Matthias Kiesler trat vor einigen Wochen die Nachfolge von Mario-Ingo Soos als Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Almaty an. In unserem Gespräch erzählt er über seine Pläne, die Zusammenarbeit mit deutschen Firmen und mit der deutschen Minderheit vor Ort sowie über seine persönliche Bewertung der Zentralasienreise von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Herr Kiesler, Sie sind nun schon eine Weile vor Ort hier in Almaty. Welche ersten Eindrücke konnten Sie von Land und Leuten gewinnen?

Die Zeit ist schnell vorbei gegangen. Ich bin bereits seit Mitte August hier. Almaty gefällt mir ausgesprochen gut. Die Parks und die Nähe zu den Bergen finde ich großartig. Meine Frau, unser Sohn und ich freuen uns schon auf den Winter, da wir begeisterte Skifahrer sind.

Das Einleben war unproblematisch, ich habe bereits viele nette und hilfsbereite Leute kennengelernt, darunter auch die lebhafte deutsche Community hier in der Stadt.

Sie waren bereits im postsowjetischen Raum, in der armenischen Hauptstadt Jerewan, tätig. Sehen Sie hier vielleicht Parallelen zu Kasachstan?

Die Situation in Armenien ist natürlich eine andere. Allein politisch sieht es dort ganz anders aus, es existieren schwierige Verhältnisse mit Nachbarländern. Kasachstan hat es geschafft, mit allen Staaten eine gute Nachbarschaft zu pflegen, so gesehen, sind die politischen Rahmenbedingungen hierzulande ganz anders. Kasachstan ist ein reiches Land und lebt von seinen zahlreichen Bodenschätzen. Kasachstan bietet viele Möglichkeiten, dabei stellt sich die Frage, inwieweit sich dieser Reichtum auch auf die breite Bevölkerung auswirkt.

Welche Pläne haben Sie für Ihre Zeit in Kasachstan? Was möchten Sie verändern, wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?

Wir als Generalkonsulat sind gewissermaßen auch das Aushängeschild der Bundesrepublik Deutschland. Wir wollen noch sichtbarer werden. Wir sehen uns auch als Dienstleister, nicht nur für die deutsche Community. Unsere Visastelle funktioniert meines Erachtens sehr gut. Wir möchten es den Antragstellerinnen und Antragstellern möglichst einfach machen, damit sie in kurzer Zeit ihr Visum erhalten können. Dabei ist es aber auch wichtig, dass der Reisezweck korrekt und nachvollziehbar angegeben wird.

Einen unserer Schwerpunkte möchten wir auf die Wirtschaft legen. Ich hatte bisher schon die Möglichkeit, viele Vertreter deutscher Niederlassungen in Almaty kennenzulernen. Mein Eindruck ist, dass es in Kasachstan ein großes Potential gibt, das von diesen Firmen auch gesehen wird. Das bezieht sich vor allem auf den Handelsaustausch, da sind die Rahmenbedingungen meiner Meinung nach sehr gut. Bei Investitionen muss man das gesamte Umfeld betrachten, ob es tatsächlich für eine deutsche Firma attraktiv ist oder nicht. Die Struktur der deutschen Wirtschaft ist eher mittelständisch ausgerichtet, das heißt, es ist schwierig, mit großen Investitionen ins Land zu kommen, was dann natürlich auch immer mit einem Risiko verbunden ist. Aber insgesamt glaube ich, dass Kasachstan sich auf einem erfreulichen Wachstumspfad befindet, von dem auch deutsche Firmen profitieren können. Diesen Eindruck konnte ich aus Gesprächen mit deutschen Unternehmen aus Deutschland gewinnen, die an den Messen in Almaty teilgenommen haben. Auch der Tag der Deutschen Wirtschaft, der am 10. Oktober stattfinden wird, ist für uns sehr wichtig. Das ist eine Veranstaltung, an der alle Mitspieler zusammengeführt werden und man sich überlegt, wie es weitergeht und welches Potential hier steckt. Und vor allen Dingen ist dann auch zu ersehen, inwieweit wir als Botschaft und Generalkonsulat hier flankierend tätig sein können, damit die Bedingungen für deutsche Firmen möglichst einfach sind.

Den zweiten Schwerpunkt lege ich auf die Zusammenarbeit in der Wissenschaft und in der Kultur. Es gibt ja das große Leuchtturmprojekt mit der Deutsch-Kasachischen Universität. Aber es bestehen auch andere Möglichkeiten, die wissenschaftliche Kooperationen von deutschen und kasachischen Hochschulen aufzubauen oder weiter auszubauen.

Sie haben im Auswärtigen Amt als Leiter der Abteilung für „Deutsch als Fremdsprache“ gearbeitet. Wie schätzen Sie den Stand der deutschen Sprache in Kasachstan ein und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Ich möchte schauen, wo es bereits Ansätze gibt, die deutsche Sprache noch stärker als bisher zu fördern. In der Erwachsenenbildung leistet das sehr lebhafte und lebendige Goethe-Institut hier in Almaty hervorragende Arbeit. Ein wichtiger Ansatzpunkt liegt vor allem beim Deutschunterricht an den Schulen. Wir erkennen, dass die Nachfrage nach Deutsch als Fremdsprache zwar wächst, aber es durchaus Engpässe gibt, etwa bei der Ausbildung von Deutschlehrkräften. Darüber müssen wir gemeinsam mit allen beteiligten Mitspielern nachdenken, vor allem auch mit den kasachischen Behörden.

Sie waren letzten Monat bei der 30-jährigen Jubiläumsfeier im Deutschen Haus in Almaty anwesend. Welchen Eindruck haben Sie von der deutschen Minderheit erhalten? Wie planen Sie die Zusammenarbeit mit den Kasachstandeutschen?

Das Jubiläum des Deutschen Hauses war eine der ersten Veranstaltungen, die ich besucht habe. Ich hatte dabei auch die gute Gelegenheit, mit einer großen Anzahl an Personen interessante Gespräche zu führen. Darunter waren nicht nur Mitglieder der Gesellschaft „Wiedergeburt“, sondern auch Jugendliche aus dem Club der Deutschen Jugend. Ich habe den Eindruck, dass die deutsche Minderheit hier in Almaty eine sehr lebendige Gemeinschaft ist, die ganz bewusst die deutsche Kultur hegt und pflegt. Nicht immer sprechen alle Deutsch auf einem hohen Niveau, aber viele bemühen sich sehr. Um dies auch weiterhin aktiv zu halten, müsste man die deutsche Sprache unter den Deutschstämmigen noch weiter ausbauen, denn letztendlich ist es die Sprache, die eine Kultur zusammenhält. Daher ist es wichtig und richtig, dass das Bundesministerium des Innern und für Heimat die „Wiedergeburt“ finanziell unterstützt. Diese Angebote sollten gut genutzt werden.

Insgesamt können wir uns sehr glücklich schätzen, dass es die Kasachstandeutschen gibt. Sie sind eine Brücke zwischen unseren beiden Ländern. Es gibt sehr viele Deutsche aus Kasachstan, die vor Jahren in die Bundesrepublik ausgewandert sind und trotzdem ihre Verbindungen zur alten Heimat gepflegt haben. Darunter vor allem die russische Sprache, die in den meisten Aussiedlerfamilien auch heute noch ein wichtiges Kommunikationsmittel darstellt. Gerade auch die deutsche Wirtschaft profitiert davon, dass man Menschen aus der kasachstandeutschen Minderheit hat, die die Sprache sprechen und die vor allem Kasachstan als Land mit seinen Besonderheiten verstehen.

Wie bewerten Sie den Besuch von Kanzler Scholz in Kasachstan? Was wünschen Sie sich für die Zukunft der bilateralen Beziehungen zwischen Kasachstan und Deutschland?

Der Besuch des Bundeskanzlers Olaf Scholz war ein großer Erfolg und reiht sich in eine Kette von Besuchen ein: Angefangen mit dem Staatsbesuch der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Oktober 2022 und des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im letzten Jahr.

Der Bundeskanzler reiste mit einer großen Wirtschaftsdelegation an, die beim Kasachisch-Deutschen Wirtschaftsforum in Astana die gute Gelegenheit hatten, ihre Anliegen direkt vorzubringen. Dabei sind auch eine große Anzahl an Absichtserklärungen und Abkommen unterzeichnet worden. In vielen Bereichen wollen wir mit Kasachstan konkret intensiver zusammenarbeiten. Beispielsweise enthält die gemeinsame Erklärung etwa 60 Punkte, was wir gemeinsam ganz konkret in den nächsten Jahren erreicht wollen.

Uns ist es wichtig, dass der politische Dialog zwischen unseren Ländern, aber auch mit den anderen Ländern in Zentralasien verstetigt wird. Deswegen gab es ja auch die Z5+1 Konferenz. Wir sehen Zentralasien als eine strategisch wichtige Region, mit der es die Beziehungen zu pflegen gilt. Wir haben gemeinsame strategische Interessen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Annabel Rosin.

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