An der 18. und 68. Schule wurde vor wenigen Tagen wieder das Deutsche Sprachdiplom verteilt. Falk Krentzlin, von der deutschen Zentralstelle für das Auslandsschulwesen entsandter Deutschlehrer, berichtet in der DAZ über das Ereignis.

Irgendwann im Mai in der Aula einer Schule in Almaty: Eine Feierstunde zur Verleihung des „Deutschen Sprachdiploms der KMK der Länder der Bundesrepublik Deutschland“ (DSD). Klingt irgendwie wichtig, bedeutsam – und dementsprechend haben auch wichtige und bedeutsame Gäste auf den etwas harten Holzstühlen des Saales Platz genommen. Der Ständige Vertreter der Bundesrepublik in Kasachstan, Herr Joachim von Marschall, oder der Fachberater/Koordinator für Deutsch im Lande, Herr Claus Dieter Storm zum Beispiel, natürlich auch die Schulleitung. Aber wichtiger und bedeutender sind an diesem Tage und an diesem Ort definitiv andere: Nämlich die Sprachdiplomanden und –Diplomandinnen, also Schüler der 11.Klasse jener Schule.

Um den „Ort“ noch ein wenig genauer zu kennzeichnen: Natürlich ist es nicht irgendeine Almatyer Schule, sondern das 18.Linguistische Gymnasium. Wie der Name schon sagt, hat sich diese Schule ein Sprachprofil gegeben, und im Mittelpunkt steht dabei die deutsche Sprache. Genauso wie an der 68. Schule übrigens – beide Einrichtungen haben sich für Deutsch entschieden, und zwar von der ersten bis zur elften Klasse und in den oberen Schuljahren sehr intensiv. Kinder beginnen also, wenn sie bzw. deren Eltern dies wünschen, bereits ab Klasse 1 mit dem Deutschlernen. Und das nicht nur im Fach „Deutsch als Fremdsprache“, sondern zum Beispiel auch in Mathematik und Sachkunde – auch diese Fächer werden nämlich auf Deutsch unterrichtet.

Wem das zu viel Deutsch ist: Man kann auch „ganz normal“ in der 2.Klasse mit dieser Sprache beginnen, mit zunächst nur zwei Stunden pro Woche, wobei die Wochenstundenzahl in den folgenden Schuljahren kontinuierlich steigt. „Ganz normal“? Normal ist in Kasachstan zunächst mal, dass man Fremdsprachen lernt, öffnen sie doch Türen in der Zukunft. Viele Eltern und natürlich auch die Regierung haben dies erkannt. Aber „normal“ ist auch (und ja nicht nur in Kasachstan), dass als erste Fremdsprache in der Regel Englisch im Lehrprogramm steht. Logisch, verständlich, vernünftig.

Deutschlernen pragmatische Entscheidung

Aber warum dann Deutsch? Die Schülerin Xenia Xuslowa (17) dazu: „Zunächst mal war es eine pragmatische Entscheidung, schließlich wohnen wir ganz in der Nähe. Aber meinen Eltern gefiel eben auch, dass man hier Deutsch gut lernen kann. Und nicht zu vergessen die Musikschule, die sich im gleichen Gebäude befindet.“ So oder ähnlich jedenfalls hörten sich die meisten Antworten an, wobei einige auch ihre deutschen Wurzeln hervorhoben und meinten, es sei daher für sie selbstverständlich, diese Sprache zu erlernen. Wie Elmira Walejewa (17) zum Beispiel: „Ich bin eigentlich sehr zufrieden, Deutsch gelernt zu haben. Besonders gefallen hat mir an unserer Schule gerade, dass wir immer auch bei deutschen Lehrern Unterricht hatten, dass es eine „echte Beziehung“ zur deutschen Sprache gab. Auch durch das Austauschprogramm mit einem Gymnasium in Oberkochen übrigens, an dem ich teilnehmen durfte.“ Ein wirkliches Plus am 18. Gymnasium, dieser Schüleraustausch, der nicht nur aus Brieffreundschaften besteht, sondern tatsächlich „funktioniert“. Und zwar so: Alle zwei Jahre fahren ca. 15 Schülerinnen und Schüler aus Kasachstan nach Oberkochen in Baden-Württemberg, leben dort in Familien, arbeiten gemeinsam mit deutschen Gymnasiasten an einem Projekt, machen Ausflüge, Exkursionen, und das alles auf Deutsch. Und in den Jahren dazwischen passiert das gleiche, aber in Almaty, wobei auch hier wieder alles auf Deutsch abläuft, denn die schwäbischen Schüler lernen leider kein Russisch. Sprachlich gesehen also ein doppelter Gewinn für die Almatyer.

Nun ist ihnen allerdings sehr wohl bewusst, wie schnell eine Fremdsprache „einrostet“, wenn man sie nicht mehr gebraucht – daher die Frage, was die Sprachdiplomandinnen denn nun nach dem Schulabschluss mit Deutsch machen wollen. Die Antworten sind sehr unterschiedlich, einige wissen noch nicht, ob sie diese Sprache in Studium oder Berufsleben verwenden können. Aber oft hört man auch die Antwort von Elmira: „Vielleicht kann ich ja ein paar Semester in Deutschland studieren.“ Und einige haben sich hier in Almaty an der DKU eingeschrieben – und haben dafür schon mal beste sprachliche Basis.

Englischunterricht fehlt

Aber gab es denn auch etwas, was ihnen nicht gefallen hat an ihrer „18.“? Dazu Xenia: „Ja – dass Mathe und Physik zu wenig gelehrt wurden. Und dass es kein Englisch gab, was sich ja inzwischen geändert hat. Aber Englisch habe ich nebenbei privat gelernt, und meine Deutschkenntnisse waren dafür eine gute Voraussetzung.“ Elmira ergänzt: „Das Schulhaus war zehn Jahre lang in einem katastrophalen Zustand – erst im vergangenen Jahr wurde es renoviert. Na, wenigstens hatten wir noch ein Jahr etwas von den guten Bedingungen.“

Zurück zur Sprachdiplomverleihung: Nach den begrüßenden Worten der Direktorin zog der Fachberater Bilanz über das DSD in Kasachstan im Laufe der Jahre und spann auch den internationalen Bogen, denn das DSD kann weltweit abgelegt werden. Danach folgte die Gratulation des stellv. Botschafters, moderiert übrigens von zwei Schülern auf Russisch und Deutsch. Und dann hatten sich die Schüler noch etwas Besonderes einfallen lassen: Zunächst am Klavier vierhändig einen Jazz-Standard. Und zum Abschluss krachte es richtig: Sie hatten einen Rap über die Schule, das DSD und die deutsche Sprache selbst getextet und einstudiert, auf Deutsch und Russisch, mit fünf Lead-Sängern und einem Background-Chor. Manch ältere Kollegin sah ich etwas erschrocken in ihrem Stuhl versinken, hätte wohl lieber ganz traditionell Goethe und Tschaikowski gehört. Aber wir waren uns einig: Das war eine richtig gelungene Feierstunde, weil sie so war, wie es den Schülerinnen und Schülern gefiel. Und weil sie noch mal gezeigt haben, was man mit Deutsch ganz kreativ so anstellen kann.

Von Falk Krentzlin

29/06/07

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