rock-Club „Pjatj Oborotow“ ein Konzert der Rock-Gruppe „Anomalia“ aus Astana statt. Es war ein Abschiedskonzert. Für die Musiker beginnt nun in Moskau eine neue Etappe ihrer Karriere.

Wer sich in Almaty für Rockmusik interessiert, kennt ihn, den Club „Pjatj Oborotow”. Beinahe monatlich spielen hier bekannte Rock-Bands aus Russland. Der Klub ist jedes Mal bis auf den letzten Platz gefüllt, und das obwohl die Eintrittskarten nicht gerade billig sind. Zwischen 5.000 und 12.000 Tenge kostet ein Ticket. Der Preis variiert mit dem Abstand der Tische zur Bühne, je näher man sich am Geschehen befindet, umso teurer die Plätze. Doch vielen Besuchern scheint es unverständlich, warum man während eines Rockkonzerts an einem Tisch sitzen sollte.

Springen, tanzen, singen – das sind die üblichen Verhaltensweisen während eines solchen Ereignisses. Sitzen gehört nicht dazu.

Auch die Besucher des Konzertes der Band „Anomalia“ aus Astana hielt es nicht auf ihren Plätzen: Die meisten der reservierten Tische waren leer. Ohnehin war das Konzert nicht allzu gut besucht, was Julia Sjomina, die Sängerin der Band, mit den ironischen Worten „Schön, dass ihr so zahlreich erschienen seid!“ kommentierte.

Trotz der spärlichen Besucherzahl gab die Band ihr Bestes, und auch das Publikum ließ sich nicht lumpen und bedankte sich mit lautem Beifall.

Moskau als Sprungbrett

Für „Anomalia“ war das Konzert eine Art Abschied von Kasachstan. Die Band wird nach Moskau übersiedeln, in der Hoffnung, dort ganz groß rauszukommen. „Musikalische Karriere kann man nur in Moskau machen. Zudem verlieren viele Leute das Interesse an uns, sobald sie erfahren, dass wir aus Kasachstan sind“, so Julia Sjomina.

Vielen treuen Anhängern der Band wird dies wohl nicht gefallen, aber Julia ist sich sicher, dass ihre wahren Fans sie verstehen werden. Immerhin wird die Gruppe auch weiterhin in Astana proben und auftreten, nur ihren Wohnort werden die Bandmitglieder zukünftig in der russischen Hauptstadt haben. Dort wollen sie auch mit der Aufnahme des neuen Albums beginnen. „Freudenschrei“ soll es heißen und Neuaufnahmen bestehender Songs enthalten. Wenn alles klappt, will „Anomalia“ auch schon bald ein Musikvideo drehen.

Die Cranberries aus Kasachstan

Dabei hat die Band schon jetzt erstaunlich viel erreicht. In den drei Jahren ihres Bestehens haben die Musiker neben einer gemeinsamen Tour mit der Band „Notschnyje Snaipery“ aus St. Petersburg auch an Russlands bekanntestem Rock-Openair-Festival „Naschestwije 2006“ teilgenommen und ein Live-Konzert für das Moskauer Rockradio „Nasche Radio“ gespielt. Verglichen werden sie oft mir der irischen Band „The Cranberries“. Julias Stimme hat auffällige Ähnlichkeiten mit jener von Dolores O`Riordan, Sängerin der bekannten Band von der grünen Insel.

Auch die berühmte russische Rocksängerin Zemfira wird häufig genannt, wenn es darum geht, den Stil von „Anomalia“ zu beschreiben. Julia ist damit nur bedingt einverstanden. „Wir sind grundverschieden. Leute, die so etwas behaupten, kennen uns entweder nicht wirklich, oder sie wissen gar nicht, wie „Zemfira“ eigentlich klingt. Trotzdem ist es schmeichelhaft, mit ihr verglichen zu werden. „Zemfira“ ist cool!“

Musik oder Jura?

Zu „Anomalia“ ist Julia gekommen, wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind. Zwar sang sie schon von klein auf in einem Chor und lernte Gitarre spielen, aber über eine musikalische Karierre hatte sie nie nachgedacht. Juristin zu werden, das war ihr Ziel. Bis zu jenem Tag, als sie Gast einer Radiosendung war und dort einen Saxophonisten kennen lernte, der ihr den DJ Pawel Sawinkin vorstellte. Dieser erkannte Julias musikalisches Talent und überzeugte sie davon, Sängerin zu werden. Heute ist Sawinkin der Produzent von „Anomalia“.

Julia ist glücklich mit ihrer Wahl. „Wenn man sich erstmal ein Ziel setzt, kann man alles schaffen. Das ist das Wichtigste – ein Ziel zu haben und dafür zu sorgen, dass man es erreicht!“

Von Aljona Judina

01/12/06

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